19. Okt. 2020 | Verband | von Deutscher Ruderverband

Ordentlicher und außerordentlicher Kongress der FISA

Online Kongress der FISA.

Nationen beschließen die Aufgabe des Leichtgewichtsruderns und die Aufnahme der Disziplin Coastal Rowing mit drei Bootsklassen ins olympische Programm 2024.

Am vergangenen Wochenende wurden die ordentliche und die außerordentliche Vollversammlung der FISA erstmalig in einem virtuellen Format abgehalten. Die Treffen waren in drei tägliche Sitzungen von zwei bis drei Stunden aufgeteilt. Dem „Extraordinary-Congress“ im nacholympischen Jahr sind Änderungen der Statuten (Satzung) und des Regelwerkes für Wettkämpfe vorbehalten. Um die Kongresse in dieser kompakten Form abhalten zu können, waren im Vorfeld bereits Videos mit Hinweisen und Erklärungen zu den diversen Änderungen veröffentlicht worden und es gab im September zwei Videokonferenzen mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die Interessen des Deutschen Ruderverbands wurden im gesamten Ablauf vom stellvertretenden Vorsitzenden Dag Danzglock sowie Generalsekretär Jens Hundertmark und Sportdirektor Mario Woldt wahrgenommen. „In einer abschließenden Bewertung bleibt der Eindruck, dass die Dominanz der FISA-Führung gegenüber den Nationen ausgebaut wird“, lautet die Bilanz von Dag Danzglock zum Format der Versammlungen. Zwar war das Vorgehen in diesem Jahr alternativlos, „aber die Nationen haben kaum eine Möglichkeit, sich zu den Vorschlägen direkt auszutauschen und nach der spärlichen „Diskussion“ abzusprechen.“

Am Freitag standen in der jährlichen Vollversammlung (Ordinary-Congress) zunächst die Entgegennahme der Berichte und die Verabschiedung des Haushalts für die Jahre bis 2024 auf der Tagesordnung. Die Finanzplanung ist aufgrund der Unsicherheiten aus der weltweiten COVID-19 Pandemie auch bei der FISA zunächst sehr zurückhaltend aufgestellt. Die Italienerin Paola Grizetti leitet nach einer Kampfabstimmung zukünftig die Para-Commission und rückt in das Council auf. Sie folgt Fay Ho (Honkong), die zukünftig Asien vertritt.

Am Samstag wurden im Extraordinary-Congress die anstehenden Regeländerungen erörtert und am Sonntag dann final abgestimmt.

Strukturelle Veränderungen – Quotenregelung

Mit einer deutlichen 2/3-Mehrheit beschloss die Versammlung die Einführung einer Quotenregelung für die Benennung der Delegierten auf den FISA-Kongressen. Sobald eine Nation mehr als einen Delegierten meldet, müssen beide Geschlechter vertreten sein. Dag Danzglock zeigte sich bereits im Vorfeld der Abstimmung skeptisch gegenüber der Wirksamkeit einer solcher Quotenregelungen: „Sie hilft dem Ziel der Teilhabe beider Geschlechter nicht, schränkt aber die Nationen in ihrer Teilnahme ein. Die Quote wird in der Praxis eher dazu führen, dass insgesamt weniger Delegierte zu den Kongressen anreisen und damit noch weniger Diskussion stattfindet.“

Zukünftig sind Verteilung der Aufgaben von Council und Executive Committee sowie die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Präsident und Executive Director klarer gefasst. Die Geschäftsführung soll eindeutig im geschäftsführenden Vorstand liegen, während sich das Council vorrangig sportfachlichen Fragen widmet. Die bisherige Rowing for All Commission wird in eine Coastal Rowing und eine Indoor Rowing Commission aufgeteilt. In der neuen Struktur spielt dann das Recreational Rowing (Wanderrudern und Breitensport) im kommenden Zyklus nur eine untergeordnete Rolle innerhalb des Coastal Rowing. Fragen der Gleichstellung, der Entwicklung der Regatten und der Aus- und Weiterbildung der Trainer werden in Zukunft nicht mehr in eigenständigen Kommissionen, sondern im Sinne einer Matrixstruktur von übergreifenden Arbeitsgruppen gestaltet.

Bemerkenswert ist, dass die FISA in Zukunft in der Öffentlichkeit auf den altbekannten Namen und das Logo mit den vier Buchstaben verzichten wird, dafür in allen Bereichen auf die Marke „WorldRowing“ setzt.

Der DRV stellte sich demonstrativ hinter einen Vorschlag des Schwedischen Ruderverbands, die äußerst starren Werberichtlinien zu lockern und ein vollständiges Sponsorenbranding der Abdeckungen der Bug- und Heckkästen zu erlauben. Im Zeitalter der Drohnenvideos ist dies eine wertvolle Werbefläche! Jens Hundertmark forderte dabei vom Council der FISA den Beginn eines Paradigmenwechsels im Bereich der Werberichtlinien ein. Eine Abstimmung über den schwedischen Vorschlag gab es nicht, da die Ausgestaltung der Werberichtlinien in den Zuständigkeitsbereich des Council fällt. Die FISA hat zugesagt, zur nächsten Versammlung in Shanghai 2021 einen Vorschlag zu unterbreiten.

Abschaffung bestehender – Einführung neuer Bootsklassen im olympischen Programm 2024

Zum Abschluss kam es zur Abstimmung über den seit nun drei Jahren intensiv diskutierten Vorschlag für das Programm der olympischen Regatta in Paris 2024. Das IOC hatte 2017 einen intensiven Denkprozess über die Zukunft des Leichtgewichtruderns angemahnt und klar zum Ausdruck gebracht, dass Gewichtsklassen nur in Sportarten zugelassen sein sollen, in denen Sicherheitserwägungen diese sinnvoll erscheinen lassen. Ein klarer Fingerzeig für das Ende des Leichtgewichtruderns aus Sicht des IOC. Für die FISA war es seitdem vorrangig, die Fäden der Entscheidung selbst in der Hand zu behalten, um die zwischen den Sportverbänden umkämpften olympischen Quotenplätze weitgehend zu verteidigen. Daher lautete der zur Abstimmung gebrachte Vorschlag, die beiden leichten Doppelzweier (männlich und weiblich) aus dem Programm zu nehmen und dem IOC stattdessen die Aufnahme der beiden Coastal Einer (männlich und weiblich) und eines Coastal Mixed-Doppelzweiers vorzuschlagen. Eine Festlegung auf die Ausgestaltung der Coastal Rennen gab es nicht, um in der Diskussion mit den Ausrichtern maximale Flexibilität zu haben. Die abschließende Entscheidung trifft das IOC noch in diesem Jahr.

Für Sportdirektor Mario Woldt war es ein denkwürdiger Tag für den Rudersport. „Auf der einen Seite bedauern wir das Ende des Leichtgewichtruderns im olympischen Programm nach 24 Jahren“, so Woldt im Anschluss an die Abstimmung. „Auf der anderen Seite sehen wir nun mit Spannung dem Aufbau einer völlig neuen Disziplin Coastal Rowing im Leistungssport entgegen.“ Dag Danzglock ergänzt: „Wir haben die Konsequenzen mit den Aktiven in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert. Für uns ist es nicht das Ende des Leichtgewichtsruderns - wir werden weiterhin auf nationaler Ebene und bei internationalen Regatten die leichten Bootsklassen besetzen.“