05. Mai 2010 | Nationalmannschaft | von Andreas Schmidt, DHuGRC

DRV-Cheftrainer Hartmut Buschbacher über seine internationalen Erfahrungen

Nachdem der Termin ein paar Mal verschoben werden musste, konnte Hartmut Buschbacher, Cheftrainer des DRV, am 31. März seinen mit Spannung erwarteten Vortrag in unseren CLUB (Der Hamburger und Germania Ruder Club, Anm. d. Red.) halten. Zwar sorgte die deutsche Bahn durch eine 45-Minuten-Verspätung noch für Zeitverzug, aber um halb acht konnte der Vortrag starten.

Hartmut Buschbacher ist nach den olympischen Spielen in Peking im Sommer 2008 zum Cheftrainer des DRV ernannt worden. Zuvor ist er von 1985 bis 1990 Nationaltrainer der Frauenmannschaft der DDR, von 1991 bis 2000 Cheftrainer der Frauenmannschaft der USA und von 2006 bis 2008 Cheftrainer der chinesischen Nationalmannschaft gewesen.

Das Thema des Abends lautete „moderne Trainingsmethoden“. Hartmut Buschbacher vermittelte uns zunächst einen Einblick in die Trainingsmethoden der anderen Rudernationen. Dafür hatte er als Coach der oben genannten Nationalmannschaften umfangreiche Erfahrungen sammeln können. Um uns die unterschiedliche Methoden und Philosophien darzulegen, zeigte er uns insbesondere die Trainingspläne und Auswahlverfahren der Länder Kanada, USA, China und Neuseeland und verglich diese jeweils mit dem Vorgehen des DRV in der Vergangenheit und den insbesondere durch ihn geplanten beziehungsweise bereits umgesetzten Veränderungen. Der Hintergrund für diese Vergleiche bildete das Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei den olympischen Spielen 2008 und hier insbesondere das blamable Abschneiden des Deutschland-Achter.

Neben den durchaus beeindruckenden Trainingsumfängen und Trainingsintensitäten der einzelnen Nationen, waren die unterschiedlichen Vorgehensweisen der einzelnen Länder beeindruckend. So ist das chinesische Training dadurch geprägt, dass alle Athleten einem einheitlichen Trainingsplan unterworfen werden, der gleichermaßen Wert auf die Kraft und Ausdauer und auf die Rudertechnik legt. Nicht nur, dass die chinesischen Athleten, die allesamt komplett vom chinesischen Staat bezahlt werden und somit für das Training freigestellt sind, lediglich über zwei freie Nachmittage in der Woche verfügen. Auch die einzelnen Trainingseinheiten waren sowohl hinsichtlich der Einheiten im Ruderboot, als auch hinsichtlich der Einheiten im Kraftraum deutlich am intensivsten von den uns vorgestellten Trainingsmethoden. Bei der Auswahl der Athleten in China sind die Rudertechnik und die Kraft-Ausdauer-Werte gleichermaßen entscheidend. Die Vorgaben hierfür werden von der sportlichen Leitung und dem verantwortlichen Trainerstab landesweit gemacht. In der Organisation und Durchführung des Rudertrainings kommen die zentralistische Organisation des chinesischen Staates und deren Ehrgeiz zum Ausdruck, zu den traditionellen Rudernationen sportlich aufzuschließen oder diese gar zu überholen.

Ganz anders das Vorgehen der Nationalmannschaften Canadas und der USA dar. Hier ist zwar das Trainingspensum der Nationalmannschaften nur geringfügig kleiner, jedoch ist der Rudersport dieser beiden Länder sehr stark durch die dortigen Universitäten und Colleges geprägt. Dort finden auch das wesentliche individuelle Training und die Auswahl der Athleten statt. Zentrale Vorgaben des Verbandes oder gar des Staates gibt es dort nicht. Vielmehr beschränkt sich die Tätigkeit der Nationaltrainer in diesen beiden Ländern darauf, die Athleten für die jeweiligen Kader auszuwählen und auf die internationalen Turniere, wie Weltmeisterschaften und olympische Spiele vorzubereiten. Die endgültige Auswahl der Athleten erfolgt hierbei ausschließlich über Ausscheidungswettkämpfe, den sogenannten Trials. Die Athleten und Mannschaften, die sich hierbei gegenüber den Konkurrenten durchsetzen, werden für die jeweils anstehenden Wettkämpfe nominiert. Etwaige Trainingsergebnisse, wie zum Beispiel Ergo-Zeiten oder die weiter oben bereits erwähnten athletischen Werte, spielen bei der Auswahl der Athleten eine untergeordnete Rolle. Um die Athleten auf die Ausscheidungskämpfe entsprechend vorzubereiten, finden in Canada und den USA auch mehr Wettkämpfe statt, auf denen sich die Nationalmannschaftsaspiranten mit ihren Konkurrenten messen können.

