23. Jan. 2017 | Verband | von Judith Garbe

Effizientes Leistungssportseminar in Hannover

Am Wochenende fand in Hannover das Leistungssportseminar statt. Rund 150 Teilnehmer haben den Weg in die niedersächsische Landeshauptstadt auf sich genommen.

Nach der Begrüßung am Freitagabend durch den DRV-Vorsitzenden Siegfried Kaidel gab Cheftrainer Marcus Schwarzrock einen Rückblick auf den Olympiazyklus 2013-2016 mit dem Schwerpunkt auf den Erfolgen der Olympischen Spiele in Rio 2016. Die Zielvereinbarung des DOSB über 4 Jahre wurde erfüllt. Über Platz 2 im Medaillenspiegel kann man stolz sein, allerdings haben sich aus DRV-Sicht zu wenige Boote für das A-Finale qualifiziert. Zudem sei die physiologische Leistungsfähigkeit auf ganzer Breite noch nicht ausreichend. „Sowohl bei Weltmeisterschaften als auch Olympischen Spiele ist eine stetig steigende Dichte in der Spitze erkennbar“, erklärte Schwarzrock und unterstrich damit die Notwendigkeit nach einer neuen Reform.

Disziplintrainer erläutern Stärken und Schwächen

Am Samstagvormittag sprachen die einzelnen Disziplintrainer über die Stärken und Schwächen sowie die Trainingsschwerpunkte im vergangenen Olympiazyklus. Sven Ueck, Bundestrainer Frauen Skull, nannte unter anderem die Minimierung der Trainingsausfälle durch Krankheit, die Sensibilisierung von Sportlern für den Aufwand, den sie betreiben (Uni/Beruf und beim Training), die Umsetzung des technischen Leitbildes des DRV, ganzjährige Messbootunterstützung sowie physiologische und konditionelle Weiterentwicklung als essentielle Punkte für die kommenden vier Jahre. Ein großes Dankeschön gab es für die Menschen, die die Fäden im Hintergrund ziehen: Heimtrainer, Ärzteteam, Wissenschaftler und Messboot-Trainingssteuerung. Ihre Arbeit ist ein wichtiger Grundstein für den Erfolg auf internationaler Ebene.

Jochen Weber, Trainer des paralympischen Teams, monierte die wenigen gemeinsamen Trainingsminuten und rief die Vereine auf, mehr für paralympische Sportler zu werben. 

 

In Workshops wurden Stärken und Schwächen der einzelnen Disziplingruppen erarbeitet. Foto: DRV/Seyb

Was war gut, was war schlecht?

Im Anschluss ging es in die einzelnen Workshops zur Sammlung von Stärken und Schwächen der olympischem Disziplingruppen (Frauen Riemen, Frauen Skull, Männer Riemen, Männer Skull, Leichtgewicht und Paralympisch). In Gruppen mit 7 bis 30 Teilnehmern wurden zusammen mit unabhängigen Moderatoren unter Anwendung der Koffermethode untersucht, was in den vergangenen vier Jahren gut und nicht gut lief. Anhand dieser Fakten wurden dann gemeinsam Ergebnisse abgeleitet, die die Disziplin in diesem Olympiazyklus nach vorne bringen sollen. Die Resultate werden jetzt im Nachgang von der Leistungssportabteilung analysiert.

