Kleinboot-DM: Favoritensiege und Überraschungen
Mit Einer-Weltmeister Oliver Zeidler, dem ungesteuerten Frauen-Zweier mit Lena Sarassa und Hanna Reif sowie Leichtgewichts-Rückkehrer Jonathan Rommelmann im Einer setzten sich bei der verregneten deutschen Kleinboot-Meisterschaft am Sonntag (16.4.2023) in drei der sechs A-Finals die Favoriten durch. Überraschungen gab es auf der Regatta-Anlage Beetzsee in Brandenburg/Havel jedoch auch. Die international für die Schweiz startende Aurelia Maxima Janzen gab der starken deutschen Skullerinnen-Elite komplett das Nachsehen – inklusive Titelverteidigerin Alexandra Föster, die nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte mit Rang fünf vorliebnehmen mussten. Auch der Sieg für Wolf Niclas Schröder und Marc Kamann im Männer-Zweier ohne Steuermann und für Marion Reichardt im leichten Frauen-Einer waren nicht unbedingt erwartet worden.
„Es war wichtig, dass wir trotz Regen und Wind relativ faire Bedingungen hatten“, sagte Cheftrainerin Brigitte Bielig nach Abschluss der Rennen. Der Ausrichter Havel-Regatta-Verein von 1920 habe sich viel Mühe gegeben. Dass die Schiedsrichter-Boote relativ viele Wellen produzierten, sorgte allerdings nicht nur bei Olli Zeidler für Kopfschütteln. Die Ergebnisse der Meisterschaften sind ein wesentlicher Baustein für die Nominierung der Nationalmannschaft, die von den Athleten mit Spannung und teilweise auch Unruhe erwartet wird. An diesem Montag spricht der Trainerrat bereits die Einladungen für die Mittel- und Großbootüberprüfung am letzten April-Wochenende aus. Dort werden die Boote nominiert, die bei der Europameisterschaft Ende Mai in Bled in die WM-Qualifikationssaison starten werden. Die Verantwortlichen dämpfen die Erwartungen für die EM, weil die Ergometer-Werte der Sportler trotz intensiver Bemühungen um eine bessere Physis über den Winter und vieler individueller Verbesserungen noch immer nicht dem Niveau vergangener deutscher Nationalmannschaften in vorolympischen Jahren standhalten.
Zeidler startet wie bei der WM
Einer-Weltmeister Oliver Zeidler ist mit einem standesgemäßen Erfolg in die Saison gestartet. Unbeeindruckt von den widrigen Bedingungen gelang ihm ein souveräner Sieg. Gut einen Monat vor den Europameisterschaften in Bled (Slowenien) bewies Zeidler bei seinem dritten Meistertitel nach 2019 und 2022 gute Frühform und verwies Jonas Gelsen mit einer Bootslänge Vorsprung auf Platz zwei. Dritter wurde Tim Ole Naske, der wie Zeidler mit drei Siegen ins Finale eingezogen war. Zeidler legte einen ähnlichen Katapultstart wie beim gewonnen WM-Finale im letzten September hin, während Gelsen schlecht wegkam und das nicht mehr ganz wettmachen konnte. Mit Rang zwei konnte er dennoch zufrieden sein, ebenso wie Naske mit seinem dritten Platz nach dem harten Programm mit vier Rennen in drei Tagen. „Das war an diesem Wochenende wirklich nicht mein Wetter. Aber ich habe gezeigt, dass ich es draufhabe und dass ich der Schnellste in Deutschland bin. Deshalb bin ich sehr zufrieden“, sagte „Olli“ Zeidler, der als einziger DRV-Starter auch beim ersten Weltcup-Rennen in Zagreb fahren wird, wo er vor zwei Jahren gewann. Nach seinem überraschenden Halbfinal-Aus hielt sich Max Appel im B-Finale mit dem Sieg in einer schnellen Zeit schadlos.
Schendekehl überzeugt als Zweite
Anders als Zeidler konnte Alexandra Föster den Titel aus dem Vorjahr nicht erfolgreich verteidigen. Nach ihren Rückenproblemen nun noch durch eine Magen-Darm-Erkrankung gehandicapt, musste sich die WM-Siebte mit Rang fünf begnügen, und ist damit noch nicht direkt für das Nationalteam qualifiziert. „Es war gut, dass sie sich trotz ihrer Probleme gestellt hat“, lobte die Cheftrainerin Föster. Die Meisterkette ging an die international für die Schweiz startende Aurelia-Maxima Janzen, die für den Rostocker RC antrat. Die Bernerin sicherte sich nach Rang zwei im Vorjahr vor Tabea Schendekehl, die nicht nur mit ihrer starken Physis überzeugte, und der drittplatzierten Pia Greiten den Sieg. Auskünfte dazu wollte die siegreiche Janzen nicht geben. Maren Völz überraschte als Vierte positiv.
