Interview mit Mario Woldt: Müssen richtige Schlüsse ziehen
Die Ruder-Weltmeisterschaft in Racice ist Geschichte. Ein Interview mit DRV-Sportdirektor Mario Woldt, wie es jetzt weitergehen soll.
Nur eine Medaille in den olympischen Klassen in Racice, insgesamt dort nur zwei Finalteilnahmen: Das deutsche Rudern befindet sich in einer historischen Talsohle. Wie kommt es dort wieder heraus?
Mario Woldt: Das Ergebnis ist ernüchternd! Wir können damit als Verband nicht zufrieden sein. Wir dürfen aber nicht in Panik verfallen, sondern müssen in den nächsten Wochen die richtigen Schlüsse über alle Disziplinen ziehen und dann daran arbeiten. Angesichts unseres jungen Stamms an Athleten wird es sich lohnen, sie weiter in ihrer Entwicklung zu unterstützen und zu stärken.
Die Zeit drängt aber, in einem Jahr ist die WM der Qualifikationswettbewerb für die Spiele in Paris. Für Tokio konnte der DRV nur sieben der 14 Klassen qualifizieren. Stand jetzt wäre es wohl ein Traum, das wieder zu erreichen?
Woldt: 14 Bootsklassen sind für uns nicht das Ziel. Was wir für Tokio erreicht haben, gilt es auch für die Spiele in Paris anzustreben und innerhalb dieser Anzahl Boote mit klarer Medaillenchance zu bilden. Es geht uns allen um den Erfolg, der in einem Medaillenziel kulminiert.
Welche Maßnahmen wird es ab Oktober dafür geben?
Woldt: Einen intensiven Aufbau über die Wintermonate, hier werden die Grundlagen für die Saisonleistung gelegt. Die gemeinsamen Trainingszeiten steigern und deren Qualität erhöhen. Die Athletenkommunikation intensivieren, sowohl im Team, wie auch die individuellen Zielorientierungen zwischen Trainer und Athlet:in. Eine frühzeitige und verlässliche Planung mit den angestrebten Zielsetzungen herausgeben. Die Standards an den Bundesstützpunkten weiterhin verbessern.
Erwartest Du eine reibungslose Umsetzung?
Woldt: Ich antworte einmal mit einem Appell: Den Weg, den wir begehen wollen, und das Ziel, das wir verfolgen, gilt es gemeinsam mit Ausdauer, Fokus und Konsequenz zu verfolgen. Erfolgreich werden wir es nur leben können, wenn es uns gelingt, als Mannschaft mit Geschlossenheit zu agieren.
Warum sind uns andere Nationen so davongezogen? Selbst unser kleiner Nachbar Schweiz hat vier Boote in die A-Finals gebracht.
Woldt: Strukturell ist festzustellen, dass Nationen die sich weiterentwickelt haben, auch das gemeinsame Training intensivieren konnten. Trainingsmethodisch und inhaltlich muss man ebenfalls genau hinsehen, doch ist dies ist durch unsere Trainer zu bewerten und mit den entsprechenden Rückschlüssen zu versehen.
Nach den Olympischen Spielen war der personelle Schnitt sehr groß. Was erwartet uns an Verstärkungen aus dem Bereich der Athleten, die nach Tokio für ihr berufliches Fortkommen ein Pausenjahr eingelegt haben? Ich denke da beispielsweise an Carlotta Nwajide, Tim Ole Naske oder Jonny Rommelmann.
Woldt: Alle drei, und wohl noch einige Athleten mehr, werden ab Ende des Jahres wieder dabei sein. Sie werden sich im Kreis der aktuellen Athleten einfinden und gemeinsam in neuer Dynamik das Ziel Quali-WM verfolgen. Ihre Erfahrung wird sehr wertvoll sein bei der großen Aufgabe im September.
Eine besondere Bedeutung hat der Deutschland-Achter. Wird man ihn nächstes Jahr wieder in gewohnter Stärke sehen?
Woldt: Wir werden einen Deutschland-Achter sehen, der sich weiterentwickelt hat, und aus den Erfahrungen in diesem schwierigen Jahr Kraft und Motivation für die Olympiavorbereitung sammelt. Die Optimierungspunkte sind wohl bewusst. Daran wird im Winter mit Hochdruck sicherlich gearbeitet und somit die Basis für 2023 geschaffen werden.
Oliver Zeidler ragte hier in Racice als Weltmeister und einziger Medaillengewinner heraus, gleichzeitig ist er der schärfste Kritiker der sportlichen Führung, der sich immer wieder öffentlich äußert. Wie gehst Du damit um?
Woldt: Ich freue mich für Oliver, dass er dieses Resultat erreichen konnte. In Summe war es kein einfaches Jahr, aber er ist seinen Weg im Einer gegangen und es wurde mit Erfolg belohnt. Die Möglichkeiten, die ihm im Einer gegeben sind, hat er maximal genutzt. Das ist vielversprechend für 2023.
In seiner Kritik sieht sich Oliver als Anwalt aller Athleten. In seinem Fahrwasser haben sich auch andere Sportler nun kritisch geäußert. Ist Euer Umgang mit den Sorgen und Nöten der Sportler ausreichend oder soll er intensiviert werden?
Woldt: Unser Austausch mit den Sportlern ist ein notwendiger und kontinuierlicher Prozess. Es muss uns gelingen, diesen intensiver und klarer zu gestalten, Verständnis für die Notwendigkeiten im Hochleistungssport zu stärken und die Bereitschaft der Athleten zur Umsetzung zu erhöhen.