Gemeinsames Schreiben der Wassersportverbände
Anlässlich der laufenden Koalitionsverhandlungen haben sich die Wassersportverbände, darunter auch der Deutsche Ruderverband in Person von Michael Stoffels, hinsichtlich des Erhalts des Netzwerkes der Bundeswasserstraßen und besonders der freizeitlich genutzten Nebenwasserstraßen an die Bundestagsabgeordneten gewandt. Für viele – insbesondere viele strukturschwache – Regionen, ist der Wassertourismus ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Gleichzeitig stellt der europaweit einzigartige Netzcharakter der befahrbaren Wasserstraßen einen wichtigen Pfeiler des Tourismusstandorts Deutschland dar.
Doch das Gesamtsystem der Nebenwasserstraßen wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht gepflegt. Trotz der Zuständigkeit des Bundes für den Erhalt dieser Infrastruktur wurden die bereitstehenden Mittel überwiegend in die Hauptwasserstraßen investiert. Inzwischen ist diese Vernachlässigung soweit fortgeschritten, dass das Gesamtsystem der freizeitlich genutzten Wasserstraßen gefährdet ist. Kritisch zu sehen ist zudem, dass die Betrachtung der Nebenwasserstraßen zurzeit ausschließlich im Rahmen des Bundesprogramms Blaues Band und damit in Bezug auf eine Renaturierung der Wasserstraßen stattfindet. Die Relevanz des Tourismus muss jedoch ausreichend berücksichtigt werden. Mittel- bis langfristig droht Deutschland andernfalls an touristischer Attraktivität zu verlieren und in den betroffenen Regionen wirtschaftliche Einbußen zu erleiden.
Staatliche Aufgabe zur Daseinsvorsorge
Der Erhalt dieses einzigartigen Wasserstraßennetzes bietet die Chance, eine bereits vorhandene Infrastruktur zu einer umfassenden, zeitgemäßen Freizeit-, Erholungs-, Verkehrs- und Tourismusinfrastruktur weiterzuentwickeln. Der Erhalt ist zugleich eine staatliche Aufgabe zur Daseinsvorsorge. Deshalb wird um Unterstützung gebeten, die Zukunft der Nebenwasserstraßen abzusichern und dafür im Koalitionsvertrag die notwendigen Weichen zu stellen.
Um dies zu erreichen, sollten aus der Sicht der unterzeichnenden Verbände folgende Maßnahmen ergriffen werden:
1. Das Wassertourismuskonzept des Bundesverkehrsministeriums wird in der neuen Legislaturperiode mit dem Ziel, die freizeitlich genutzten Nebenwasserstraßen zu erhalten, weiterentwickelt, mit konkreten Maßnahmen unterlegt und umgesetzt.
2. Der Bund bekennt sich zu seiner Verantwortung für den Erhalt der Nebenwasserstraßen und stellt dafür über einen eigenen Haushaltstitel auskömmliche Mittel bereit.
3. Die Wasserstraßenverwaltung des Bundes erhält eine spezifische Zuständigkeit für den Erhalt der freizeitlich genutzten Nebenwasserstraßen. Eine zentrale, einheitliche Verwaltung der Nebenwasserstraßen wird damit eingerichtet.
4. Die bereits begonnene Priorisierung der Nebenwasserstraßen wird unter Betrachtung des Gesamtnetzes und unter Berücksichtigung aller volkswirtschaftlichen Effekte (d.h. nicht allein der Gütertransportleistung) weitergeführt. In diesem Sinne wird auch der historische Begriff „allgemeiner Verkehr“ an ein modernes Verkehrsverständnis angepasst.
5. Die Förderung der freizeitlich genutzten Nebenwasserstraßen erfolgt im Ausgleich mit den Zielen des Bundesprogramms „Blaues Band“, dessen Beirat zur Moderation gemeinsamer Lösungen aufgewertet wird.
Tourismus auf Wasserstraßen hat großes Potential
Der Wassertourismus und spezifisch der Tourismus auf und an Deutschlands Wasserstraßen hat großes Potenzial. Er kommt als klimafreundliche Urlaubsform der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen, entschleunigten und wohnortnahen Erholungs- und Urlaubsformen entgegen. Gleichzeitig leistet er einen wichtigen Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Regionen.
Die Bundestagsabgeordneten werden gebeten, sich für den Erhalt des einzigartigen Netzwerkes der Bundeswasserstraßen, die Einrichtung eines einheitlichen, zentralen Managements der Nebenwasserstraßen und die Verankerung dieses Vorhabens im Koalitionsvertrag einzusetzen.
Kurt Heinen, Vizepräsident Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC)
Robert Marx, Präsident Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. (BVWW)
Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund e.V. (DOSB)
Reinhard Meyer, Präsident Deutscher Tourismusverband e.V. (DTV)
Harald Fassmer, Präsident Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM)