Freudentränen bei Boron, Enttäuschung im Achter
Der letzte Wettkampftag hatte es in sich für die deutschen Ruderer: Kathrin Boron hatte nach dem Gold im Doppelvierer Tränen der Freude im Gesicht. Die Insassen der Deutschland-Achter enttäuschten auf ganzer Linie.
Am letzten Wettkampftag der Ruderer bei den Olympischen Spielen in Athen waren im deutschen Lagern Freud und Leid eng beieinander. Kathrin Boron beispielsweise konnte ihre Freudentränen nicht zurückhalten, beim Deutschland-Achter hingegen sah man lange Gesichter. Während die Galionsfigur des Deutschen Ruderverbandes (DRV) im Doppelvierer so sicher wie die Bank von England das vierte Olympiagold ihrer Laufbahn sammelte, fuhr das DRV-Flaggschiff der Weltspitze als Vierter hinterher. Der DRV verbuchte in Schinias mit zweimal Gold und zweimal Silber ein eher bescheidenes Resultat. In Sydney gab es zwei Olympiasiege und insgesamt sechs Medaillen.
Überragende Skullerinnen
"Wir müssen uns mit unserer Bilanz nicht hinter einem anderen Nationalverband verstecken", sagte DRV-Sportdirektor Michael Müller. Doch das Abschneiden ist trügerisch. Nur dank der überragenden Vorstellung der Skullerinnen, die unter anderem das Halbfinal-Aus von Einer-Vizeweltmeister Marcel Hacker kompensierten, vermied der DRV in Schinias ein Debakel. Nach Gold und Silber am Samstag durch Einer-Königin Katrin Rutschow-Stomporowski sowie den Doppelzweier gewann zum Auftakt des zweiten Finaltages der leichte Doppelzweier mit Daniela Reimer und Claudia Blasberg (Potsdam/Dresden) Silber, ehe der Doppelvierer zum dritten Mal in Folge zum Olympiasieg ruderte.
Boron macht noch nicht Schluss
Tränenüberströmt saß Kathrin Boron nach der Siegerehrung zwischen den Journalisten. Die Geburt ihrer Tochter und der Tod ihrer Mutter bescherten der 34-Jährigen in den vergangenen zwei Jahren eine emotionale Achterbahnfahrt. "Das waren meine schwersten Jahre", meinte sie. Das Happy-End in Gold mit Kerstin El-Qalqili (Potsdam), Manuela Lutze (Magdeburg) und Meike Evers (Ratzeburg) an ihrer Seite verdrängte sogar den Gedanken vom längst verkündeten Rücktritt. "Keine Olympischen Spiele mehr, aber ich will meine WM-Teilnahme 2005 nicht ausschließen", sagte Boron.
Achter war "besser als Platz vier"
Enttäuschungen erlebten dagegen die deutschen Achter. Weder Männer noch Frauen griffen in die Entscheidung um die Medaillen ein. Den Männern nutzte auch ein glänzender Start nichts. Nur 1000 Meter hielt die Mannschaft von Schlagmann Michael Ruhe mit, ehe sich drei Boote absetzten. "Wir haben an diesem Punkt nicht mehr reagieren können. Ich weiß auch nicht, warum. Unsere Physis war gut. Der deutsche Achter ist besser als Platz vier", sagte der Schlagmann. Am Ende feierte die USA den ersten Sieg in der Königsklasse seit Tokio 1964. Silber und Bronze gingen an die Niederlande und Australien.
"Ein trauriges Ergebnis", fand der fünfmalige Achter-Weltmeister und Ex-Schlagmann Roland Baar. Was auch für die Frauen gilt. Das Boot von Trainer Ralf Holtmeyer war als Weltmeister nach Athen gekommen und landete nur auf Platz fünf. Das gleiche Schicksal ereilte den Männer-Doppelvierer, der zuletzt sogar dreimal in Serie Weltmeister geworden war. Die Besatzung um Schlagmann Robert Sens lieferte ausgerechnet im Finale die schwächste Leistung des Turniers ab und landete weit abgeschlagen nur auf dem fünften Platz.
Ein Glück für den DRV, dass Katrin Rutschow-Stomporowski mit ihrem beeindruckenden Erfolg am Vortag für ein Highlight gesorgt hatte. "Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte die 29-Jährige, die gemeinsam mit Kathrin Boron 1996 im Doppelvierer schon einmal Gold gewann. Ihre Zukunft hat sie noch nicht endgültig überdacht, während ihr Mann sicher ist: "Sie wird 2008 in Peking nur noch als Zuschauerin dabei sein."
Claudia Blasberg macht Schluss
Endgültig Schluss macht hingegen Leichtgewicht Claudia Blasberg nach dem erneuten Gewinn der Silbermedaille. Wie in Sydney war Rumänien schneller als das DRV-Boot. "Ich bin mit mir und der Welt zufrieden", sagte Blasberg, die mit ihrem Freund eine Weltreise auf dem Fahrrad plant. Nur hauchdünn an Gold vorbei ruderten Britta Oppelt und Peggy Waleska (Berlin/Dresden) im Doppelzweier. Von Olympiasieger Neuseeland trennte sie nur eine halbe Länge.
"Für den nächsten Olympiazyklus gilt es, die Konkurrenz aus Übersee früher ins Auge zu nehmen. Im Herbst werden wir entscheiden, ob es im Einzelfall Sinn macht, ob die Athleten ihre Laufbahn fortsetzen", kündigte Sportdirektor Müller an.