Zum 80. Geburtstag des DRV-Ehrenpräsidenten Dr. Claus Heß
"Jugend voran" hieß das Motto des 38. Deutschen Rudertages 1966 in Lübeck, und die Delegierten nahmen seinerzeit in der norddeutschen Hansestadt diese Zielvorgabe ernst. Per Akklamation wählten sie einstimmig den damals erst 32-jährigen Meisterruderer Claus Heß zum neuen Vorsitzenden des ältesten deutschen Sportverbandes. Der Würzburger wurde damit Nachfolger des verdienstvollen Walter Wülfing, der nach zwei Jahrzehnten Aufbauarbeit für den deutschen Rudersport das Führungsamt in jüngere Hände übergab.
Claus Heß wurde am 23. Juni 1933 in Düsseldorf geboren, machte dort 1953 am Lessing-Gymnasium sein Abitur und schloss das Studium der Volkswirtschaft an den Universitäten Köln und Würzburg 1956 als Diplom-Volkswirt ab. 1958 folgte die Promotion in Würzburg, wo er auch im März 1957 die Ehe mit Helga Schöll geschlossen hatte. Zwei Söhne, Peter (1958) und Matthias (1966) und drei Enkel gingen aus der Ehe hervor. In seiner beruflichen Laufbahn wurde Heß in der fränkischen Universitätsstadt am Main zunächst Prokurist und dann Chef einer großen Firma für Büroorganisation.
Die sportliche Laufbahn begann er als Schüler 1947 im RC Germania 04 Düsseldorf und gewann für den traditionsreichen Verein zahlreiche Rennen. Zu den größten Erfolgen zählen mehrere Deutsche Meistertitel, der Olympiastart 1956 in Melbourne und schließlich als Höhepunkt der Gewinn der Europameisterschaft im Vierer mit Steuermann 1959 in Macon. Für diese hohen sportlichen Leistungen wurde Claus Heß 1960 vom Bundespräsidenten mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.
Schon früh übernahm Dr. Claus Heß nach der Aktivenzeit Führungsaufgaben im Deutschen Ruderverband: zunächst ab 1961 im Ausschuss für Pressewesen, ab 1962 dann im Verbandsausschuss, seit 1964 als Verantwortlicher des Ausschusses für Lehrwesen und den "Zweiten Weg" und seit 1965 als Vorsitzender des Ausschusses für Leistungssport. Als damals jüngster Präsident eines bundesdeutschen Sportverbandes setzte er ab 1966 deutliche Zeichen: in der Förderung des Leistungssports, im Aufbau einer starken Breitensportbewegung im Rudersport, aber auch in dem Bemühen, auf breiter Ebene Führungsnachwuchs für die Sportorganisationen zu gewinnen.
Die Führungsqualitäten des jungen DRV-Präsidenten wirkten aber weit über den deutschen Rudersport hinaus. Im Deutschen Sportbund arbeitete er ab 1969 zunächst im Vorstand und dann zeitweise als Vorsitzender des Bundesausschusses für Leistungssport (BAL) mit, war viele Jahre Vorsitzender des Beirats der Spitzenverbände im BAL, gehörte als einer der Vertreter der Sportorganisationen der Deutschen Sportkonferenz an und nahm als stellvertretender Vorsitzender auch Führungsaufgaben in der Stiftung Deutsche Sporthilfe wahr. Heß war Vizepräsident des NOK für Deutschland von 1974 bis 1993 und vertrat in dieser Funktion auch den NOK-Präsidenten im Präsidium des Deutschen Sportbundes. Er gehörte mit Willi Daume zu den Gegnern des Olympiaboykotts von Moskau 1980 und hat sich mit Nachdruck gegen die wachsende Kommerzialisierung und Professionalisierung nicht nur in der Olympischen Bewegung zur Wehr gesetzt.
Über 25 Jahre leistete Claus Heß Führungsaufgaben im Internationalen Ruderverband (FISA), seit 1968 als Mitglied des FISA-Conseils und von 1979 bis 1993 als Vizepräsident der FISA. Er legte die Grundlagen für eine moderne Organisation der FISA, rief Trainerseminare ins Leben und gilt als der Begründer der Entwicklungshilfe im internationalen Rudersport. Für sein jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement wurde Heß u.a. mit der Ehrenpräsidentschaft des Deutschen Ruderverbandes, der Ehrenmitgliedschaft des NOK für Deutschland, dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und dem Olympischen Orden ausgezeichnet. Die FISA ernannte ihn zu ihrem Ehren-Vizepräsidenten.
Auch wenn sich Claus Heß in den letzten Jahren aus der unmittelbaren Mitarbeit im DRV und in der FISA zurückgezogen hat, ist er seinen alten Freunden und Sportkameraden auch über die Mitgliedschaft im "Ruderclub Deutschland" weiterhin eng verbunden. Seinen 80 .Geburtstag wird er mit seiner Frau am 23. Juni auf einer Kreuzfahrt auf hoher See feiern.
Friedrich Mevert