03. Sep 2010 | Nationalmannschaft | von Kraft Schepke

03.09.1960 - Heute vor 50 Jahren: Das erste Achter-Gold

Heute vor 50 Jahren gewann ein deutscher Ruderachter zum ersten Mal die olympische Goldmedaille: Am 3. September 1960 triumphierten Klaus Bittner, Karl-Heinz Hopp, Hans Lenk, Manfred Rulffs, Frank Schepke, Kraft Schepke, Walter Schröder, Karl-Heinz von Groddeck und Steuermann Willi Padge in Rom vor Kanada und Tschechien.

Eine erfolgreiche Ära unter dem legendären Trainer Karl Adam hatte ihren Anfang gefunden. Kraft Schepke, Mitglied des damaligen Goldachters, blickt auf die Anfänge dieser Zeit zurück, die schon einige Jahre zuvor in Kiel und Ratzeburg ihre Ursprünge hatte:

Die Wurzeln des Deutschlandachters 1959/60

In Kiel unterrichtete Karl Wiepcke als Sport- und Ruderlehrer an der Universität die Sportstudenten im Wassersport. 1953 übernahm er, als Alter Herr der Akademischen Turnverbindung (ATV) Ditmarsia Kiel, das Training von deren Ruderriege und startete (und steuerte) mit den Ruderern als Universitäts- oder Ditmarsen-Mannschaft, vornehmlich im Vierer und Achter. 1954 legte er den Grundstein für seinen Achter, als er talentierte Schülerruderer bereits vor dem Abitur „verpflichtete“, nach dem Abitur in der Mannschaft der Uni zu rudern.

Schon bald holte er mit seinen Ruderern Deutsche Hochschulmeisterschaft-Titel (DHM) sowohl im Vierer als auch im Achter nach Kiel. Er gewann mit wechselnden Besetzungen mehrere erstklassige Achter-Rennen und wurde mit seinem Ditmarsen-Achter als schnellster Achter der Bundesrepublik 1956 in den Olympiakader für die Olympischen Spiele in Melbourne berufen. Der zweite Platz auf der (damals noch gesamt- deutschen) Meisterschaft verhinderte leider die Teilnahme an der Olympiade. Der NOK-Vorschlag, den Zonen-Achter durch den Ditmarsen-Vierer zu verstärken und mit einem gemeinsamen deutschen Achter nach Melbourne zu fahren, wurde vom Ost-NOK abgelehnt, so daß kein deutscher Achter in Australien startete.

„Aber in vier Jahren in Rom seid ihr dabei“ versprach Karl Wiepcke seinen Ditmarsen.

Im nacholympischen Jahr fielen einige Ditmarsen u.a. durch Krankheit, wegen Berufseinstieg und Praktikum für ein regelmäßiges Training aus. Karl Wiepcke baute deshalb die inzwischen in Kiel studierenden Sportstudenten aus Ratzeburg in seine Achtermannschaft der Universität ein und begann so die Zusammenarbeit der Ditmarsia mit dem Ratzeburger RC. Noch im laufenden Jahr gelang es ihm, mit Mannschaften, in denen Ruderer beider Vereine saßen, wieder DHM-Titel im Achter und Vierer für die Kieler Uni zu gewinnen.

Auf einer Auslandsreise Pfingsten 1958 mit den Uni-Ruderern startete er auf der großen internationalen Regatta in Ostende u.a. mit der Mannschaft Hans Lenk, Manfred Rulffs, Kraft Schepke, Karl Heinz Hopp als Renngemeinschaft Ditmarsia Kiel/ Ratzeburger RC im Vierer ohne Stm. und siegte. Dieser Vierer blieb das ganze Jahr unbezwungen, wurde

Deutscher Meister und in Posen auch souveräner Europa-Meister.

In Ratzeburg arbeitete Karl Adam, Studienrat an der Lauenburger Gelehrtenschule, als Protektor und Trainer der dortigen Schüler-Ruderriege. Mit seinen revolutionären und im Rudern bis dahin unbekannten Trainingsmethoden erzielte er für die Fachwelt überraschende Ergebnisse.

Sie brachten ihm den Titel „RUDERPROFESSOR" ein, der immer alles anders machte.

Deshalb gründete er mit anderen Ruderinteressierten 1953 den Ratzeburger Ruderclub, um seinen erfolgreichen Schülern eine Startmöglichkeit auch auf DRV-Regatten geben zu können.

Und dieser neue Ruderverein,mit dem unorthodoxen Trainer Karl Adam, setzte mit seinen erfolgreichen Mannschaften in Kleinbooten die Ruderwelt in Erstaunen : Zahlreiche Siege in erstklassigen Rennen und mehrere DM im Skiff, Doppelzweier und Zweier ohne, im Einer Silber-EM und Olympia-Teilnahme 1956, EM-Teilnahme im Doppelzweier und EM im Zweier ohne.

Der große Wurf gelang Karl Adam 1958: Mit drei erfahrenen Ruderern und fünf gerade in die Männerklasse aufgerückten Jugendlichen gewann er für den Ratzeburger RC völlig überraschend die Deutsche Meisterschaft im Achter und zusammen mit Karl Wiepcke den DM-Titel im Vierer ohne für die Renngemeinschaft Ditmarsia Kiel/Ratzeburger RC.

Dieser gemeinsame Vierer ohne beendete das Ruderjahr 1958 mit dem souveränen Gewinn des EM-Titels in Posen und veranlaßte beide Trainer, ihre Zusammenarbeit zu verstärken und um diesen Vierer als Kern herum - erweitert durch den nach seinem Examen „reaktivierten“ Walter Schröder und den aus seinem Praktikum zurückgekehrten Frank Schepke - einen gemeinsamen schlagkräftigen Achter für die nächsten Olympischen Spiele in Rom 1960 aufzubauen.

Gegen Ende der erfolgreichen Saison 1959 stand dann die endgültige Zusammensetzung der Achter- Mannschaft mit Ruderern aus beiden Vereinen fest: Hans Lenk (RZ), Klaus Bittner (KI), Karl-Heinz Hopp (KI), Moritz von Groddeck (RZ), Kraft Schepke (KI), Frank Schepke (KI), Walter Schröder (RZ), Manfred Rulffs (RZ) und Stm Willi Padge (RZ).

Mit dieser Mannschaft, die wie erwartet DM wurde, gelang Karl Adam mit Karl Wiepcke auf der EM 1959 in Macon der Durchbruch: Mit einem überlegenen Sieg von über 9 sec., einem Vorsprung von über 50m, errang die Renngemeinschaft Dimarsia Kiel/Ratzeburger RC für Deutschland den EM-Titel.

„Das ist die Besetzung für Olympia“!

Der „Deutschlandachter“, wie die Presse titelte, war geboren. Die Wahl zur „Mannschaft des Jahres“ und das „Silberne Lorbeerblatt“ des Bundespräsidenten waren äußere Zeichen der Anerkennung.

Die Siegesserie dieses Achters setzte sich 1960 fort. Er wurde ohne jede Niederlage Deutscher Meister, erreichte wie geplant sein Ziel : Olympia-Gold in Rom und beendete die 40-jährige Vorherrschaft der USA im Achter. Der Deutschland-Achter wurde wieder zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt und erhielt zum zweiten Mal den „Silberlorbeer“ des Bundespräsidenten.

Eine Einladung nach Japan 1961 mit zwei Siegen beendete die Karriere des unbesiegten „Deutschlandachters“ von 1959 und 1960.

Verstorben:

  • Manfred Rulffs am 15.01.2007
  • Karl-Heinz Hopp am 11.02.2007