DRV-Partner im Porträt: Empacher
Mit welchen Partnern arbeitet der DRV aktuell zusammen? In einer Serie stellen wir sie vor. Die Bootswerft Empacher aus dem Odenwald stattet die Nationalteams mit ihren Modellen aus und hat weltweit im Rennsektor nur einen Konkurrenten.
Das Modell X-88, der brandneue Männer-Achter aus dem Hause Empacher, erlebte vor kurzem bei der Essener Hügel-Regatta seine Renn-Premiere. Natürlich, wäre man fast versucht zu sagen, mit einem Sieg. Aber Helmut Empacher, der Geschäftsführer der renommierten Bootswerft aus der Kleinstadt Eberbach am Neckar, gut 30 Kilometer östlich von Heidelberg gelegen, schränkt ein: Wie schnell der neue Untersatz des siegreichen Deutschland-Achters sei, lasse sich noch schwer sagen, da das deutsche Paradeboot nach den Olympischen Spielen im personellen Neuaufbau stecke und schwer vergleichbar mit der Vorgänger-Besetzung sei. Aber Empacher hofft natürlich, dass die gerechneten Daten passen und seine Ingenieure mal wieder ganze Arbeit geleistet haben. Also: sehr schnell.
Modellpalette Hoffnungsträger für Paris
Und auf jeden Fall schneller als das Vorgängermodell 86, das bereits seit 1996 auf dem Markt war und 25 Jahre lang nicht verändert wurde, weil es so gut lief. Mit einer kleinen Einschränkung. Dass das letzte olympische Achter-Gold in Tokio an Neuseeland ging, das in einem Achter des großen Konkurrenten Filippi aus Italien saß, hat Empacher nicht gefallen. 2024 in Paris soll der mit großem Aufwand entwickelte X-88 vorne liegen. Mit Blick auf die nächsten Olympischen Spiele hat der deutsche Bootsbauer in den letzten beiden Jahren darüber hinaus fast seine gesamte Bootsformen-Palette überarbeitet. Eine enorme Anstrengung, die sich auszahlen soll. Zweier, Vierer, Achter - in unterschiedlichen Modellen alles neu. „Unsere Hoffnungsträger“, sagt Empacher.
Nur das Skiff blieb unverändert im Programm, da es das Maß aller Dinge darstellt. Gold, Silber und Bronze gingen im Einer-Finale von Tokio sozusagen an Empacher. Aus Firmensicht war es also verschmerzbar, dass der deutsche Mitfavorit Oliver Zeidler im Halbfinale scheiterte. Persönlich empfand Empacher Mitgefühl mit Zeidler, dem die schwere Form 11 in Eberbach für Olympia auf den Leib geschneidert worden war. „Er kam mit den schlechten Wasserbedingungen an diesem Tag nicht zurecht, da fehlte ihm als Späteinsteiger wohl die Erfahrung.“ Dass Zeidler bei seinem Weltcup-Sieg kürzlich in Zagreb „eine sehr gute Vorstellung“ gegeben hatte und gewann, stimmt Empacher optimistisch für Zeidlers Zukunft.
Immense Bedeutung für den DRV
Seit 15 Jahren ist die Bootswerft Empacher Sponsor des Deutschen Ruderverbandes. Die A-Nationalmannschaft, die U23 und die U19 erhalten die Rennboote kostenlos zur Verfügung, insgesamt rund 50 Boote pro Jahr. Bei Preisen zwischen 10 000 und 50 000 Euro plus Mehrwertsteuer pro Boot, die normalerweise fällig würden, ist die Bedeutung dieser Zusammenarbeit für den DRV immens. Teilweise sind die Boote mehrere Jahre im Einsatz, bevor sie zurück nach Eberbach gehen. „Der Wertverlust beträgt pro Jahr rund 15 Prozent“, sagt Helmut Empacher. Zur engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört auch, dass Empacher-Neuentwicklungen priorisiert dem DRV zur Verfügung gestellt werden, bevor sie in den weltweiten Vertrieb gehen. „Zu Hause zu testen, ist uns wichtig, weil wir hier das direkteste Feedback haben.“ Ein ähnliches Sponsoring wie mit dem DRV betreibt Empacher nur noch mit dem Schweizer Ruderverband und einigen Topathleten wie dem Norweger Kjetil Borch. „Sonst ist nichts kostenlos, wir müssen ja auch leben“, sagt Helmut Empacher.
