02. Nov. 2018 | Verband | von Judith Garbe

Zur Eröffnungsfeier des Rudertages

Denis Oswald philosophierte bei der Eröffnungsfeier des 64. Deutschen Rudertages über die Werte des Sports.

IOC-Mitglied Denis Oswald hat am heutigen Freitagabend den 64. Deutschen Rudertag in Münster eröffnet. In seiner Rede gedachte der ehemalige Leistungsruderer dem im April dieses Jahres verstorbenen DRV-Ehrenvorsitzenden, Dr. Claus Heß und philosophierte über die Glaubwürdigkeit und den Stellenwert des Sports in der heutigen Gesellschaft.  

Überhöhte Kosten für die Olympischen Spiele in Sotschi, der Bau unnötiger Stadien zur Fußball-WM in Brasilien, spektakuläre Verhaftungen von FIFA-Sportfunktionären, Wettbetrug, sexueller Missbrauch oder die Offenlegung eines institutionalisierten Dopingsystems – an Negativschlagzeilen hat es in den vergangenen Jahren nicht gemangelt. Sie haben sogar dazu geführt, dass die Bevölkerungen in Hamburg, Oslo oder Graubünden hinsichtlich einer Olympia-Bewerbung des eigenen Landes für Nein gestimmt haben und den Sportlern damit den Traum von Olympia im eigenen Land genommen haben.

Wie kann der Sport seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen?

Doch wie hat es so weit kommen können? Diese Frage stellt sich auch Denis Oswald. Der 71-jährige Schweizer beschäftigt sich schon länger mit dem Thema, wie der Sport es schaffen kann, seine Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Dafür bedarf es laut Oswald einer ernsthaften Selbstbeobachtung und einer eingehenden Analyse der Gründe, die zur jetzigen Situation geführt haben.

Einen großen Anteil daran haben für ihn der Mangel an Ehrlichkeit und die Bereitschaft zum Betrug – Faktoren, die Claus Heß sein ganzes Leben lang versucht hat zu bekämpfen. Doch Betrügerei findet sich nicht nur im Sport, es zieht sich durch alle gesellschaftlichen Bereich. Aber im Sport erwarten Menschen mehr Integrität als anderswo, deshalb stößt es hier besonders negativ auf. An dieser Stelle müssen wir laut Oswald ansetzen und uns der Herausforderung stellen – aufgeben ist keine Option. Was der Sport braucht ist eine neue Generation von Menschen wie Claus Heß, die an einen sauberen Sport glauben, seine Werte in den Vordergrund stellen und eine klare Philosophie vertreten, ohne sich von den anderen externen Interessen ablenken zu lassen.

Im Rudern werden die Werte geschützt

Der Rudersport hingegen ist bisher von größeren Skandalen verschont geblieben und hat es geschafft, die eigenen Werte wie Entwicklung des Individuums und internationale Verständigung zu schützen. Dank Teamwork, Respekt, Engagement, Integrität und den Sinn für Fair Play werden Ruderer unabhängige und verantwortungsvolle Individuen, die bereit sind, den Realitäten des Lebens zu begegnen und die Werte zu teilen, die man mit anderen zusammen erreicht. Durch die internationalen Regatten wird der freundschaftliche Kontakt zwischen den Teilnehmern erhalten und trägt zu einem besseren Verständnis zwischen Menschen und Ländern bei. Ruderer sind eine „weltweite Familie“, die auf den Idealen von Frieden, Freundschaft, Fairness, Verständnis und gegenseitiger Hilfe basiert.

Auch der Rudersport steht vor Herausforderungen

Herausforderungen machen aber auch vor dem Rudersport kein Halt. Als Beispiel sind hier die neuen (Spaß-) Sportarten aufzuführen, beispielsweise Skateboard, BMX fahren oder Klettern, welche immer mehr (mediale) Aufmerksamkeit bekommen. Dadurch wird es immer schwieriger, junge Leute vom Rudern zu überzeugen. Rudern ist eine der anspruchsvollsten Sportarten, die einen hohen Trainingsaufwand erfordert, aber nicht einmal die besten Athleten bekommen öffentliche oder finanzielle Anerkennung. Zudem ist die Folge, dass durch das Auftauchen neuer Sportarten das olympische Programm beeinflusst wird und alte Kernsportarten den „neuen“ immer mehr Raum geben müssen. Als internationaler Verband mit dem drittmeisten Athleten steht der Rudersport natürlich ganz oben, wenn es darum geht, Platz für Trendsportarten zu schaffen. Zudem ist das Thema Gewichtsklasse aktueller denn je. Das IOC zieht in Betracht, Gewichtskategorien nur noch aus Sicherheitsgründen und in Kampfsportarten als zulässig einzustufen. Folglich würde das Leichtgewichtsrudern komplett aus dem olympischen Programm fliegen. Wenn es um Parität der Bootsklassen geht, macht das IOC ebenfalls Druck. Oswald stuft diese Entwicklung als richtigen Weg ein, allerdings wäre seiner Meinung nach etwas mehr Zeit als bis Tokio2020 erforderlich gewesen.

Rudern als Kernsportart sieht das IOC-Mitglied aber nicht gefährdet. „Wir werden als Festung angesehen, in der die olympischen Werte aufbewahrt werden.“

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