ErgoSeat – Ergonomische Optimierung von Rudersitzen
Ein schmerzendes Gesäß oder Taubheitsgefühle in den Beinen sind vielen Ruderern:innen bekannt. So gaben im Rahmen einer Umfrage 69 % der befragten Bundeskader Ruderern:innen an, regelmäßig Sitzprobleme im Training zu haben, welche zu 85 % sogar zu einer starken Beeinträchtigung des Trainingsprozesses führen.
Die Ursachen für die Beschwerden sind oft beim verwendeten Rollsitz zu finden. Da auch bei modernen Rollsitzen kaum oder gar keine Individualisierungen der Sitzfläche möglich sind, wurde in einer Kooperation zwischen dem DRV und der Technischen Hochschule Ulm (THU) das durchs Bundesministerium für Sportwissenschaften (BISp) geförderte Innovationsprojekt „ErgoSeat“ ins Leben gerufen. Zielstellung des Projektes war es, individuelle Rollsitze für Spitzenruderer:innen zu entwickeln. Das Team rund um den Projektleiter Prof. Gottfried Goebel von der THU konnte hierbei auf ein regionales Pilotprojekt zurückgreifen. So wurden bereits im Jahr 2017 für eine 2583 km lange Wanderfahrt entlang der Donau individuell angepasste Rollsitze für zwei Ulmer Wanderruderer entwickelt.
Das 2020–21 neu entwickelte Verfahren umfasst eine Druckverteilungsmessung, auf dessen Basis eine individuell angepasste Sitzfläche modelliert und anschließend gefertigt wird. Die Druckverteilungen werden dabei auf einem eigens dafür entwickelten Rollsitz, auf einem handelsüblichen Ruderergometer gemessen. So kann der gesamte Bewegungsablauf unter realitätsnahen Bedingungen analysiert und in die Entwicklung des Sitzes miteinbezogen werden. Ein von dem Team entwickelter Algorithmus berechnet anhand der ermittelten Daten die neue Sitzflächengeometrie. Mit diesen Informationen kann anschließend die neue Sitzfläche konstruiert und im 3D-Druckverfahren hergestellt werden.
Die so individuell angepasste Sitzfläche des Rollsitzes entlastet die kritischen Druckpunkte am Gesäß um ca. 60 % und mindert hierdurch die subjektiven Beschwerden. Die gefertigten Sitzflächen können sowohl auf dem Ruderergometer als auch auf handelsüblich Rollsitzgestelle montiert werden. Im Rahmen der Studie wurden bereits Spitzenruderer aus Ulm sowie vom Bundesstützpunkt Berlin ausgestattet. In einem möglichen Folgeprojekt sollen weitere Verfahrensoptimierungen als Grundlage für eine breitflächige Bereitstellung individueller Rollsitze für den Spitzenbereich vorangetrieben werden.
Das Projekt wurde durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaften unterstützt (ZMVI4-072102/20)
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