Boat Race 2025: Ein Rückkehrer vom Baldeneysee, olympischer Glanz – und das ewige Duell auf der Themse
Wenn am Sonntag, dem 13. April, um Punkt 14:21 Uhr mitteleuropäischer Zeit der erste Startschuss für die Frauen fällt, steht in London mehr auf dem Spiel als die Vorherrschaft zweier britischer Eliteuniversitäten. Das Boat Race 2025, das traditionsreiche Achterduell zwischen Oxford und Cambridge, ist längst auch ein internationales Kräftemessen geworden – und mittendrin: zwei deutsche Ruderinnen und zwei deutsche Ruderer, die nicht nur das Wasser der Themse durchpflügen, sondern auch ihre ganz persönlichen Geschichten mitbringen.
Von Essen über Princeton nach Oxford – die Geschichte des Tassilo von Müller
Einer von ihnen ist Tassilo von Müller, 25 Jahre alt, 1,99 Meter groß, Student der Ingenieurwissenschaften an der University of Oxford – und ein Rückkehrer. Nachdem er 2023 auf Schlag das Rennen verlor und 2024 pausierte, hat er sich 2025 eindrucksvoll in den Oxford Men’s Blue Boat zurückgekämpft – diesmal auf Position 5. Geboren und aufgewachsen in Essen, begann seine Karriere im Alter von zwölf Jahren beim Ruderklub am Baldeneysee, wo er im Juniorenbereich zahlreiche nationale Meistertitel errang.
Schon früh galt er als eines der größten Talente seines Jahrgangs. 2018 ging er zum Studium an die Princeton University (USA) – dort, wie in Deutschland, blieb der Erfolg im Achter nicht aus. In den Semesterferien trat er bei U23-Wettbewerben an, krönte seine Laufbahn 2021 mit dem Deutschen U23-Meistertitel und Bronze bei der WM in Racice – sein bisher einziger internationaler Einsatz für Deutschland.
2025 kehrt er mit neuer Kraft zurück in den Oxford-Achter – und blickt auf ein Boot, das mit olympischer Schlagkraft ausgestattet ist: Vor ihm auf der 6 sitzt der Neuseeländer Tom Mackintosh, Olympiasieger von Tokio 2021. Dahinter, auf den Positionen 7 und Schlag, die Olympia-Rückkehrer von Paris 2024: Nick Rusher (USA, Bronze im Achter) und Nicholas Kohl (Deutsch-Italiener), Vierter im italienischen Vierer ohne. Kohl, 26 Jahre alt und Student am Wolfson College, gibt auf Position 8 den Takt vor – und steht für die internationale Schlagkraft, mit der Oxford 2025 zum Gegenschlag ausholt.
Auch die Frauenboote mit deutscher Beteiligung
Nicht weniger beeindruckend ist die deutsche Präsenz bei den Frauen: In Oxfords Women’s Blue Boat sitzt die Kölnerin Lilli Freischem auf der 2er-Position. Die 1,80 Meter große Athletin studiert am Reuben College und trägt ihren Teil zum kampfstarken Dark-Blue-Boot bei. Interessant: Ihre jüngere Schwester Mia Freischem ist als Ersatzruderin für Cambridge nominiert – ein seltener Familien-Zweikampf auf akademischer Bühne.
In Cambridge sticht unterdessen Sophia Hahn hervor, eine deutsch-amerikanische Athletin mit Wohnsitz in Großbritannien. Sie sitzt im Frauen-Achter auf Position 5, hat bereits zwei U23-Weltmeistertitel (2021 & 2022) im Achter für die USA gesammelt und studiert an Hughes Hall. Auch sie steht exemplarisch für die Verschmelzung nationaler Förderstrukturen mit internationaler Exzellenz.
Das Rennen – mehr als Tradition
Seit 1829 findet das Boat Race auf der 6,8 Kilometer langen Strecke zwischen Putney und Mortlake statt – zunächst nur für Männer, seit 2015 auch die Frauenrennen auf derselben Strecke. Die Zuschauerzahlen liegen bei bis zu einer Viertelmillion entlang des Ufers; weltweit verfolgen Millionen die Übertragung via BBC.
In der ewigen Statistik führen bei den Männern die Light Blues aus Cambridge mit 87:81 Siegen, bei den Frauen steht es 48:30. Die letzten Jahre dominierte Cambridge – doch Oxford ist hungrig.
Deutsche Handschrift auf internationaler Bühne
Das Boat Race war stets Bühne für nationale Geschichten im internationalen Gewand. Deutsche Ruderer haben diese Geschichte in den letzten Jahrzehnten regelmäßig mitgeschrieben: Tim Wooge, Thorsten Engelmann, Sebastian Schulte, Bernd Heidicker, Matthias Kleinz, Sebastian Mayer und Jan Herzog – sie alle haben Siege errungen oder Niederlagen erlebt, aber stets Spuren hinterlassen.
2025 ist es nun an Lilli Freischem, Sophia Hahn, Tassilo von Müller und Nicholas Kohl dem deutschen Rudersport erneut Sichtbarkeit zu verleihen – auf einer der größten Bühnen des Weltruderns. Und wenn die Blätter an den Uferbäumen der Themse sich kaum rühren, das Wasser träge wirkt – dann ist da plötzlich dieser Schlag, diese Kraft. Und ein wenig davon kommt, ganz sicher, aus Deutschland.