DRV holt Alexander Kersten und Robert Sens als Vorstände
Der Deutsche Ruderverband (DRV) wird nach seiner Strukturreform künftig von hauptamtlichen Vorständen geleitet. Zwei der drei vorgesehenen Vorstandspositionen hat das ehrenamtliche Präsidium des Verbandes nun besetzt. Alexander Kersten wird bereits zum 1. Dezember 2024 Vorstand Finanzen und Administration. Robert Sens beginnt am 1. Januar 2025 als Vorstand Leistungssport. Die Position des Vorstands Jugend ist noch in der Ausschreibung.
Noch offen ist auch, wer neuer Cheftrainer des Verbandes und Nachfolger von Brigitte Bielig wird, die zum 31. Dezember dieses Jahres in den Ruhestand geht. Der bisherige Sportdirektor Mario Woldt wechselt nach fast 14 Jahren in seinem Amt zum 1. Dezember von der Verbandszentrale in Hannover nach Ratzeburg. Er leitet künftig den Bundesstützpunkt Ratzeburg-Hamburg und die Ruderakademie.
Kersten: „Ich liebe diesen Sport“
Alexander Kersten freut sich sehr auf seine neue Aufgabe als Vorstand Verwaltung. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er selbst Ruderer mit Leib und Seele ist. „Ich liebe diesen Sport dermaßen. Deshalb will ich dazu beitragen, dass der DRV zu alter Stärke zurückfindet“, sagt der 56-Jährige. Der Diplom-Kommunikationswirt begann beruflich als Texter in Werbeagenturen, arbeitete dann leitend in den Bereichen Text und Marketing einer großen Münchner Versicherung und machte sich vor zehn Jahren als Werbespezialist selbstständig. Er wohnt in Schäftlarn bei München, ist verheiratet und hat zwei Töchter (19 und 16 Jahre).
Als Ruderer schaffte es Kersten in jungen Jahren zu einer Junioren-Weltmeisterschaft und in den C-Kader. Danach gab er seinen beruflichen Plänen den Vorrang gegenüber dem Leistungssport, ruderte aber weiterhin. Heute findet man ihn als regelmäßigen Teilnehmer bei Masters-Regatten. Der Bessel-Ruder-Club Minden ist Kerstens Heimatverein, weitere prägende Vereine waren die RG Wiking Berlin und der Münchener Ruder-Club von 1880 - in beiden ist er auch heute noch aktives Mitglied. Den MRC 1880 führte Kersten acht Jahre lang als Sportvorstand.
Über die Ziele seiner Arbeit will Kersten noch nicht allzu viel sagen: „Ich bin im übertragenen Sinn gerade erst dabei, mein Boot zu Wasser zu lassen.“ Wichtig ist ihm aber grundsätzlich, die Rolle des DRV als professioneller Dienstleister für die Vereine zu stärken: „Ich finde, wir sollten uns mehr als Unternehmen sehen, denn als Verband. Die Sportler und die Vereine sind unsere Kunden, die müssen wir nicht nur zufriedenstellen, sondern begeistern.“ Dass die Bundesmittel für den Spitzensport 2025 wegen der vorgezogenen Bundestagswahl noch später im Jahr fließen dürften als ohnehin üblich, macht den Anfang angesichts der nötigen Zwischenfinanzierungen bei ohnehin knapper Verbandskasse nicht leichter. „Wir starten mit Zwängen und Einschränkungen“, sagt Kersten. Weit oben der Agenda des Marketing-Experten steht, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen und den DRV damit wirtschaftlich unabhängiger zu machen. Die Neuorganisation der Geschäftsstelle, in der einige Wechsel anstehen, wird zu seinen ersten Aufgaben gehören. Auch deshalb will er zwar von München nach Hannover pendeln, aber „zu Anfang sehr viel Zeit in Hannover verbringen“ und parallel auf Reisen die nötigen Kontakte knüpfen.
Kersten und Sens werden sich darüber abstimmen, wie die Aufgaben unter ihnen verteilt werden. In den letzten Jahren hatte der Sportdirektor auch Aufgaben des Generalsekretärs übernommen, da diese Position nicht mehr besetzt war.
Sens: „Rudergemeinschaft zusammenführen“
„Ich freue mich auf die Aufgabe und betrachte sie als riesige Herausforderung“, sagt Robert Sens. „Ich bin gerudert, als Deutschland in allen Belangen die unumstrittene Nummer eins in der Ruderwelt war. Es ist mein Anspruch, dabei zu helfen, den DRV wieder in eine solche Position zu bringen.“ Der kommende Vorstand Leistungssport war als Aktiver drei Mal Weltmeister geworden (1998 im Zweier ohne, 2002 und 2003 im Doppelvierer) und nahm zwei Mal an Olympischen Spielen teil. Er erwarb ein Diplom in Sportwissenschaften und arbeitet nach seiner aktiven Zeit als Trainer. Zunächst im Landesverband Südwest, dann beim DRV, wo er sich um die Leichtgewichte kümmerte, und in Ungarn. Seit April 2020 war Sens Nationaltrainer in Österreich. Größter Erfolg des kleinen Verbandes unter seiner Regie war 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokyo die Bronzemedaille für Magdalena Lobnig im Frauen-Einer. Von den Spielen in Paris kam der ÖRV mit zwei zehnten Plätzen nach Hause.