Datenbank für besseres Monitoring

Nach der Mittagspause begann dererste wissenschaftliche Block. Dr. Gunnar Treff, wissenschaftlicher Koordinator des DRV, stellte sowohl aktuelle als auch schon abgeschlossene wissenschaftliche Projekte vor. Derzeit läuft unter anderem das Projekt der Analyse von Gieren und Stampfen des Rennruderbootes. Ein Großprojekt für den Zeitraum 2016-2020 ist das mobile Messsystem mit FES, Uni Hamburg und dem DRV als Partnern. Zudem ist das Ziel, ein besseres Training- und Leistungsmonitoring mit Hilfe einer Datenbank zur Trainings-, Leistungs- und Gesundheitserfassung zu erstellen. Danach referierte Treff über polarisiertes Training im Rudern vs. DRV-Modell und stellte die Ergebnisse der Trainingsstudie PolRow vor. Prof. Dr. Mark Pfeiffer von der Johannes Gutenberg Universität Mainz erläuterte die simulative Trainingswirkungsanalyse im Rudern und zum Abschluss präsentierte Mark Amort, Trainingswissenschaftler Rudern (Messbootspezialist), das aktuelle Ruderleitbild des DRV im Vergleich mit anderen Nationen. Das Leitbild ist ein abstraktes Vorgabemodell für das Techniktraining. Anhand einer Studie mit Marcel Hacker wurde die richtige Ruderhaltung analysiert. Dabei wurde auf die Ausgangslage, Vorlage, Überlagerung, Beinstreckung, Rücklage und das Anrollen eingegangen. Es gibt einen Spielraum individueller Ausprägungen, solange mannschaftliche Passfähigkeit ermöglicht wird. Das größtmögliche Erfolgspotential lauert laut Amort in den Großbooten. 

Der zweite wissenschaftliche Block drehte sich um die Entwicklung anthropometrischer Messgrößen der U19-Nationalmannschaft in den letzten 25 Jahren (Kay Winkert). Demnach haben größere Athletinnen und Athleten bessere Chancen auf Erfolg bei den Erwachsenen als kleinere Sportler. Dr. Gunnar Treff stellte den experimentellen Vergleich der Leistungsberechnung von Ruderergometern mit und ohne FES-Modifikation vor. Den Abschluss machte Prof. Dr. Dr. Jürgen Steinacker, Mannschaftsarzt der U19, mit der Laboranalyse 2.0: Diagnostik von Belastungs- und Überlastungszuständen mit blutbasierten Messgrößen.

Beim gemeinsamen Abendessen wurde der Tag dann noch einmal Revue passiert.

Zukünftig wird es drei Cluster geben

Am Sonntag, dem letzten Seminartag, stellten Sportdirektor Mario Woldt und Cheftrainer Marcus Schwarzrock die Neustrukturierung des Leistungssport und dessen Umsetzung sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf den Deutschen Ruderverband vor. Nach einer ersten Einschätzung gibt es demnächst drei Cluster: Exzellent Cluster, Potential Cluster und Cluster mit wenig Potential. Diesem Konzept folgt  die Stiftung Deutsche Sporthilfe, die ein Top Team (derzeit 21 Athleten) und ein Top Team Future (68 Athleten) vorsieht. Alle übrigen Kaderathleten werden von ihr nicht mehr gefördert.  Ausführliche Infos zur neuer Leistungssportreform finden Sie hier.        

Zum Abschluss standen Siegfried Kaidel, Mario Woldt und Marcus Schwarzrock den Teilnehmern Rede und Antwort.

Zum Abschluss der Veranstaltung stellten sich der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel, Mario Woldt und Marcus Schwarzrock den Fragen der Teilnehmer, moderiert wurde die angeregte und aufschlussreiche Diskussion von Dag Danzglock, stellvertretender Vorsitzender und Reinhardt Grahn (Vorsitzender Fachressort Bildung, Wissenschaft und Forschung). Dabei gab es Fragen zu den zukünftigen finanziellen Mitteln, der Strukturierung der Stützpunkte, zur Anzahl der Trainer sowie zum möglichen Wegfall des Leichtgewichtsruderns bei Olympischen Spielen. „Ich kämpfe dafür, dass es olympisch bleibt, aber es muss auch realistisch und umsetzbar sein“, erklärte Kaidel und fügt hinzu. „Es wird eine Abstimmung der Verbände bei der Vollversammlung der FISA geben, dieses Ergebnis wird dann an das IOC weitergeleitet, welches die finale Entscheidung trifft.

Alles in allem war es ein sehr gelungenes Seminar mit interessanten Vorträgen, effizienten Workshops und spannenden Diskussionen. Ein großes Dankeschön an alle Referenten und Organisatoren. 

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