Kurzer Abriss der Vereinsgeschichte des Ruder-Klubs „Normannia“ Braunschweig
Der Ruder-Klub „Normannia“ e. V., Braunschweig, feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Von einigen Angestellten der damaligen Firma Amme, Giesecke & Konegen (heute Bühler-MIAG) im Jahre 1910 gegründet, entwickelte sich der Verein aus kleinsten Anfängen heraus zu dem heute größten und bedeutendsten Ruderverein der Region. Bereits nach drei Jahren, in denen eigene Boote angeschafft wurden, die die zunächst verwendeten Leihboote ersetzten, wurde dafür auch ein eigenes bescheidenes Bootshaus an der Oker in der Nähe von Ölper errichtet. Der Verein wuchs rasch, es traten neue Mitglieder ein und es mussten weitere Boote gekauft werden. Mit den beiden seinerzeit noch bestehenden Braunschweiger Rudervereinen RK Argentinia und RV Braunschweig wurden noch vor und während des ersten Weltkrieges Regatten auf der Oker und das gemeinsame alljährliche Abrudern veranstaltet. Im Jahr 1921 zog der Verein in sein neues innenstadtnahes Domizil am Maschplatz um. Damals wurden schon Erfolge auf Regatten in ganz Nord- und Mitteldeutschland errungen. Außerdem wurden zunehmend auch Wanderfahrten auf norddeutschen Flüssen und Seen durchgeführt und für den Ausgleichssport eine Handballabteilung gegründet, die bis in die neunziger Jahre bestand. Überliefert ist darüber hinaus ein reges gesellschaftliches Vereinsleben mit eigener Gastronomie und eigener Musikkapelle für die regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen im Bootshaus.
Auch nach dem totalen Verlust ihres Vereinsheimes und des gesamten Bootsbestandes am 15. Oktober 1944 gaben die damaligen Mitglieder nicht auf. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde überwiegend in Eigenarbeit ein neues Bootshaus an gleicher Stelle errichtet. Der Verein wuchs trotz vorübergehender Beschränkungen durch die Besatzungsmächte in den darauf folgenden Jahrzehnten wieder stetig, auch in Folge der bereits 1951 vollzogenen Fusion mit dem RV Braunschweig und auch nach der Übernahme aller Mitglieder des Ruderclubs an der Neuen Oberschule bei dessen Auflösung im Jahre 1974. Der Ruder-Klub Normannia kann stolz besonders darauf sein, dass in den bisherigen 99 Jahren seines Bestehens nur 12 Vorsitzende das Normannenschiff gesteuert haben. Die sportlichen Erfolge können sich sehen lassen, mehrere Deutsche Meister und Deutsche Jugendmeister sind aus unseren Aktiven hervorgegangen.
Die vereinsinterne Statistik der seit Kriegsende aufgelisteten Regattasiege verzeichnet unter anderem die Deutsche Jugendmeisterschaft 1979 und 1980 im Einer durch Andreas Reinke, der in den gleichen Jahren auch Jugendvizeweltmeister wurde. In den beiden darauf folgenden Jahren 1981 und 1982 gewann Andreas Reinke in Renngemeinschaft die Eichkranzrennen (heute: Deutsche U23-Meisterschaften) im Doppelzweier und Doppelvierer sowie 1983 und 1984 im Einer. Schließlich wurde er 1984 auch Europameister U23 durch den Sieg beim Match des Seniors in Kopenhagen.
Sein Bruder Hartmut Reinke wurde 1982 und 1983 Deutscher Jugendmeister im Einer, 1983 gewann er außerdem die Bronzemedaille im Einer bei den Jugendweltmeisterschaften. 1984 und 1987 wurde er in Renngemeinschaft Eichkranzsieger im Doppelzweier und 1985 und 1986 Eichkranzsieger im Einer. 1984 wurde er in Renngemeinschaft auch Vize-Europameister im Doppelzweier, 1985 als U23-Ruderer Deutscher Vizemeister im Einer hinter dem damaligen mehrfachen Deutschen Meister und Weltmeister Peter-Michael Kolbe. Hartmut Reinke wurde in der Folge 1986 Deutscher Vizemeister U23 im Einer sowie in Renngemeinschaft Deutscher Vizemeister im Doppelzweier. 1987 wurde er in Renngemeinschaft Deutscher Meister U23 und Europameister U23 im Doppelzweier sowie in Renngemeinschaft Deutscher Vizemeister im Doppelvierer. 1989 wurde er noch einmal in Renngemeinschaft Deutscher Vizemeister im Doppelzweier und 1990 Deutscher Meister im Doppelvierer. In beiden Jahren war er jeweils Endlaufteilnehmer bei den Weltmeisterschaften.
Bereits 1983 wurden Michael Krüger und Christian Huhnke im Leichtgewichts-Doppelzweier Deutsche Jugendmeister. 1985 wurde dann Michael Krüger in Renngemeinschaft sowohl Deutscher U23-Meister als auch Deutscher Meister im Leichtgewichts-Doppelvierer. Dies war somit die erste Deutsche Meisterschaft in der Geschichte des Klubs.