In dem für die Besetzung des Deutschland-Achters wichtigen Finale im Männer-Zweier ohne Steuermann gab das Duo Wolf-Niclas Schröder/Marc Kammann die Schlagzahl vor. Hoffnungen auf die begehrten Rollsitze im DRV-Paradeboot dürfen sich zudem die Zweiten Benedict Eggeling/Jasper Angl und die Überraschungsdritten Malte Grossmann/Sönke Kruse machen. Natürlich weiter im Rennen sind die Titelverteidiger Olaf Roggensack und Mattes Schönherr, die im vergangenen Jahr dominiert und vor zwei Wochen auch auf der Langstrecke in Leipzig gesiegt hatten. Beide konnten wegen einer Erkrankung von Roggensack nicht antreten. „Wir sind schon mit dem Vorsatz hergekommen, hier zu gewinnen. Das hat sich in den Trainingslagern herausgebildet“, sagte Wolf-Niclas Schröder. „Bene und Jasper haben uns das Leben schwer gemacht. Umso doller, dass es für den Titel gereicht hat“, ergänzte Marc Kamann. Paul Klapperich und Hannes Ocik mussten sich nach ihrem Bootscrash im Training mit dem Sieg im B-Finale begnügen.
Glücklich über ihren überlegenen Sieg im Frauen-Zweier ohne Steuermann waren Lena Sarassa und Hanna Reif, die sich nach ihrer Krankheitspause sehr gut präsentierten, nun aber noch den Ergo-Test nachholen müssen, um für die EM durchnominiert zu werden. Die beiden fahren seit vier Jahren zusammen, wollen nun den Zweier im Nationalteam stellen und sich auch für Olympia 2024 qualifizieren. Fast sieben Sekunden lagen im Ziel zwischen Sarassa/Reif und den Zweitplatzierten Melanie Göldner/Luisa Schade, Dritte wurden Anna Härtl/Lisa Holbrook.
Jonny Rommelmann fast wieder der Alte
Im leichten Einer der Männer feierte Jonathan Rommelmann in Abwesenheit des erkrankten Arno Gaus mit dem Titel ein gelungenes Comeback. Nach der Olympia-Silbermedaille in Tokio zusammen mit Jason Osborne hatte er ein Jahr pausiert, um sein Medizin-Studium abzuschließen. „Es ist noch Luft nach oben, aber nach vier Monaten Training mit Krankheitspause war das schon ganz gut“, war „Jonny“ zufrieden. An ihm führt im Leichtgewichts-Doppelzweier wohl kein Weg vorbei. Sich noch einmal für die olympischen Spiele zu qualifizieren, bevor die Leichtgewichte wahrscheinlich aus dem Programm gestrichen werden, ist Rommelmanns großes Ziel. In einem knappen Zieleinlauf lag er allerdings nur 0,40 Sekunden vor Max Röger. Noch knapper fiel die Entscheidung um Platz drei aus, den Paul David Leerkamp mit 0,13 Sekunden Vorsprung auf Titelverteidiger Joachim Agne erreichte.
Im Leichtgewichts-Einer der Frauen gab es zwei Siege für die Reichardt-Zwillinge: Marion gewann das A-Finale vor Rebekka Falkenberg und Romy Dreher. Ihre Freude war aber nicht ungetrübt, weil die - ruderisch etwas stärker eingeschätzte – Johanna mit dem Sieg im B-Finale vorliebnehmen musste. Was nichts daran ändert, dass beide wieder den leichten Doppelzweier in der Nationalmannschaft bilden wollen.
Diening gewinnt Ausscheid bei den Paras
Im Para-Rudern wurden die Titel erstmals im Rahmen der DKBM und erstmals in Relationsrennen über die 2000-Meter-Distanz vergeben. Den Einer-Ausscheid PR1 für die Europameisterschaft gewann Manuela Diening gegen Sylvia Steppat-Pille. „Ich habe das Rennen so knapp erwartet. Manuela hat sich den Sieg verdient, weil sie sich auch im Training bei sämtlichen Bedingungen durchgesetzt hat“, sagte Bundestrainer Marc Stallberg. Nun startet für die Paras die EM-Vorbereitung.
DRV-Vorsitzender Moritz Petri überreichte dem ausrichtenden Havel-Regatta-Verein von 1920 im Rahmen des Wochenendes den großen Verbandswimpel zum 100-jährigen Bestehen – mit drei Jahren Verspätung wegen der Corona-Pandemie. Mit Dr. Herbert Wollmann (SPD) besuchte auch ein Mitglied des Sportausschusses des Bundestages den Finaltag der Meisterschaft.
