Auf dem Weg zu einer besseren Physis
Die physische Leistungsfähigkeit und rudertechnischen Fertigkeiten sind zwei zentrale Faktoren für Erfolge im Rennrudersport. Nicht ausgeschöpfte Potentiale wirken sich daher negativ auf die Resultate und Erfolge aus. Es ist deshalb erfreulich, dass seit 2022 ein Aufwärtstrend in der physischen Entwicklung der Athletinnen und Athleten erkennbar ist. Die Ergebnisse auf dem Ruderergometer entwickeln sich langsam nach oben. Alle Aktiven und deren Trainerinnen und Trainer arbeiten disziplinspezifisch hart an der Physis und damit ihrem Erfolg. Insbesondere innerhalb der letzten sechs Monate sind über den Winter deutliche Verbesserungen in den Tests zu erkennen. Durch trainingsmethodische Anpassungen haben aktuell in allen Bereichen deutlich mehr Athletinnen und Athleten als in den Vorjahren den jeweiligen Mindestwert auf dem Ruderergometer erreicht, der ein wichtiger Marker für die Wettkampffähigkeit in der Weltspitze darstellt. Insbesondere der Frauen-Skull Bereich kann hier eine breitere Masse an Topwerten verzeichnen. In allen anderen Disziplinen besteht trotz der insgesamt positiven Entwicklung noch Potential, das verstärkt gehoben werden soll.
„Im Vergleich zum Niveau früherer vorolympischer Jahre hinken wir noch hinterher“, analysiert Sportdirektor Mario Woldt. Die Werte der Athletinnen und Athleten auf den Ruderergometern von Concept2 haben sich im Vergleich zum Vorjahr schon verbessert, sind aber noch weit entfernt vom Höchstniveau von 2016.
Entwicklung seit Olympia 2016
Mit den Olympischen Spielen in Rio 2016 und dem Höhepunkt unseres Leistungsniveaus (zwei Mal Gold, einmal Silber, Platz 2 in der Nationenwertung) kam ein Einbruch der Leistungskurve. Speziell die Physis vieler Sportlerinnen und Sportler war für die Weltspitze nicht ausreichend. Grund dafür ist ein Generationswechsel mit vielen jungen Aktiven im Team. Verstärkt wurde die Tendenz noch durch die Corona-Pandemie, welche vielen Sportlerinnen und Sportlern nicht entgegenkam – ausschließliches Heimtraining und Erkrankungen sind nur zwei limitierende Faktoren dieser Zeit gewesen. Im Vergleich: Von 2012 bis 2016 gab es eine enorme Steigerung der Leistung, welche 4 Jahre gebraucht hat und dieser Zeitraum ist für eine solche Entwicklung realistisch.
Um sportlich wieder an bessere Zeiten anknüpfen zu können, musste daher verstärkt an der individuellen Physis gearbeitet werden. Veränderungen sind jedoch nur in kleinen Schritten möglich und ein Blick in die Vergangenheit mahnt zu einer realistischen Betrachtung der Erfolgsaussichten für die vorolympische Saison.
Ergometer und Rudern – zwei verschiedene Aspekte?
Seit diesem Jahr wurde ein Mindestwert auf dem Ergometer über die Wettkampfdistanz von 2000m als ein Kriterium für die Nominierung zur Nationalmannschaft vorgegeben:
Männer Riemen |
Männer Skull |
Lgw. Männer |
< 06:00,0 Min. |
< 06:00,0 Min. |
< 06:14,0 Min. |
Frauen Riemen |
Frauen Skull |
Lgw. Frauen |
< 07:00,0 Min. |
< 07:00,0 Min. |
< 07:10,0 Min. |
Das Ruderergometer und das Rudern auf dem Wasser sind zwar zwei unterschiedliche Aspekte, dennoch ist das Ergometer eine Widerspiegelung der Physis der Athlet:innen. Ohne rudertechnische Vervollkommnung ist die Weltspitze genauso wenig erreichbar wie ohne perfektionierte Physis. Das Zusammenspiel aller Aspekte – Rudertechnik, Physis, Mentalität, unbedingter Wille - ist die Erfolgsmischung und verhilft zu Olympia-Erfolgen.
Saison 2023
„In der Nationalmannschaft haben wir in den letzten Jahren viele junge Athletinnen und Athleten aufgenommen, die noch Zeit und Erfahrung brauchen, um sich angesichts des oft jungen Ruderalters zu entwickeln. Sie nehmen diese Herausforderung an, arbeiten an sich und haben sich viel vorgenommen. Die aktuelle Entwicklung geht voran, so wie wir es erwartet haben. Dennoch sind Ansprüche mit Blick auf Olympia 2024 im Laufe des Jahres hoch“, sagt Sportdirektor Mario Woldt. Das Ziel ist es, bei der Weltmeisterschaft in Belgrad vom 3. bis 10. September 2023 möglichst viele Boote für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren. Cheftrainerin Brigitte Bielig sieht es realistisch: „Viele Leistungen haben sich verbessert und ich bin positiv gestimmt. Nichtsdestotrotz sind sie noch nicht überall auf einem Niveau, um stabil ganz vorne mitzufahren.“
Der erste internationale Test wird die Europameisterschaft in Bled (Slowenien) vom 26. bis 29. Mai 2023 sein. Hier wird sich zeigen, wie sich das deutsche Team international positioniert und wie es im Vergleich zu den anderen europäischen Nationen aus den Wintermonaten gekommen ist.