Großer Wert auf eine ausreichende Wettkampferfahrung wird auch in Neuseeland gelegt. Jedoch versucht man seitens des Verbandes dahingehend die Kräfte zu bündeln, als dass man diejenigen Boote insbesondere fördert, in denen man sich die höchstens Medaillenchancen ausrechnet. Dies wird so konsequent gemacht, dass man sogar daran denkt, bei den nächsten Weltmeisterschaften, die im eigenen Land stattfinden werden, in einigen Bootsklassen keine eigenen Boote zu stellen. So ist es nach Aussage von Herrn Buschbacher derzeit unsicher, ob Neuseeland beispielsweise bei der Weltmeisterschaft einen Achter meldet, obwohl dieses Boot in der Vergangenheit tolle Erfolge erzielt hat. Erstaunlich war bei der Vorstellung der Trainingsmethodik Neuseelands, dass deren Topathleten unterjährig bei diversen Wettkämpfen jeweils mehrfach in unterschiedlichen Bootsklassen antreten und sich bei der Vorbereitung auf die internationalen Großturniere nicht nur auf eine Bootsklasse konzentrieren.

Der Vortrag von Harmut Buschbacher ging nach gut einer Stunde in eine lebhafte Diskussion über die unterschiedlichen Trainingsmethoden im Vergleich zu den deutschen Verfahren über. Hierbei wurde zum einen die Frage diskutiert, inwieweit die in Deutschland übliche sehr frühe Ausbildung und intensive Trainingsarbeit bessere Ergebnisse bei internationalen Großturnieren bringt als in den USA, Canada und Neuseeland, wo die Athleten im Vergleich zu uns viel später mit dem Leistungssport beginnen. Ebenso wurde aus dem prominent besetzten Publikum, zu dem auch Peter-Michael Kolbe gehörte, die Frage aufgeworfen, ob die deutschen Athleten sich nicht im Vergleich zu früheren Zeiten zu wenig auf Regatten mit der nationalen und internationalen Konkurrenz messen würden.

Hier hat Hartmut Buschbacher aufgezeigt, dass nach den vergangenen olympischen Spielen bereits ein neuer Weg eingeschlagen wurde, was die Häufigkeit der Teilnahme an Wettkämpfen und die Messung der Weiterentwicklung eines jeden einzelnen Athleten im Hinblick auf die Kraft und die Ausdauer anbelangt. Zwar hat dieser neue Weg im nacholympischen Jahr zu durchaus respektablen Ergebnissen geführt, jedoch sei diese Entwicklung noch nicht am Ende. Der Cheftrainer stellte heraus, dass sich der deutschen Rudersport momentan noch nicht in der Weltspitze platziert, jedoch haben er und das übrige Trainerteam für die olympischen Spiele 2012 in London insgesamt vier Goldmedaillen als erklärtes Ziel ausgegeben. Insofern geben diese Zielsetzung und die Ergebnisse des vergangenen Jahres Anlass zur Hoffnung, dass der Deutsche Ruderverband 2012 wieder besser abschneidet.

Schlussendlich hatten die Länge des Vortrages und die Intensität der anschließenden Diskussion bei allen Zuhörern für großen Appetit gesorgt, der bei dem anschließenden durch Heikos Team zubereiteten Buffet und ein paar Kaltgetränken gestillt werden konnte. Insgesamt ein gelungener Vortragsabend, der auf einige Zuhörer derart motivierend gewirkt hat, dass sie die durch die Ausführungen von Hartmut Buschbacher gewonnenen Erkenntnisse versucht haben, gleich am nächsten Morgen in die Tat umzusetzen.