Der 47-jährige Sens, der aus Schwerin kommt, ist mit einer ehemaligen australischen Ruderin verheiratet. Beide haben einen 14-jährigen Sohn. Die Familie wird von Wien in die Nähe von Magdeburg ziehen, wo Verwandte leben. „Ich sehe mich zwischen den drei Leitstützpunkten pendeln, aber auch viel durch die Republik fahren. Die Kommunikation des Spitzensports mit der Basis halte ich für wichtig“, sagt Sens. Der neue Job werde für ihn keine große Umstellung: „In Österreich Nationaltrainer zu sein, bedeutet eine Sportdirektoren-Aufgabe. Ich bin dort nicht im Boot gesessen.“
Wie seine ersten Schritte aussehen werden, vermag Sens verständlicherweise noch nicht zu sagen: „Ich habe zuletzt viereinhalb Jahre in Österreich gearbeitet und muss mir erst einen Überblick verschaffen, wie die Situation ist.“ Zudem ist auch die Frage des neuen Cheftrainers noch nicht geklärt. Das nächste große Ziel sind natürlich die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. „Damit wir aber auch 2032 und 2036 vorne dabei sind, müssen die langfristig-strategischen Entscheidungen richtig getroffen werden. Trainingsmethodisch muss einiges getan werden. Das wäre ein wichtiger Baustein“, sagt Sens. Ein zweiter wäre für ihn, „die Rudergemeinschaft aus Verband, Landesverbänden und Vereinen stärker zusammenzuführen. Das Erkennen und Erarbeiten gemeinsamer Ziele und deren gemeinschaftliche Umsetzung ist für zukünftige, nachhaltige Erfolge unumgänglich. Schließlich sind wir auch eine Schicksalsgemeinschaft.“
Petri: Beide werden als Team gut funktionieren
DRV-Präsident Moritz Petri ist mit der getroffenen Personallösung sehr zufrieden. „Dieser Wechsel markiert einen sichtbaren Startpunkt für die neue Struktur. Der bisherige ehrenamtliche Vorstand tritt ab, und ein hauptamtlicher Vorstand übernimmt, ausgewählt durch das Präsidium. Wir freuen uns, mit Alexander Kersten und Robert Sens zwei ausgewiesene Kenner des Rudersports für diese Positionen gewonnen zu haben. Beide haben wertvolle Erfahrungen außerhalb des Deutschen Ruderverbandes gesammelt, was frischen Wind und neue Perspektiven mit sich bringt. Gleichzeitig sind sie jedoch mit unserem Verbandssystem vertraut. Diese Mischung aus Externem und Internem ist eine ihrer Stärken. Ich glaube, dass beide als Team gut funktionieren werden“, sagt Petri.
Das DRV-Präsidium habe es sich nicht leicht gemacht und insgesamt zwölf Bewerber für die beiden Positionen zu Gesprächen eingeladen. „Wir sind es strukturiert angegangen, haben eine Entscheidungsmatrix entworfen. Da wir allen Bewerbern dieselben Aufgaben gestellt haben, war ein guter Vergleich möglich.“
Da Petri und Lars Koltermann seit dem Rudertag in Halle/Saale interimsweise die noch nicht besetzten Vorstandspositionen übernehmen mussten, konnten sie sich satzungsgemäß an den Abstimmungen des Präsidiums nicht beteiligen. „Sobald die neuen Vorstände offiziell bestellt sind, wird es einen Präsidiumsbeschluss geben. Danach werden die bisherigen Vorstände aus dem Vereinsregister ausgetragen, und die neuen werden eingetragen. Dieser Prozess ist rein administrativ“, erläutert Petri. Transparenz sei zudem bezüglich der eingeladenen Kandidaten praktiziert worden. „Ich habe vorab erklärt, dass ich Alexander Kersten kenne, weil wir im gleichen Verein sind und auch im gleichen Ort wohnen. Bei anderen Kandidaten, wo eine persönliche Bindung zu einem Präsidiumsmitglied vorlag, ist genauso verfahren worden“, erläutert Petri.
Der DRV-Präsident bezeichnet es als „Herausforderung, dass nun alle die neue Struktur akzeptieren und mit Leben erfüllen. Die Vorstände führen das Tagesgeschäft und verantworten es. Wir als Präsidium müssen uns auf die Aufsichtsfunktion beschränken. Wir setzen nur die Leitplanken, in denen sich der Vorstand bewegt.“