Mein Leistungssport - lohnt sich das?
Liebe Ruder-Freunde,
ich darf Sie alle hier an diesem festlichen Flaggentag des Berliner Ruderverbandes so herzlich anreden. Mein Freund Hans Lenk hat über Herrn Stephan Ploke aus der Vereinszeitschrift des Akademischen Rudervereins Spandau einen Bericht des früheren Vereinsmitglieds Berthold Küttner von 1936 benannt. Küttner berichtet darin 1936 als Alter Herr über seinen Start bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen 1896. Im Athener Hafen Piräus, unter Meeresbedingungen vor königlicher Loge, fand ein olympisches Doppelzweier Rennen statt - jedoch ohne Konkurrenz. Wegen des Windes und der Wellen waren die gemeldeten Griechen und Italiener nicht am Start erschienen. Das war die erste Rudermedaille bei Olympia- für die Teilnahme, für ein ideelles Ereignis, noch nicht für einen Sieg. Ete vous prez, partez! Oder: Seid ihr bereit, los! Diese Startsituation heute in einem richtigen Rennen zu erleben ist ein eigner Wert, den ich später noch einmal kurz ansprechen werde. Werner Stahr, unser Vorsitzender, hat mir diese heutige Ehre zugedacht, ich habe nach einigem Zögern zugesagt. Zögern deshalb, weil vielleicht doch ein Jüngerer mitten drin stehender aus dem hochrangigen Aktivenkreise zu uns sprechen sollte. Werner Stahr und ich sind vor Jahrzehnten in Regatten gegeneinander gerudert, 1967 in Gatow im Zweier ohne auf der mit viel Aufwand vor und zu Mauerzeiten hergerichteten Regattastrecke. Er mit Jochen Betkenhagen, ich mit meinem leider viel zu früh verstorbenen Partner Peter Kuhn vom Spandauer Ruderclub. Natürlich war das, was wir damals an Strudeln in das Wasser brachten, der Leistungssport. Definiert aus dem Produkt von Kraft mal Weg in der Zeiteinheit unter vergleichbaren Bedingungen für alle Teilnehmer. Jeder, der ein intensives leistungsbezogenes Training absolviert und sich einem öffentlichen Wettkampf stellt, ist Leistungssportler, nicht nur im harten körperlichen Vergleich, sondern auch im geschicklichen und konzentrativen Bereich wie z.B. im Dart oder Eisstockschießen. Auch für diese Sportarten ist in der Regel ein Training in körperlicher Ausdauer und Fitness notwendig.
Drei pyramidenartig aufgebaute leistungsbezogene Ebenen des Sports - damit sage ich Ihnen nichts Neues - lassen sich sehr unscharf trennen: Breitensport, Leistungssport, Spitzensport - dieser letztere mit einer Sonderabteilung des von mir hier so genannten Heroensports. Den öffentlich im Vordergrund stehenden Heroensport möchte ich nur am Rande erwähnen, er wird mit Publizität überschüttet, bewegt hohe Geldsummen, hat ein hohes Nachahmungspotential und wird nach minuziös und ständig ermittelten Quoten unseres eigenen Volks-Fernsehinteresses auf Werbewirksamkeit überprüft. Der Heroensport wird aber auch von den Medien, auf bestimmte Einflüsse hin und mit Finanzierung durch unsere eigenen Rundfunkgebühren gezielt gemacht, man denke im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur an das Boxen oder das so wenig zur zahlreichen Nachahmung geeignete Bobfahren. Mit Quoten aus dem Heroensport kann Rudern im Moment (leider?) nicht konkurrieren. Der Sportphilosoph und Soziologe Gunter Gebauer von der TU Berlin bekam kürzlich sowohl im Tagesspiegel als auch in der FAZ ganzseitige Interviews, und hat darin zum Spitzensport ziemlich viel Bizarres geäußert. Spitzensport habe sich in der Leistungsgesellschaft überholt, wegen der Zeitkonkurrenz in der Ausbildungsphase. Die globale Berufskonkurrenz sei zu groß für sportliche Verzettelungen, es gäbe auch keine Vorbilder mehr wegen der Überkommerzialisierung- Staatliche Sportförderung sei ein wohl überflüssiges Relikt des kalten Krieges, überholt speziell wegen des Vergleichs-Wettkampfes der früheren beiden deutschen Staaten, der Staat sollte aber doch eine Rente für Spitzensportler erwägen.
