09. Okt. 2017 | Breitensport | von Matthias Auer (RC Nürtingen)

Tour du Léman à l´Aviron 2017

Tour du Léman à l´Aviron 2017: Massenstart am 23. September um 8 Uhr – vor den Teams liegen 160 km Ruderstrecke im Uhrzeigersinn rund um den Lac Léman, im Rahmen derer 12 Kontrollpunkte passiert werden müssen.
Tour du Léman à l´Aviron 2017: Massenstart am 23. September um 8 Uhr – vor den Teams liegen 160 km Ruderstrecke im Uhrzeigersinn rund um den Lac Léman, im Rahmen derer 12 Kontrollpunkte passiert werden müssen.
Das stärkste Team war dieses Mal die Rgm. Bonner RV/ WSAP Hamburg /RC Hamm/RC Nürtingen, bestehend aus Christian Maus, Max Rolfes, Jens-Peter Müller, Henning Osthoff und Matthias Auer (vom Bug zum Heck).
Platz 2: Die Rgm. Clever RC/Kölner CfW/Neuwieder RG/Stuttgart-Cannstatter RC/Tilburgse Open RV, hier vom Bug zum Heck mit Michael Ehrle, Michiel Roos, Stefan Verhoeven, Markus Müller und Jochen Betten.Michael Ehr
Das gut eingefahrene gemischte Team des Oldenburger Rudervereins (ORVO) gewann die Mixed-Wertung und kam auf Gesamtplatz 3 ein: Kerstin Markus, Thomas Judaschke, Gunda Oest, Uli Westendorf und Christian Morische.
Die Rgm. Bremer RV/Mülheimer Wassersport e.V. Köln gewann die Masters-Kategorie und belegte den vierten Gesamtrang. Vom Bug: Thomas Kölsch, Jens-Thilo Pfeifer, Heike Dietzmann, Frank Jäger und Martin Kühn.
Gut gelaunt zum Sieg in der Novizen-Wertung und Gesamtplatz 5: Die Hamburger Rgm. aus ARV Alania, Lufthansa Sportverein Hamburg und RV Wandsbek mit Mathias Thees, Matthias Ritz, Stefan Kostrewa, Ansgar Heinze und Andre Niederdorf.
War in Mixed-light-Besetzung die schnellste Nicht-deutsche und zweitschnellste Novizen-Mannschaft: Das Vereins-Team des CA Vevey (Schweiz) mit Max Pfister, Thierry Trouvet, Laura Widmer, François Gallot und Hugo Pfister (vom Bug zum Heck).
Die Kurzstreckenruderer vom English Rowing Club St. Petersburg kämpften sich im Leihboot mit der interessantesten Bootspräparation und der größten Flagge um den großen See.
Das einzige Damen-Team, die Rgm. RC Port-Marly/AS1881 Strasbourg/CO Boulogne-Billancourt, nahm sich für die Seeumrundung deutlich mehr Zeit als alle anderen und hatte ob ihres Durchhaltevermögens den uneingeschränkten Respekt aller…
…ebenso wie Christian Klandt (Bonner RV) für seinen Solo-Ritt, der kurz vor Evian sein Ende fand. Am Ostende des Sees, beim Chateau de Chillon nahe Montreux, war die Welt noch in Ordnung.
Das Siegerteam an der Mole der SNG direkt nach der Zieldurchfahrt. Große Freude und Erleichterung über den Sieg und eine tolle Zeit 12:02 Stunden, die Max Rolfes und Jens-Peter Müller (beide WSAP Hamburg) zu den schnellsten Genf-Novizen ever macht.
11 Bilder

