Energiekrise - bundesweite Umfrage verdeutlicht herausfordernde Lage der Sportvereine
Der organisierte Sport in Deutschland trägt als größte Bürgerbewegung des Landes mit seinen rund 87.000 Sportvereinen in erheblichem Maße zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Insbesondere nach zwei schwierigen, coronageprägten Jahren, kehren die Menschen wieder vermehrt in die Vereine zurück. Umso bedenklicher sind die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der 16 Landessportbünde (LSB) zur Lage der Vereine in der Energiekrise, an der sich bis zum 23. Oktober 5.696 Sportvereine aus allen Bundesländern beteiligt haben.
Die Umfrage, die vom Institut für Sportstättenentwicklung (ISE) durchgeführt wurde, zeigt, dass mehr als 40% der Vereine starke Auswirkungen durch die Energiekrise erwarten. Dazu gehören u.a. Einschränkung des Trainingsbetriebs, Schließungen einzelner Abteilungen oder Mitgliederrückgänge. Rund 6% der befragten Vereine fürchten sogar eine akute Existenzbedrohung, also die Auflösung des Vereins. Zum Vergleich: Rückblickend auf die Corona-Pandemie gaben lediglich 26% der Vereine in der aktuellen Umfrage an, dass sie starken Auswirkungen ausgesetzt waren, knapp 2% gaben an, dass sie existenzbedroht gewesen seien.
DOSB-Präsident Thomas Weikert zeigt sich in Anbetracht dieser Ergebnisse besorgt um die Sportvereinslandschaft: „Die Sportvereine in Deutschland sind stark und haben nicht zuletzt während der Pandemie ein enormes Durchhaltevermögen bewiesen. Aber die Reserven sind so gut wie aufgebraucht und spätestens mit den zu erwartenden, deutlich erhöhten Abschlagszahlungen stehen insbesondere die vielen tausend Vereine mit eigenen Sportanlagen vor teilweise existenzbedrohenden finanziellen Belastungen. Dabei ist es gerade jetzt enorm wichtig, dass die Sportvereine gestärkt werden und offen bleiben, damit Menschen dort Gemeinschaft erleben, sich zusammen bewegen und vom schwierigen Alltag ablenken können. Damit die Sportvereine gut durch den Winter kommen, braucht es so schnell wie möglich Hilfe aus der Politik, von Bund und Ländern. Wir gehen davon aus, dass die Sportvereine durch die vorgeschlagenen Maßnahmen der Gaspreiskommission entlastet werden. Zudem sollten sie für den ebenfalls diskutierten Härtefallfonds antragsberechtigt sein. Die Signale, die wir aus der Politik erhalten, stimmen mich positiv, aber jetzt geht es um eine zügige und konkrete Umsetzung.“
Energiesparen allein wird nicht reichen
Bereits Anfang September hatte der DOSB seine Mitglieder dazu aufgerufen, im Sport 20% Energie einzusparen und einen entsprechenden Stufenplan und Leitfaden erstellt. Die aktuellen Zahlen belegen jedoch, dass selbst beim Erreichen des gesteckten Ziels hohe Mehrbelastungen zu erwarten sind.
Michaela Röhrbein, DOSB-Vorständin Sportentwicklung, sieht auch langfristig Handlungsbedarf: „Laut Umfrage heizen mehr als 50% der Vereine mit eigener Sportanlage mit Erdgas. Viele Jahre wurde diese Energieform vom Staat gefördert, ist seit der Energiekrise aber nicht mehr tragbar. Spätestens jetzt dürfen die Vereine nicht mehr allein gelassen werden und brauchen Unterstützung bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Die Sportstätten in Deutschland sind zudem dringend sanierungsbedürftig – es müssen umfassende Modernisierungs- und Dekarbonisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien im Sport kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland sowie zur Reduzierung der Abhängigkeit von Erdgas leisten. Dies entsprechend zu unterstützen, sollte auch der Politik ein wichtiges Anliegen sein.“
Sportvereine stärken
Für viele Vereine sind die Auswirkungen der Energiekrise bereits jetzt zu spüren. So gab mehr als ein Viertel der befragten Vereine an, dass sie einen Mitgliederrückgang aufgrund der aktuellen Krise zu verzeichnen haben. In mehr als 5% der Fälle mussten bereits Sportstätten geschlossen werden.
Um anfallende Mehrkosten abzufangen, sähe sich mehr als ein Drittel der Vereine laut Umfrage gezwungen, ihre Mitgliedsbeiträge zu erhöhen, was den Mitgliederrückgang wohl weiter beschleunigen und den Zugang zum Sport insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen erschweren würde. Umso dringlicher sind nun finanzielle Hilfen, die sich mehr als 65% der befragten Vereine wünschen.
Auch Unterstützung beim Ehrenamt ist knapp 40% der Vereine in der aktuellen Lage ein wichtiges Anliegen. Hierzu kann das „ReStart – Sport bewegt Deutschland“-Programm des DOSB, das vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) mit 25 Mio. Euro gefördert wird, mit Maßnahmen zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements einen wichtigen Beitrag leisten. Dazu müssen Sportvereine jedoch insgesamt gestärkt werden.
Die ausführlichen Umfrageergebnisse werden im Laufe der nächsten Wochen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sportstättenentwicklung veröffentlicht.