Wie kamen wir denn eigentlich dazu, uns in jungen Jahren in Leistungsgemeinschaften hinein zu bewegen. Bei mir war das ein Freund aus der Nachbarschaft, der mich mit 12 Jahren zum nahen Ruderclub Hellas Titania an der Scharfen Lanke schleppte. Da trainierten unter dem Trainer Noack mehrere Vereins-Rennmannschaften. Für eine externe Jugendregatta gab mir mein damaliger Schulrektor am Kant-Gymnasium, Herr Dr. Brackertz, einen Sonnabend frei, aber nur unter der einen Bedingung, daß ich so etwas nicht noch einmal erwünschte. Zu der Zeit konnte ich den gewaltigen Start des Ratzeburger Achters ehrfürchtig erschauernd von einem Steg in der Laubenkolonie neben den Startprämen an der Scharfen Lanke beobachten. Dann kam etwa 1962 die Idee der Renngemeinschaft Spandau, verfolgt und verwirklicht von Hans Adolphs und Hans Budzynski und anderen. Ein Glücksfall war, daß damals Hans Lenk bald nach seinem Olympia-Achtersieg in Rom 1960 als junger Privatdozent der Philosophie in Berlin eine sportliche Bleibe suchte, sie bei Hellas Titania fand und mit seiner Prognose "Wenn Ihr ordentlich trainiert, könnt ihr bald deutscher Meister werden." eine ungeheure Begeisterung unter den ca. 20 Trainingsleuten weckte, zumal er das Wintertraining selbst beispielhaft und dabei auch mal heftig keuchend mitmachte und sogar als Trainer mit Hanne Naumann und später mit seinem eigenen Lehrer Karl Adam zusammenarbeitete.
Was will ich damit sagen? Der Ursprung jeden sportlichen Engagements in der Schulzeit ist auch im Fernsehzeitalter viel eher Neugier, spielerischer Vergleich, Spaß an einer bestimmten Sportart, durch Zuschauen und Freunde und Lehrer vermittelt, und durch lokale Ausbildung gefördert. Motorische Fähigkeiten sind Grundlage der Persönlichkeitsbildung. Der physische und mentale Vergleich, Streben nach Verbesserung und der Wettkampf, aber auch ein wenig der Neid auf Fähigkeiten oder Status anderer gehören als Antrieb zur menschlichen Spezies auf allen Ebenen des Lebens. Der Leistungssport ist nur eine unter vielen Spielarten dieses Lebensprinzips. Ich meine, dass der Wettkampfgedanke (vielleicht auch versetzt mit Aussicht auf begrenzte Publicity) bis in die höchsten Leistungsklassen vorhält, auch wenn keine lebenssichernden Prämien zu erlangen sind - sofern die Lebensperspektive neben dem Sport - in Elternhaus, Schule, Berufsausbildung und Freundschaften gestaltbar bleibt.
Das Faszinierende am Leistungssport liegt in seiner einfachen Verständlichkeit und der relativ genau messbaren, fast immer fairen Vergleichbarkeit, jedenfalls mehr im Sport als in anderen Lebensbereichen. Von allen Teilnehmern und Interessenten werden Rangordnungen im Sport in der Regel ohne Vorbehalte anerkannt. Die Prägung der Persönlichkeit, Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Selbstbewusstsein werden durch die Erfahrung eigener authentischer Leistung gefördert. Teilweise wird von Soziologen und Pädagogen auch angenommen, dass die im Sport unabdingbaren Fähigkeiten wie Konsequenz, Konzentration, Steuerung der Leistung und punktgenaue Reaktionsfähigkeit - wie anfangs erwähnt z.B. beim Start - auf Bereiche des täglichen und beruflichen Lebens übertragen werden oder übertragen werden können.
