Cambridge triumphiert auf der Themse – Oxford findet aktuell kein Rezept gegen die Light-Blues
Es war ein Nachmittag, wie ihn der Cambridge University Boat Club nicht hätte besser inszenieren können. Bei der 2025er Ausgabe des Boat Race, dem prestigeträchtigen Ruderduell mit der Universität Oxford, sicherten sich die Light Blues zum dritten Mal in Folge Siege in allen Rennen – von den Achter-Hauptrennen bis zu den Reserve- und Leichtgewichtsrennen.
Was wie eine akademische Traditionsveranstaltung erscheint, war in Wirklichkeit eine sportliche Demonstration – bei wechselhaften Bedingungen, dramatischen Wendungen und einem gewissen Maß an historischer Konsequenz. Cambridge dominiert derzeit das wohl berühmteste Ruderrennen der Welt – auf ganzer Linie.
Frauen: Neustart nach Kollision – Cambridge bleibt cool
Im 79. Women's Boat Race wurde Geschichte geschrieben, nicht nur wegen des 10-jährigen Jubiläums der Verlegung des Damenrennens auf die Hauptstrecke der Tideway, sondern auch wegen der Ereignisse unmittelbar nach dem Start: Ein heftiger Zusammenstoß der Boote zwang den Schiedsrichter Matthew Pinsent – vierfacher Olympiasieger – zum Abbruch. Die Deutsch-Amerikanerin Sophia Hahn wurde so heftig von den gegnerischen Riemen gestört, das sie vom Sitz rutschte und einen Krebs fing. Oxford war wiederholt verwarnt worden, doch Pinsent entschied sich gegen eine Disqualifikation und gewährte Cambridge beim Restart einen Vorsprung von einem Drittel einer Länge. Auch wenn die Mannschaft von Hahn vor der Kollision mehr als eine halbe Länge in Führung lag, war dies die richtige Entscheidung.
Die Light Blues, gesteuert von Jack Nicholas und angetrieben von einer beeindruckenden Claire Collins (zweifache US-Olympionikin), ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Routiniert bauten sie ihren Vorsprung aus und siegten souverän mit 2,5 Längen Vorsprung in einer Zeit von 19:25 Minuten. Insgesamt wirkte der Cambridge-Achter entschlossener.
Es war der achte Sieg in Folge für die Cambridge-Frauen – und der 49. insgesamt. Für Lilli Freischem, die deutsche Ruderin im Oxford-Boot, blieb nur die bittere Erfahrung eines verlorenen Rennens in einem ohnehin schwierigen Umfeld – der Abstand zur Spitze war an diesem Tag zu groß.
Männer: Cambridge mit Machtdemonstration
Im 170. Männerduell setzte Cambridge seine jüngste Dominanz fort. Unter der Aufsicht der ehemaligen Weltmeisterin Sarah Winckless als Schiedsrichterin verschoben sich die Kräfteverhältnisse früh zugunsten der Light Blues. Zwar wurde Cambridge wiederholt ermahnt, nicht auf Oxford zuzufahren – doch die Strömung wie auch die Wachsamkeit des Steuermanns Ollie Boyne hielten das Boot in der Spur.
Spätestens ab Streckenhälfte war klar: Oxford würde keine Antwort finden. Cambridge ruderte in den zunehmend kabbeligen Wellen fast mühelos davon und gewann mit einem Vorsprung von 5,5 Längen, in einer Zeit von 16:56 Minuten – eine sportliche Machtdemonstration, die die Gesamtbilanz auf 88:81 für Cambridge erhöhte. Der gesamte Ruderschlag von Cambridge war einfach kraftvoller und rhythmischer.
Im Oxford-Boot kämpften auch zwei deutsche Ruderer: Tassilo von Müller, der nach einer Pause 2024 zurück in die Mannschaft gefunden hatte, und Nicholas Kohl, Vierter im italienischen Vierer bei den Olympischen Spielen von Paris 2024. Zwischen ihnen auf der Sechs: Tom Mackintosh, Olympiasieger aus Neuseeland. Es war ein stark besetztes Boot – doch gegen die Präzision und Ausdauer Cambridges wirkten auch olympische Meriten machtlos.
Fazit: Cambridge in eigener Liga
Die Zahlen sprechen für sich: Seit 2018 hat Cambridge sechs der letzten sieben Männerrennen gewonnen, die Frauen stehen bei acht Siegen in Serie. 2025 war das zweite „Clean Sweep“ binnen drei Jahren, inklusive Siegen in den Reserve- und Leichtgewichtsrennen. Diese Dominanz ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer strukturell überlegenen Organisation – mit kluger Rekrutierung, professioneller Betreuung und sportlich kompromissloser Haltung.
Für Oxford, das sich stets als „Ruderfamilie“ begreift, bedeutet dies eine sportliche Krise mit Ansage. Und für die deutschen Ruderinnen Ruderer ein Fingerzeig, dass individuelle Qualität allein nicht ausreicht, wenn der Gegner im Kollektiv besser agiert.
Die Sieger 2025:
Frauen: Cambridge (19:25 Min, 2.5 Längen Vorsprung)
Männer: Cambridge (16:56 Min, 5.5 Längen Vorsprung)
Reserve & Lightweight Races: Alle an Cambridge
Gesamtstand:
Männer: Cambridge 88 – Oxford 81
Frauen: Cambridge 49 – Oxford 30