Genfersee-Regatta

Mit 15 Mannschaften war das Meldefeld zur 45. Edition der Genfersee-Regatta am 22. bis 24. September am unteren Rand des normalen Schwankungsbereichs. Neben den üblichen Verdächtigen vor allem aus Deutschland, und hier einmal mehr herausragend der Oldenburger Ruderverein mit Beteiligungen in 3 Teams, waren auch einige neue Gesichter zu sehen. Bei Teilnehmern aus 5 Nationen (Schweiz, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Russland) wurde internationales Flair v.a. von der Vereinsmannschaft des English Rowing Club St. Petersburg eingebracht. Letzterer pflegt schon länger freundschaftlichen Kontakt mit der veranstaltenden Société Nautique de Genève (SNG) und war für sportliche Vergleiche schon mehrfach die lange Reise nach Genf angetreten, u.a. für die Schlechtwetter-Tour von 2012 mit dem schlechten Ende wenige 100 m vor dem Ziel (Absuff). Zwei Wochen zuvor auf den World Rowing Masters in Bled noch über 1000 m sehr erfolgreich, stellten die 160 km der Tour du Léman für die Fünf doch einen bemerkenswerten Kontrapunkt dar. Hinsichtlich des Kampfes um den Gesamtsieg standen alle Zeichen auf ein hartes Duell zwischen den auf einer Position veränderten, historisch knapp geschlagenen Vorjahreszweiten der deutsch-niederländischen Rgm. Bad Cannstatt/Kleve/Köln/Neuwied/Tilburg und dem mit Hamburger Frischblut aufgepimpten Boot der 3 Streckenrekordhalter aus 2011 (11:43:30 Stunden), die Renngemeinschaft Bonn/Hamburg/Hamm/Nürtingen. Nach erfolgreichen gemeinsamen Langstrecken-Projekten im laufenden Ruderjahr trat man nun auf neutralem Boden zum großen Showdown gegeneinander an.

Der Freitag war wie immer den umfangreichen Bootspräparationen vorbehalten, die bis zum Beginn des offiziellen Programms am frühen Abend größtenteils vollbracht waren. Nach der Strecken- und Sicherheitseinweisung startete um 18:30 Uhr der Empfang. Besondere Teilnehmer wurden vorgestellt, der Jubilar Christian Klandt (Bonner RV) für seine 30. Teilnahme geehrt und die Vorjahresrekordler der Masterskategorie, die Rgm. Bad Cannstatt/Hamm/Nürtingen/Ulm, mit einem Zinnteller bedacht. Rio-Sieger Lucas Tramér (LM 4-) gab der Begrüßungsveranstaltung als Special Guest olympischen Glanz. Das folgende, heißersehnte Häppchenfassen startete etwas zäh um sich dann, wie erhofft, fulminant zu steigern. Gut gesättigt gab es durch Fernseh-Meteorologen Philippe Jeanneret noch das erhoffte  Sahnehäubchen in Form einer positiven Wetterprognose obendrauf. Abgesehen von der Eventualität morgendlicher thermischer Winde aus Norden im Bereich Rolle-Morges waren sehr gute äußere Bedingungen mit Sonne, wenig Wind und Temperaturen um 20°C zu erwarten!

Bereits eine Stunde vor dem offiziellen Regattastart ging Christian Klandt in der Morgendämmerung um 7:00 Uhr mit seinem C-Einer ins Rennen. Zum 30er Jubiläum stellte er sich einmal mehr der besonderen Herausforderung, den See im Alleingang zu umrunden; eine recht exklusive Spezialität von ihm, die Klandt bereits zum dritten Mal nach 2001 und 2012 anging. Die 14 gesteuerten C-Vierer nahmen pünktlich um 8 Uhr die Verfolgung auf. Trotz des übersichtlichen Meldefeldes und der Weite des Sees ging der Massenstart auch dieses Mal nicht ganz ohne Berührungen über die Bühne, jedoch ohne größere Auswirkungen. Das Feld sortierte sich recht schnell, und bis zur 90°-Wendeboje vor dem Hotel Président nach knapp 1 km waren die Favoritenboote schon an der Spitze, zunächst mit der deutsch-niederländischen Rgm. in Front.  Die Spätstarter aus Bonn/Hamburg/Hamm/Nürtingen – kleine Bummeleien bestraft der Starter sofort – konnten sich in den folgenden Minuten Zentimeter für Zentimeter heran und vorbei schieben. Nach etwa 10 Minuten hatte das Rennen einen neuen Führenden. War jetzt eigentlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet worden, so brachte der interessante Mannschafts-Mix aus Streckenrekordlern und Hamburger Novizen zunehmend Wasser zwischen die Boote. Der Abstand wuchs in der Folge unabhängig von den Steuer-Ruderkonstellationen kontinuierlich und betrug bei den ersten Kontrollpunkten Versoix, Nyon und Rolle 35 Sekunden, 1:30 und 4 Minuten. Dabei wurde der erste ortsfeste Zeitnahepunkt in Rolle vom Führungsboot nach 2:20 h und damit lediglich 2 Minuten über dem Rekord von 2011 passiert. Spannender als an der Spitze des Feldes ging der Kampf um die Plätze vor sich. Das Masters-Team von Bremen/Mülheim hatte sich in der Anfangsphase auf dem dritten Platz festgesetzt und durchfuhr die Kontrollstelle in Rolle nach 2:33:10 h. Innerhalb von 2:40 Minuten folgten gleich 4 Boote: das Mixed-Team aus Oldenburg, die schweizerischen Vereinsteams der SN Genève  und des CA Vevey sowie die Neuwieder RG. Als einziges weiteres Team war jenes der Rgm. Hamburg (ARC Alania/Lufthansa Sportverein/RV Wandsbek) noch in Tuchfühlung.