Zur Unterstützung dieser Fähigkeiten stellt das Bundesministerium des Inneren für den Breitensport und besonders für die leistungsabhängige Sportförderung außerhalb des Profibereiches Millionensummen aus Steuergeldern bereit. Als private Stiftung verteilt die Stiftung Sporthilfe Sponsorengelder an Leistungssportler. Weiterhin sind Bundeswehr und Bundespolizei großzügig in den Spitzensport einbezogen, die Ähnlichkeiten zum „Staatsamateur“ aus Zeiten der DDR sind gegeben, aber deshalb nicht schlecht. Spitzensport im Leistungssport spielt sich in Deutschland in einer größeren Vielfalt und in jeder Leistungshöhe mit viel mehr Vorbildern ab, als von Gebauer charakterisiert. Ein übergroßer Teil der Spitzenruderer sind nach wie vor Studenten, die Gebauers Thesen täglich widerlegen. Und was Gebauers Rente für Spitzensportler betrifft: Wie sollten diejenigen mit einer Sportrente bedacht werden, die gleich intensiv trainiert, in der breiteren Welt-Spitzengruppe aber keine Medaille gewonnen haben? Wie soll entschieden und finanziert werden?
So schön Ruderwettkämpfe vom Regattazug aus oder am Fernseher mit parallel zum Geschehen laufender Kamera anzusehen sind, dieser Sport ist für den Laien wenig erfühlbar, zu langsam und zu selten wird jemand überholt, das 2000 m Rennen ist eigentlich nur für Ruderer attraktiv und verständlich. Die Berichterstattung in den Medien konzentriert sich auf internationale Meisterschaften und wird dann in adäquater Länge nur in einem privaten Fernsehsender gebracht. National oder international bekannte Ruder-Heroen sind in Deutschland Ausnahmen und werden eher in Kleinbooten oder auf der Schlagposition im Achter geschaffen. Der bemerkenswerte Erfolg unseres Frauen-Doppelvierers aus Berlin bei der Weltmeisterschaft 2011 in Bled hatte vergleichsweise deutlich geringere Resonanz. Wir müssen uns damit abfinden, unsere Ruderinnen und Ruderer werden nicht übermäßig bekannt. Das mag in anderen Ländern anders sein, ein Indiz dafür scheint mir die Doping-Praxis im Rudersport zu sein. Ich hatte bisher geglaubt, das gäbe es überhaupt nicht - vor 40 Jahren bekamen wir in der Hochtrainingsphase gelegentlich mal Vitamin B1 und Vitamin C. Eine Nachsuche in den offiziellen Dokumenten der WADA ergab, dass in den Jahren 2004-2010 an die 20 Dopingsperren im Rudern ausgesprochen wurden, überwiegend in Ländern Osteuropas. Ein gesamter nationaler Ruderverband musste zurücktreten, sonst hätten dessen Athleten nicht mehr starten dürfen. Ein deutscher Ruderer war nicht dabei. Mit Freude habe ich die Stellungnahme des Aktivensprechers im DOSB gelesen, der die unangenehmen Umstände von nicht angemeldeten Kontrollen in vollem Umfang akzeptiert, auch unter einer vertretbaren Einschränkung der Persönlichkeitsrechte wie der zeitgenauen Meldepflicht. Die WADA und die NADA sind hier rückhaltlos zu unterstützen. Es ist zu wünschen, dass alle Nationen und Sportarten diesem Kontrollsystem beitreten und dass genügend Gelder vom IOC, von der FISA und den anderen internationalen und nationalen Verbänden, aber natürlich auch von den Sponsoren bereitgestellt werden. Nur so ist weitgehende Chancengleichheit herzustellen und die Gesundheit unserer Athleten zu schützen. Denken wir bitte auch daran, dass bei der häufig aus verschiedenen Gründen geforderten Freigabe von Dopingmitteln (Stichwort „wie einfach wäre dann alles“) bald unsere Kinder ohne fremde oder eigene gesundheitliche Skrupel einbezogen würden. Destruktiv ist - wie im Tagesspiegel am letzten Sonntag von Herrn Teufel verfasst - die Haltung, Dopingkontrolle sei schon seit jeher gescheitert, weil die Doper immer einen Schritt voraus seien. Das darf nie ein ernsthafter Grund sein, Doping-Bekämpfung aufzugeben, sondern muß vielmehr Ansporn sein für Forschung und wissenschaftlich belegte neue Ideen.
