Vom Ruder-Olympiasieger zum Philosophen: Hans Lenk 75 Jahre
Der vielfach ausgezeichnete Wissenschaftler feiert am 23. März Geburtstag
(DOSB-Presse) Wenn man eine Persönlichkeit benennen sollte, die sowohl im Sport wie in der Wissenschaft Herausragendes geleistet hat, wäre dies sicher ein Ruderer und Philosoph: Prof. Dr. Hans Lenk, der als erster deutscher Olympiasieger über die Berufung zum Universitäts-professor für Philosophie und Soziologie hinaus weltweite wissenschaftliche Karriere machte, dem Sport als kritischer Denker, Berater und Mahner aber immer eng verbunden blieb.
Lenk wurde am 23. März 1935 in Berlin geboren, verbrachte Kindheit und Jugend aber seit 1936 im schleswig-holsteinischen Ratzeburg. Dort war „Ruderprofessor“ Karl Adam sein Lehrer an der Lauenburgischen Gelehrtenschule und im Ratzeburger Ruderclub. Nach der Reifeprüfung 1955 studierte Lenk Mathematik, Sport, Philosophie, Soziologie und Psychologie und promovierte 1961 in Kiel „summa cum laude“ über das Thema „Die Wertsetzung und Wertverwirklichung der neuzeitlichen olympischen Bewegung“. Ein Jahr zuvor in Rom gelang ihm der Olympiasieg auf dem Albaner See im legendären Kiel-Ratzeburger Ruder-Achter. Die Dissertation des damals 26Jährigen wurde vom Deutschen Sportbund 1962 mit der Carl-Diem-Plakette ausgezeichnet. Die sozialwissenschaftlichen Probleme der Olympischen Spiele der Neuzeit waren bis dahin noch von niemandem in dieser Form aufgearbeitet worden.
Der erfolgreiche Sportler Lenk, auch Europameister 1959 mit dem Achter und 1958 mit dem Vierer ohne Steuermann, wurde 1958 und 1960 mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet. Seine Qualifikation als Trainer bewies Lenk von 1963 bis 1966 bei der RG Spandau mit einem Weltmeistertitel, zwei zweiten EM-Rängen und zwei Deutsche Meisterschaften.
Am Philosophischen Lehrstuhl der TU Berlin wirkte Lenk nach seiner Habilitation 1966 als Privatdozent, ehe er 1969 als Ordentlicher Professor für Philosophie an die Universität Karlsruhe wechselte. Lenk hat immer deutlich gemacht, wie viele Bezüge Sport und Philosophie zuein-ander haben. Seine Publikationsliste enthält mehr als 1.200 Titel. Nahezu 120 Bücher sind von ihm erschienen und in zahlreiche Sprachen übersetzt worden, 25 davon befassen sich mit Fragen des Sports. Daneben nahm Lenk zahlreiche Ehrenämter wahr und lehrte als Gastprofes-sor auch in den USA, Brasilien, Norwegen, Japan, Indien, Chile, Österreich und der Schweiz gelehrt. Er gehört seit 1994 dem Institut International de Philosophie an und wurde 2005 in Mexico als erster Deutscher zum Weltpräsidenten gewählt. Im Oktober 2005 zeichnete Bundes-präsident Horst Köhler ihn mit dem Großen Bundesverdienstkreuz aus.
In vielen Beiträgen und Interviews hat Hans Lenk immer wieder nach zeitgemäßen Formen der Olympischen Spiele gesucht, hat sich kritisch mit vielen Entartungen des modernen Hochleistungssports auseinandergesetzt und in Grundsatzbeiträgen auch daran erinnert, dass „die Fairness in allen Gesellschaftsbereichen eine kulturelle Tochter des Sports“ sei. Lenk lebt mit seiner Frau Ulrike seit mehr als zwanzig Jahren im badischen Kurort Waldbronn. Der dreifache Vater ist nach wie seinen Olympia-Kameraden von 1960 verbunden: Das nächste Treffen ist im Juni bei der World-Cup-Regatta auf der Münchner Olympiastrecke von 1972.