Seit dem Tod seines Bruders Rainer vor vier Jahren leitet der Wirtschaftsingenieur das direkt am Neckar gelegene Unternehmen alleine. Empacher ist ein Familienunternehmen in der dritten Generation. Gegründet wurde es 1923 im ostpreußischen Königsberg. Nach der Flucht in den Kriegswirren 1945 gelangte die Familie 1947 nach Eberbach – „ohne Hab und Gut“, wie es auf der Empacher-Webseite heißt, und baute die Werft neu auf. 1952 fertigte man die ersten Ruderboote, die noch aus Sperrholz waren. Der internationale Durchbruch gelang 1968 mit der Olympia-Silbermedaille im Einer durch den Deutschen Jochen Meißner. Empachers formverleimte Boote aus Zedernholz waren danach die tragende Säule der Firma. Als der legendäre deutsche „Bullen-Vierer“ 1972 bei den Spielen in München Gold holte, war das der nächste Meilenstein für die Bootsbauer aus dem Odenwald. Es war das erste Gold in einem Kunststoffboot, das in renntauglicher Sandwichbauweise gebaut war. Heute werden die Boote aus mit Kohlenstoff- oder Aramidfasern verstärkten Kunststoffen produziert und nur auf Bestellung gefertigt. Alle sind Eigenentwicklungen und werden mit CFD (Computer Fluid Dynamic), einer mathematischen Berechnung der Strömungsdynamik, ausgetüftelt.
Die Zukunft ist derzeit ungewiss
Rund 500 Ruderboote stellt Empacher derzeit jährlich her, über 75 Prozent gehen in den weltweiten Export. Mit 90 Mitarbeitern wurde zuletzt ein Jahresumsatz von rund 11 Millionen Euro erzielt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bekommt das Unternehmen jedoch zu spüren. 2019 war man noch mit einem sehr guten Auftragsbestand in das Jahr gegangen. 2020 wurden so viele bestellte Boote nicht abgeholt, dass man die ehemalige Holzbootwerft als Lager herrichten musste. „Zum Glück verfügen wir über eine gute Liquidität“, sagt Helmut Empacher. Zudem seien vorhandene Budgets trotz des eingestellten Wettkampfbetriebes von Auftraggebern auch ausgegeben worden. Wer bestellte, orderte wegen der Corona-Beschränkungen auf dem Wasser jedoch häufiger als sonst Einer. In das Jahr 2022 ging Empacher mit einem ungewohnt niedrigen Auftragsbestand. „Die Zukunft ist ungewiss. Ich weiß nicht, wo es hingeht“, sagt der Chef. Steigende Materialpreise, dazu Lieferengpässe und Lohnerhöhungen machen es schwierig. Mit einer Preiserhöhung von drei bis vier Prozent sei man bisher unter dem eigentlich Notwendigen geblieben.
Hartes Duell um die Spitzenposition
Im Weltmarkt für Rennruderboote, der gleichzeitig ein Nischenmarkt ist, gibt es ein hartes Duell zwischen Empacher und dem Konkurrenten Filippi aus der Toskana um die Spitzenposition. „Zusammen halten wir 90 Prozent der Marktanteile“, sagt Helmut Empacher, andere Hersteller spielen kaum eine Rolle. Die Italiener würden mehr Boote verkaufen, „bei den gewonnenen Medaillen ist es ausgeglichen“. Das zeigt auch ein Blick auf die letzten Olympischen Spiele. Sieben Goldmedaillen in den 14 olympischen Bootklassen wurden in Tokio in den knallgelben Empacher-Booten gewonnen. Beim ersten Weltcup der Saison in Belgrad gingen sogar acht der 14 Tagessiege an Empacher. Filippi wirbt seinerseits damit, dass in Belgrad 34 von 57 Medaillen in seinen Booten errungen wurden.
Bisher erschienene Folgen: Concept2, Sebamed, Bundeswehr, DAK-Gesundheit