Ich habe mir im letzten Jahr mit meiner Frau eine nostalgische Erinnerung gegönnt - den Besuch der Ruder-Weltmeisterschaft 2011 in Bled . Da war Erinnerung an die Meisterschaft 1966, meine spätere Hochzeitsreise und der so erfolgreiche Start von Britta Oppelt aus meinem Verein Hellas Titania im Doppelvierer. Unser Erfolg 1966 im Achter war möglich, weil sich eine Idee von tatkräftigen Vereinsführern, ein Vorbild (Hans Lenk), engagierte Trainer (Adam, Lenk, Naumann), persönliche Sponsoren (Fritze Pirsch, Kurt Oppelt, Günter Bestvater, Motte Schröder und viele andere) und nicht zuletzt leistungsbereite Ruderer trafen. Den Achter 1966 haben wir Ruderer damals selbst zusammengestellt, so hat man es uns jedenfalls empfinden lassen: Nach der Saison 1965 blieben zwei Ratzeburger Achter-Ruderer übrig und 6 Ruderer aus einer ruderisch schon erfolgreichen Städtekombination Frankfurt-Karlsruhe-Berlin. Nicht ein einziger Ruderer dieser Achter-Mannschaft wurde während der Saison 1966 ausgewechselt, obwohl wir in Luzern eine empfindliche Niederlage kassierten - Sieger im kleinen Finale. Heute ist das wohl ganz anders, wiederholte Ergo-Tests, Zweier-Tests, Einer-Tests und andere auch medizinische Kriterien lassen bei zweifelhaften Wettkampf-Ergebnissen Umbesetzungen in allen Bootsgattungen und in der laufenden Saison viel häufiger zu als früher. Das ist schon etwas anderes als eine Auswechselung beim Handball, und beim Rudern eine für alle Beteiligten unter großem Leistungsdruck wohl zu akzeptierende aber für Verband, Trainer und an erster Stelle für den Athleten selbst äußerst schwierig zu handhabende Praxis. Das Phänomen des gemeinsamen Rhythmus, der Mobilisierung von gemeinsamen Leistungsreserven und des gemeinsamen Verständnisses ist dabei wie auch früher am wenigsten zu messen und doch so wichtig.
Die Ruderweltmeisterschaft 2011 in Bled war - verglichen mit anderen Weltmeisterschaften in publikumswirksamen Sportarten ein sehr lebendiges aber eher familiäres Ereignis eines eigenen Völkchens - vielleicht 4000 Zuschauer waren da, zu werten gegen ein volles Olympiastadion plus 10 andere Stadien beim Fußball. Die starken Ruderer aus Neuseeland und Australien und deren weitgereiste große und lautstarke, immer fröhliche Fangemeinde haben mich überrascht. Die deutschen Zuschauer saßen eher verteilt und waren auch nicht wie z.B. die “Aussies“ an einem eigenen Schlachtruf erkennbar.
Von den Finalrennen sind mir zwei denkwürdige Entscheidungen in fester Erinnerung: Unser Männer-Doppelzweier fuhr ein engagiertes Rennen immer etwa Bootskasten-Länge vor Neuseeland und wurde auf der Ziellinie nur deshalb abgefangen, weil Neuseeland nach einem starken Endspurt gerade zufällig am Anfang des Vorrollens mit entsprechendem Vorschub war - sechs Hundertstel gleich etwa 5 cm waren der Sieg. Und der Männer-Doppelvierer führte sicher mit Bootskasten-Länge, als ein „Krebs“ drei Schläge vor dem Ziel den Rhythmus zerstörte und das Boot auf den zweiten Platz durchschwamm. Der bärtige Übernahme-Mann Lauritz Schoof aus Rendsburg war untröstlich, auch als er die freundschaftliche Hand seines Mitruderers bei der Siegerehrung auf der Schulter spürte. Die Mannschaft hat ihn nicht hängen lassen und den Krebs als Motivationskick für London ausgegeben. Leistungssport heißt eben auch, mit Niederlagen umgehen zu können und sich in einer Mannschaft richtig einzuordnen.
Sollten wir über die Situation unseres Sports - Rudern und Leistungsrudern - froh oder traurig sein? Ich habe keinen genauen Einblick mehr in Details, nur ein Gefühl. Kein Spitzenruderer gerät in den Verdacht, mit seinem Sport Geld verdienen zu wollen oder zu können. Gelegentlich kommen bekannte Ruderer in der Presse zu Wort, auch das nur zeitlich begrenzt. Ist nicht diese Abgeschiedenheit auch ein Wert an sich, den wir mit anderen Sportarten teilen? Abseits von übergroßer Publicity mit ihren eigenen Gefahren, abseits von Weltrekordzeiten und direktem Verletzungs-Körperkontakt. Wir können uns durch Rudern auf beste Gesundheitsförderung in freier Natur verlassen, Leistungsrudern hat fast überhaupt kein medizinisches Gefährdungspotential. Fast alle Muskelgruppen - wie in keiner anderen Sportart - und der Kreislauf werden fit gehalten, so lange bis nach Jahrzehnten eventuell die kranke Hüfte uns nicht mehr aus dem Boot hochkommen lässt. Die Steuerung des ruderischen Spitzensports ist schwierig und wird vom DRV und seinen Organisationen verantwortungsvoll gestaltet, Probleme bleiben da nicht außen vor. Die Erfolge der letzten Jahre ermutigen.