Vorne wuchs bei weiterhin guten Ruderbedingungen – die befürchteten thermischen Winde blieben zum Glück aus – der Abstand mit etwas geringerer Geschwindigkeit weiter an, 5 Minuten in Lausanne, 6 in Rivaz und 7 Minuten nach ca. halber Streckenlänge in Montreux. Am letzten Zeitmesspunkt vor dem langen Abschnitt entlang der französischen Küste ohne Kontrollstelle, in Le Bouveret, wurde für Bonn/Hamburg/Hamm/Nürtingen eine Durchgangszeit von 6:43:50 h gemessen. Bad Cannstatt/Kleve/Köln/Neuwied/Tilburg folgte exakt 8 Minuten später. Hinter der Rekorddurchgangszeit von 2011 war das Führungsteam an dieser Stelle zwar schon deutlich zurück (13 Minuten), man war aber immerhin 1,5 Minuten schneller als der Vorjahressieger an selber Stelle. Im Kampf um den dritten Platz hatten sich Bremen/Mülheim und Oldenburg von den anderen Verfolgern abgesetzt. Nachdem Morges und Lausanne von den beiden Teams Bordwand-an-Bordwand passiert wurde, konnte sich Oldenburg in diesem Nordlichter-Duell auf dem Teilstück Lausanne-Rivaz absetzen und peu à peu davonziehen. Le Bouveret wurde in 7:15:45 h erreicht, mit mehr als 4 Minuten Vorsprung auf Bremen/Mülheim. Derweil hatte sich die Hamburger Rgm. nach verhaltenem Beginn zwischen Rolle und Lausanne vom 8. auf den 5. Platz vorgearbeitet. 7:26:30 h wurden für die Durchfahrt bei Le Bouveret notiert, womit das führende Team in der Novizen-Wertung 12 bis 15 Minuten vor den immer noch nah beieinander rudernden Vereinsmannschaften aus Vevey, Genf und Neuwied lag.

Der Südküstenabschnitt ging, wie eigentlich immer, bei allen an die Substanz. Wenig Bezugspunkte, schwer einschätzbare Abstandsveränderungen zur Konkurrenz, schmerzende Hände und Hintern sowie nachlassende Konzentration stellten die inneren Schweinehunde auf eine harte Probe. Die beiden Führungsteams bewältigten diese Herausforderung ähnlich gut. In Sciez betrug der Abstand immer noch 7 Minuten bei einer Durchfahrtszeit des Führungsteams von 9:50 h. Die Oldenburger fuhren an dieser Stelle 47 Minuten hinter der Spitze einem ungefährdeten 3. Platz entgegen während Bremen/Mülheim weiter 16 Minuten später noch den heißen Atem der nur 3 Minuten zurück liegenden Hamburger Rgm. spürte. Der Kampf um Platz 5 zwischen den innerhalb von 4 Minuten liegenden Teams aus Vevey, Neuwied und Genf ließ für selbige ebenfalls wenig entspannte letzte 28 Kilometer erwarten...