Im Jahr 1989 gewannen Burkhard und Christian Huhnke in Renngemeinschaft die Deutsche Hochschulmeisterschaft im Doppelvierer und 1990 Thomas Rumpf in Renngemeinschaft die Deutsche Hochschulmeisterschaft im Leichtgewichts-Zweier o. St. sowie Ingo Heinemann und Thomas Rumpf in Renngemeinschaft die Hochschul-Vizemeisterschaft im Leichtgewichts-Vierer o. St.
Weitere Meisterschaften erruderten jeweils in Renngemeinschaften 1995 beim Bundesentscheid Nadine Ehlers im Mädchen-Doppelzweier (13 Jahre), 2000 Mark Bitter bei den Internationalen Deutschen Hochschulmeisterschaften im Vierer m. St. sowie 2003 Marjam Eghtessad und Kathrien Inderwisch bei den U23-Meisterschaften im Frauen-Achter. Schließlich gelang 2009 wieder eine Meisterschaft in der Juniorenklasse: Timo Meyn wurde in Renngemeinschaft im Leichtgewichts-Doppelzweier Deutscher Jugendmeister B. Diesen Titel verteidigte Nils Ole Richter mit seinem Partner Moritz Neumann vom RC Ernestinum-Hölty Celle in diesem Jahr bei den Deutschen Meisterschaften auf dem Baldeneysee in Essen. Insgesamt war der RKN 2010 mit den Ruderern Nils-Ole Richter, Timo Meyn und MA Tristram vier Mal in Finalläufen in Essen vertreten.
Zu erwähnen sind hier abschließend auch noch die Norddeutschen Meisterschaften im Doppelvierer in den Jahren 1983 und 1984 durch Michael Krüger, Andreas Reinke, Hartmut Reinke und Christian Huhnke sowie die zahlreichen Landesmeisterschaften mit Qualifikationen für die Bundesentscheide in den Altersklassen sowohl der Jungen und Mädchen als auch der Juniorinnen und Junioren in den achtziger Jahren und jetzt wieder in den letzten Jahren..
Für das Renntraining reichte das Ruderrevier auf der Oker bald nicht mehr aus, so dass 1958 am Mittelandkanal in Watenbüttel ein weiteres Bootshaus errichtet und 1965 erweitert wurde. Seit der Übernahme der Mitglieder, des Bootsbestandes und der Bootshalle des aufgelösten Ruderclubs an der Neuen Oberschule im Jahr 1974 verfügt der Verein über einen weiteren Standort am Kanal in Thune. Durch den Neubau einer modernen Bootshalle in Stahlblechbauweise an Stelle des vom RCNO übernommenen Holzschuppens wurde hier 1990 dringend benötigter Platz für die stark angewachsene Rennbootflotte geschaffen und gleichzeitig das Bootshaus in Watenbüttel an die DLRG veräußert.
Derzeit wird außer Rudern in Form von Rennrudern, Wanderrudern und täglichem Freizeitrudern noch ein wöchentlicher Breitensporttermin für alle Mitglieder angeboten, hauptsächlich aber von Senioren mit dem Ziel, die Sportabzeichenprüfungen abzulegen, wahrgenommen. Eine schon in den dreißiger Jahren gegründete Tischtennisabteilung war neben den Handballern besonders in den Jahren 1965 – 1990 recht erfolgreich, bis sie sich aus Mangel an Nachwuchs allmählich auflöste. Das gleiche Schicksal ereilte die ebenfalls über mehrere Jahre sehr erfolgreiche Handballabteilung. Weiter ist hier die zeitweilige Zusammenarbeit mit dem Versehrtensportverein Braunschweig zu nennen, bei der von 1966 bis zur Auflösung dieses Vereins Anfang der Siebziger eine eigene Gruppe von Versehrtensportlern mit unterschiedlichen Handicaps von RKN-Mitgliedern betreut und im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten ausgebildet wurden.
In den letzten Jahren sind insbesondere unsere Nachwuchsruderer – Kinder und Junioren – auf Landes- und Bundesebene außerordentlich erfolgreich gewesen; Timo Meyn gewann, wie schon erwähnt, 2009 mit seinem Partner aus Hildesheim die Deutsche Meisterschaft im Leichtgewichts-Junior-B-Doppelzweier.
Bestand bei unseren Jüngsten jahrelang das Problem, jeweils genügend Kinder der gleichen Altersklasse zur Verfügung zu haben, um für Wettbewerbe Mannschaften bilden zu können, konnten die Trainer im Jubiläumsjahr erstmalig zwei Jungenvierer auf die Regatten schicken. Bereits zum fünften Mal in Folge gelang einem Braunschweiger Kinderboot die Qualifikation für den Bundeswettbewerb. Beim Jubiläumsempfang können für die starke Gruppe der Juniorenruderer ein neuer Rennvierer und ein Rennzweier getauft werden, deren Beschaffung durch die große Unterstützung der Mitglieder und Spnsoren möglich wurde. Als langjähriger und zuverlässiger Partner ist dabei die „Stiftung Kleiderversorgung“ zu nennen, die deswegen auch - vertreten durch Herrn Mohr – den Vierer taufen wird.
Rudern ist in erster Linie ein Mannschaftssport. Gerade Kinder und Jugendliche werden, wenn immer es möglich ist, in Mannschaftsbooten trainiert, um in ihrer Entwicklung die soziale Komponente, nämlich das Bewusstsein, beim gemeinsamen Erreichen sportlicher Ziele auf einander angewiesen zu sein, zu fördern.