In Bled bin ich mit Michael Weissenberger zusammengetroffen, der die
Stiftung Rudern im Ruderclub Deutschland führt. In meinen Augen ist dies eine ausgesprochen honorige Vereinigung mit Förderung von Spitzenathleten bei speziellen Problemen, aber auch mit der Förderung des Behinderten-Ruderns (z. B. in Bled) und auch des Wanderruderns. Ursprünglich war der Ruderclub Deutschland eine Vereinigung von erfolgreichen Spitzenruderern zu geselligem Anlass, jetzt in einer Stiftung ideell gewandelt mit dem genannten sozialen Aspekt. Es gibt nur ein Problem. Die vielen jahrelang geförderten Ruderer aus der höchsten Klasse können nicht richtig einbezogen werden und sehen selten eine Verpflichtung zur Beteiligung, sobald sie den Leistungssport aufgeben. Das gleiche gilt für die Rudervereine in Deutschland bei der Frage nach einem symbolischen Beitrag. Wer das verbessern möchte und mehr dazu wissen will, der schaue sich die jetzt in meinen Augen hervorragend gestaltete Webseite des DRV an.
„Mein Leistungssport - lohnt sich das?“ Die Bilanz fällt ganz klar positiv aus. Rudern ist der Mannschaftssport an sich, wie der Dichter Rudolf Hagelstange für den Achter formuliert hat. Das Boot erzwingt Nähe bis auf wenige Zentimeter. Gemeinsame Anstrengung ist im Boot nicht aufteilbar. In keinem anderen Sport ist konzentrierter gleicher Schwung für rhythmisches Gleiten auf glattem Wasser - in eine Richtung, die man nicht sieht - solch ein Erlebnis. Das Wohlgefühl unter der Dusche nach einem überstandenen Rudertraining ist dauerhaft nachfühlbar. Die Freude nach einem Sieg setzt sich tief in die Erinnerung. Erfolge bei Meisterschaften habe ich in Bewerbungen genannt und nicht verschwiegen. Mein Studium war grundsätzlich nicht behindert, der Sport hat mich beruflich und familiär enorm bereichert. Der Leistungsgedanke hält bis heute, zuletzt bei der von Michael Hehlke und anderen so hervorragend gestalteten Langstrecken-Regatta „Quer durch Berlin“. Wir wollten bei Hellas-Titania eigentlich eine Oldie-Mannschaft des Clubs in der offenen Gig Doppel-Achter Klasse melden. Als der willige Oldie- Kreis immer mehr schrumpfte fragten wir die jüngeren Aktiven in unserem Verein, die ohne zu zögern mitmachten und Spaß an der Vorbereitung hatten. So startete schließlich ein Vereins-Achter aus drei Ruder-Generationen von 18-70, der einen guten dritten Platz hinter zwei jungen Berliner Vereins-Mannschaften aus einer Generation von 18-30 belegte. Die Jungs waren wohl vom ausgeschriebenen Preis der Veolia (einem Ruder-Ergometer, gedacht als Preis für den etwas breiteren Vereinssport) übermäßig fasziniert.
Nicht nur diese kleine Geschichte bestätigt: Ruder-Leistungssport lohnt sich allemal. Wir sollten ihn in allen Facetten erhalten und den Verantwortlichen, den Ausbildern und Trainern helfen und ihnen danken. Humaner Leistungssport - dieses Ziel ist kein Widerspruch in sich, so hat es zuletzt der ehemalige Skispringer und jetzige Pädagoge Toni Innauer formuliert. Humaner Leistungssport sollte auch gerade im Rudern unser Motto sein.
Referat auf dem Flaggentag der Berliner Ruderinnen und Ruderer- Landesruderverband Berlin am 22.1.2012 im Bärensaal des Alten Stadthauses