Auf den gefürchteten Endspurt der deutsch-niederländischen Mannschaft, der sie im letzten Jahr von 6 Minuten Rückstand in Sciez noch bis auf 24 Sekunden an den Sieger herangebracht hatte, hatte die Rgm. Bonn/Hamburg/Hamm/Nürtingen in diesem Jahr die passende Antwort und fuhr den letzten Abschnitt sogar noch etwas schneller. 12:02 Stunden zeigt die Uhr, als der Zieldurchfahrt der Regattasieger mit einem Böllerschuss gehuldigt wurde. Die Zeit knapp über der 12-Stundenbarriere, welche in der bisherigen Regattageschichte erst 3 Mal durchbrochen wurde, war die fünftschnellste je erzielte. Und auch die 12:11 Stunden der 9 Minuten später eintreffenden Rgm. Bad Cannstatt/Kleve/Köln/Neuwied/Tilburg war ein Spitzenwert, der noch eine Platzierung in der TopTen der Bestzeitenliste (Platz 9) bedeutete. Die Mixed-Sieger-Mannschaft des Oldenburger RV fuhr nach einem „nahezu optimalen Rennen am bestehenden Limit“ (O-Ton) in 13:04 Stunden ebenfalls nur knapp an der nächsten bedeutenden Zeit-Barriere vorbei – das i-Tüpfelchen auf viele gemeinsame Kilometer und eine tolle Saison. Bremen/Mülheim konnte mit all seiner Routine aus vielen Tour-Schlachten die Angriffe der Hamburger Rgm. parieren. Für die Sieger der Kategorien Masters und Novizen standen zuletzt Zeiten von 13:32 bzw. 13:34 Stunden zu Buche. Die Reihenfolge auf den folgenden Plätzen entsprach jener am Kontrollpunkt in Sciez bei zuletzt deutlich größeren Abständen von jeweils 10 Minuten nach einem starken Finish insbesondere des CA Vervey. Vom weiteren Teilnehmerfeld erwähnenswert war noch der 11. Platz des Teams aus St. Petersburg in 15:25 Stunden.  Ankommen war das große Ziel der Kurzstreckenspezialisten nach dem späten Aus in 2012. Ums Durchkommen ging es auch für das reifere französische Damenteam aus Port-Marly/Strasbourg/Boulogne, das von Beginn an bereitwillig die Rote Laterne übernahm und die Tour deutlich hinter allen anderen nach 19:47 Stunden abschloss – großer Respekt für so viel Willen und Durchhaltevermögen. Bei Christian Klandt waren leider nicht aller guten Dinge drei. Nach frühen muskulären Problemen und zwischenzeitlicher Erholung war nach ca. 100 km genug der Quälerei. Es gibt so Tage… – wobei 100 km auf stehendem Gewässer im C-Einer aller Ehren wert und für Otto Normalruderer fast unvorstellbar sind.

Der Regattaabschluss war, wie das ganze verlängerte Wochenende, ebenfalls von der Sonne verwöhnt. Der Prizegiving-Ceremony mit Teilnehmer-Zinnbecher und Team-Schampus für alle Teams sowie Zinnkannen für die Klassensieger folgten das alljährliche Gruppenbild und das einmal mehr großartiges Abschlussbankett im noblen Ambiente der SNG. Summa summarum wieder eine von Stéphane Trachsler und seinem großen Team hervorragend organisierte Veranstaltung mit ganz besonderem Flair, die seine Teilnehmer mit geschundenen Händen, schmerzenden Muskeln und Knochen, aber auch mit viel Stolz und einem lange währenden Lächeln zurück ließ.

Die Ergebnisliste mit allen Zwischenzeiten und den Link zu einem stimmungsvollen Drohnenvideo von der frühen Regattaphase gibt es hier: http://www.nautique.ch/fr-ch/events/2017-09-22-45eme-tour-du-leman-a-l-aviron-et-8eme-course-d-aviron-interentreprise