„Am Ende verbindet uns die Leidenschaft“: Klaus Schindler im Interview zur Aktionswoche der DRJ
Kinder und Jugendliche vor dem Hintergrund des fortlaufenden gesellschaftlichen Wandels und der viel diskutierten schulischen Veränderungen für den Rudersport zu gewinnen, ist ein umfangreiches Thema, dessen sich die Deutsche Ruderjugend Ende letzten Jahres angenommen hat. Anlässlich der bundesweiten Aktionswoche vom 12.04. bis 16.04. soll das initiierte Projekt den ersten Praxistest bestehen.
Klaus Schindler, seit gut 20 Jahren Landesjugendleiter in Sachsen-Anhalt, ist ein Mann mit genau dieser Praxiserfahrung. Er kennt die Beweg- und Hintergründe der Aktionswoche ebenso wie die Probleme der Nachwuchssichtung. Aus seiner Erfahrung weiß er, dass man sich in puncto Begeisterung junger Menschen immer etwas Neues einfallen lassen muss.
Herr Schindler, der Rudersport muss sich aktuell neben vielen neuen Trendsportarten beweisen. Ist der Rudersport überhaupt noch zeitgemäß?
„Rudern bietet als Wettkampfsportart nach wie vor die Möglichkeit, dass sich Kinder und Jugendliche sportlich miteinander vergleichen können, mit Spaß ihre Freizeit sinnvoll im Verein verbringen können und nicht auf der „Straße abhängen“ müssen. Veränderungen wie Schulzeitverkürzung und Einführung von Ganztagsschulen tragen dazu bei, dass die Belastung der jungen Menschen deutlich ansteigt. Aber natürlich ist der Rudersport zeitgemäß, weil Rudern sowohl den Teamgeist als auch die individuelle Leistung fordert. Das sind nach wie vor Werte, die man in der heutigen Gesellschaft braucht.“
Sehen das die Kinder und Jugendlichen genauso?
„Natürlich muss man auf die Bedürfnisse der Jugendlichen und die rasante Entwicklung der Gesellschaft eingehen, um zeitgemäß zu sein. Die Schwierigkeit sehen wir in unserem Bundesland vor allem darin, die Sportart entsprechend zu bewerben und zu präsentieren. Im ersten Schritt müssen die Schnupperwettkämpfe immer aktuell und fetzig sein, damit die Jugendlichen aufmerksam werden. Im zweiten Schritt lernen sie dann, die Vorzüge einer Ausdauersportart mit Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft, Kampfgeist, Konzentration, Einsatzbereitschaft und Durchsetzungsvermögen in der Gemeinschaft zu verstehen und zu schätzen.“
Die Sichtungsprozedur war in der Vergangenheit speziell in den neuen Bundesländern sehr gut organisiert und somit für Sie ja eigentlich nichts Neues. Wo sehen Sie dennoch den Innovationscharakter der bundesweiten Aktionswoche der Deutschen Ruderjugend?
„Aktuell haben wir das große Problem, dass wir nicht mehr einfach in die Schulen gehen können, um in der klassischen Form zu “Sichten“. Grund hierfür ist eine Verfügung des Kultusministeriums, die es uns sehr schwer macht, auf unsere Sportart aufmerksam zu machen und die Kinder anzusprechen. Mit dieser Problematik haben zurzeit alle Sportarten in Sachsen-Anhalt zu kämpfen. Die Ideallösung wurde aber noch nicht gefunden.“
Ist die Aktionswoche damit ein neuer Türöffner?
„Die Bundesweite Aktionswoche der Deutschen Ruderjugend trägt entscheidend dazu bei. Sie ist der Versuch, die immer schwierigere Nachwuchsgewinnung gemeinsam und flächendeckend mit den Rudervereinen zu organisieren und sich gegenseitig zu unterstützen. In Zeiten, in denen sich im Deutschen Ruderverband moderne Wettkampfkonzepte herausbilden, bei denen unser Rudersport neben dem Sport zu großen Teilen als Event inszeniert wird, bietet die DRJ ein schlüssiges Gesamtkonzept. Dieses gilt es, in den kommenden Jahren kontinuierlich weiterzuentwickeln.“
Die „Feuertaufe“ des Projekts soll dafür in Sachsen-Anhalt u.a. in Bitterfeld bestanden werden. Wie sieht dort die Erwartungshaltung aus?
„Hauptziel ist es natürlich, den Rudersport in Bitterfeld bekannter zu machen. Dies gelingt uns mit einem Partner wie dem Europagymnasium Bitterfeld in hervorragender Art und Weise. Die Ruder AG der Schule ist schon jetzt gut besucht, aber vielleicht gelingt es uns mit dem Aktionstag noch mehr Kinder und Jugendliche in den Verein zu bringen. Natürlich möchte ich als Landesjugendleiter auch unsere Bundeswettbewerbsmannschaft 2010 mit dem ein oder anderen Ruder-Talent hier aus Bitterfeld verstärken. Wir wollen schließlich alle Regionen des Landes erschließen, um junge motivierte Menschen langfristig an einen der beiden Olympiastützpunkte in Sachsen-Anhalt zu vermitteln.“
Drei Jahre sind nach der Gründung des Goitzsche Ruder Club Bitterfeld (GRCB) vergangen, sodass der Verein damit eigentlich noch in den Kinderschuhen steht. Will der GRCB mit seinem eingeschlagenen Tempo etwa einige Klassenstufen überspringen?
„All dies ist doch nur durch das engagierte und motivierte Team möglich, das sich dort gefunden hat. In Bitterfeld wirken alle Beteiligten mit viel Begeisterung an verschiedenen Projekten und natürlich auch für die Ruderjugend Sachsen-Anhalt. Am Ende verbindet uns alle die Leidenschaft für den Rudersport und die Bereitschaft das „Feuer“ und den Spaß der Sportart an die jungen Menschen weiter zu geben.“
Herr Schindler, vielen Dank für das Gespräch.