Die Paralympics als Lebenstraum
Die Paralympics als Lebenstraum
Die Paralympics als Lebenstraum – der sehbehinderte Marc Lembeck und der oberschenkelamputierte Dominik Siemenroth wollen ihn sich gemeinsam erfüllen, weil sie auch privat beste Freunde sind. Das Ziel: Im Rudervierer 2020 in Tokio dabei zu sein.
Marc Lembeck durfte das Feeling der Paralympischen Spiele schon mal erleben. 2008 war das, damals war er Leichtathlet und machte Fünfkampf, in China trat er im Sprint an. 2013 hörte er dann mit der Leichtathletik auf, damals trainierte auch Dominik Siemenroth schon beim TSV Bayer 04 Leverkusen als Sprinter, Hoch- und Weitspringer.
Der Ex-Fußballer hatte mit den Paralympics 2012 in London geliebäugelt und war dann mangels Sportprothese irgendwann zum Sitzvolleyball gewechselt, doch auch dort konnte er sich 2016 nicht für die Paralympics qualifizieren, weil er kurz vor den Spielen in Rio de Janeiro operiert werden musste.
Etwas Neues musste her, um es zu den Paralympics zu schaffen – am besten etwas, das beide zusammen machen konnten, weil sie auch privat eng verbunden sind. „Wir haben dann in der Leichtathletik an die Wurfdisziplinen oder ans Rudern gedacht – und weil wir das bei Olympia schon immer gerne geguckt haben, wollten wir das mit dem Boot ausprobieren“, sagt der 26-jährige Siemenroth.
Lembeck, der vier Jahre älter ist, arbeitet beim Deutschen Behindertensportverband als Sachbearbeiter und ist für Para Rudern zuständig, dadurch war der Kontakt schnell hergestellt. „Wir haben dann Jörg Frischmann von Bayer Leverkusen angerufen und er hat uns den Kontakt zum RTHC Leverkusen hergestellt, das ging von heute auf morgen“, erzählt Lembeck. Nach zwei Mal im Ruderkeller ging es sofort aufs Wasser – „dann hat es uns direkt gepackt“, sagt Lembeck und Siemenroth ergänzt: „Es war mega aufregend auf dem Rhein.“
Der Beginn war schwer, beide hatten keine Erfahrung mit dem Element Wasser. Ursprünglich spielten sie Fußball, bis bei Siemenroth die Amputation kam und Lembeck sich für die Leichtathletik entschied. „Wir mussten komplett von Null beginnen, aber ich konnte meine Ausdauer und Grundfitness mitbringen, die Rumpfstabilität war vorhanden – und es ist kein Neuland für uns, jeden Tag zu trainieren“, sagt Lembeck.
Nur montags sind sie nicht auf dem Wasser im Rennboot am Fühlinger See in Köln, für Kurzlehrgänge mit der Nationalmannschaft müssen sie nach Offenbach. Bei den ersten Rennen zahlten sich noch Lehrgeld. In Italien Ende Mai war alles neu, „da wussten wir nicht, was wir am Start beziehungsweise vor dem Start machen mussten.“ Beim Weltcup in Polen lief es schon besser, in den Niederlanden kamen sie mit den Bedingungen nicht klar.
Die anderen beiden Deutschen, der Dortmunder Jan Helmich und der Frankfurter Valentin Luz, der auch schon in Rio dabei war, sind ihnen noch voraus. Doch auf dem Ergometer deuteten die größer gewachsenen Leverkusener schon an, was sie draufhaben – nur fehlt ihnen die Erfahrung auf dem Wasser. Der Zweier ohne Steuermann, in dem sie jetzt auch für die Weltmeisterschaft Ende August nominiert sind, ist das Zubringerboot für den Vierer, der letzten Endes auch paralympisch ist. Bei der WM dürfen dort Helmich und Luz rudern, Siemenroth und Lembeck sind Ersatz und können sich im Zweier ohne Steuermann empfehlen.
Am liebsten hätten beide einen eigenen Mixed-Vierer in Leverkusen, mit Amalia Sedlmayer haben sie dafür auch eine Sportlerin gefunden, sie ist bei der WM in der Bootsklasse PR2Mix2xdabei und ist im Vierer Ersatzfrau. „Eigentlich fehlen uns daher weiterhin zwei Damen, die rudern möchten und eine körperliche Behinderung oder eine Sehbehinderung haben“, sagt Lembeck: „Das wäre perfekt.“ Für die Paralympics 2020 sieht er die Chancen bei 50 zu 50, auch wenn es ein „Wunschgedanke“ sei, dass es klappt: „Wir müssen echt noch einiges tun, wir machen das ja erst seit etwas mehr als einem Jahr.“
„Schöne Hände“, sagt Siemenroth, „bekommt man davon nicht. Blasen und Blutblasen sind normal und ich freue mich darauf, wenn die Hornhaut kommt.“ Aber sonst gebe es nichts Negatives. Es sei schwer zu beschreiben, was sie fühlen, wenn das Boot erstmal Fahrt aufnimmt, sagt Siemenroth: „Es ist ein absolutes Glücksgefühl, wenn das Boot übers Wasser fliegt und du im Einklang mit der Mannschaft bist.“ Für Lembeck ist es ein „Gefühl von Freiheit, es macht Bock ohne Ende. Wir hören erst auf, wenn wir nicht mehr können.“
Was beiden im Ruderzirkus allgemein gefällt, ist die Akzeptanz für den Parasport. Weltcups und Weltmeisterschaften finden gemeinsam statt, die Wettkämpfe werden getrennt gewertet, aber gleich durchgeführt, im Hotel sind Nichtbehinderte und Paraathleten zusammen untergebracht. „Es gibt wenig Berührungsängste“, sagt Siemenroth: „Das ist eine unheimliche Wertschätzung. Die machen einfach, ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen. Aber ich finde, dass man das unbedingt erwähnen muss. Das ist ein Riesending.“
Schnuppertag Rudern am 3. August in Köln
Wer Lust auf Rudern bekommen hat und sich selbst mal in ein Boot setzen möchte: Am 3. August ab 10 Uhr bieten der Deutsche Ruderverband (DRV), der RTHC Leverkusen und der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Nordrhein-Westfalen gemeinsam einen Schnuppertag an.
Du darfst im Ruderboot Platz nehmen und deine ersten Ruderschläge tätigen. Tausche Dich mit Trainer und Athleten aus, die Dir den kompletten Tag über zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Faktoren für die Sportart Rudern erlebst du an diesem Tag.
Als Highlight und perfekten Abschluss des Tages werden unsere eingeladenen Athleten wie Dominik Siemenroth und Marc Lembeck in die Boote steigen. Dadurch bekommt Ihr einen Eindruck, was Rudern im Leistungssport bedeutet.
Wir haben Euer Interesse geweckt? Dann komm vorbei, egal ob alt oder jung – jeder ist herzlich willkommen.
Für weitere Informationen und die Anmeldung steht Euch der BRSNW-Talentscout Lina Neumair zur Verfügung.
Lina Neumair
Mail: neumair@brsnw.de
Tel: 0203-7174-170
Mobil: 0160-97264102