Ergebnisse A-Finals
Frauen-Einer: 1. Aurelia Maxima Janzen (Rostocker RC), 2. Tabea Schendekehl (Ruderclub Hansa), 3. Pia Greiten (Osnabrücker RV), 4. Maren Völz (RV Potsdam), 5. Alexandra Föster (RC Meschede), 6. Leonie Menzel (RC Germania Düsseldorf). B-Finale (im Auszug): 1. Frauke Hundeling, 2. Carlotta Nwajide (beide Deutscher Ruder-Club), 3. Rianne Lagerpusch (Frankfurter RG Germania).
Männer-Einer: 1. Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania), 2. Jonas Gelsen (RC Nassovia Höchst), 3. Tim Ole Naske (RG Hansa), 4. Marc Weber (Rudern und Sport Steinmühle), 5. Julius Rommelmann (RRG Mühlheim/Ruhr), 6. Moritz Wolff (Berliner RC). B-Finale (im Auszug): 1. Max Appel (SC Magdeburg), 2. Felix Heinrich (RK Normannia), 3. Anton Finger (Berliner Ruder-Club).
Frauen-Zweier ohne: 1. Lena Sarassa/Hannah Reif (Crefelder RC/Frankfurter RG Germania), 2. Melanie Göldner/Luisa Schade (RC Potsdam), 3. Anna Härtl/Lisa Holbrook (Frankfurter RG Germania/Hanauer RC Hassia), 4. Judith Guhse/Sophie Leupold (Rendsburger RV/Pirnaer RV), 5. Tori Schwerin/Maike Böttcher (ORC Rostock/Greifswalder RC Hilda), 6. Katarina Tkachenko/Katja Fuhrmann (RC Potsdam/Laubegaster RV Dresden). B-Finale (im Auszug): 1. Tabea Kuhnert/Nora Peuser (SC Magdeburg/Arkona Berlin), 2. Ricarda Heuser/Klara Kerstan (RG München/RC Potsdam), 3. Lena Osterkamp/Annika Weber (DRC Hannover/RRG Mülheim).
Männer-Zweier ohne: 1. Wolf Niclas Schröder/Marc Kamann (Arkona Berlin/Der Hamburger und Germania RC), 2. Benedict Eggeling/Jasper Angl (RC Favorite Hammonia/RV Münster), 3. Malte Grossmann/Sönke Kruse (RC Favorite Hammonia/RV Münster), 4. Jannik Metzger/Julius Alexander Christ (Marbacher RV/Bayer Leverkusen), 5. Max John/Theis Hagemeister (ORC Rostock/Frankfurter RG Germania), 6. Mark Hinrichs/Torben Johannesen (Limburger ClfW/RC Favorite Hammonia). B-Finale (im Auszug): 1. Paul Klapperich/Hannes Ocik (Bonner RG/Schweriner RG), 2. Friedrich Dunkel/Rene Schmela (Alster-RV Hanseat/Berliner Ruder-Club), 3. Constantin Conrad/Simon Schubert (Dresdner RC/USV TU Dresden).
Leichtgewichts-Frauen-Einer: 1. Marion Reichardt (ARC Würzburg), 2. Rebekka Falkenberg (Stralsunder Ruder-Club), 3. Romy Dreher (Ulmer RC Donau), 4. Julia Tertünte (RV Münster), 5. Rieke Hülsen (TSV Otterndorf), 6. Anna Händle (Würzburger RG Bayern). B-Finale (im Auszug): 1. Johanna Reichardt (ARC Würzburg), 2. Helena Brenke (Karlsruher RK Wiking), 3. Charlotte Heyltjes (RRG Mülheim-Ruhr).
Leichtgewichts-Männer-Einer: 1. Jonathan Rommelmann (Crefelder RC), 2. Max Röger (RG Wiking), 3. Paul David Leerkamp (Osnabrücker RV), 4. Joachim Agne (ARC Würzburg), 5. Finn Wolter (RC Witten), 6. Nikita Muhr (Bayer Leverkusen). B-Finale (im Auszug): 1. Oskar Kroglowski (Erster Kieler RC), 2. 2. Simon Klüter (Mannheimer RV Amicitia), 3. Fabio Kress (ARC Würzburg).
Para-Rudern
Frauen-Einer, PR1: 1. Manuela Diening (RV Münster), 2. Sylvia Pille-Steppat (Wilhelmsburger RC).
Männer-Einer, PR1: 1. Marcus Klemp (ORC Rostock).
Männer-Einer, PR2: 1. Paul Umbach (RC Nürtingen), 2. Leopold Reimann (Rüdersdorfer RV).
Mixed-Zweier PR3: 1. Kathrin Marchand/Marc Lebeck, 2. Daniel Müller/Miriam Federle (alle Bayer Leverkusen).
Männer-Einer PR3: 1. Jan Helmich (RC Hansa), 2. Sebastian Stuart (SC Rapid Berlin).
Mixed-Vierer PR3: 1. Susanne Lackner/Jan Helmich/Marc Lembeck/Kathrin Marchand/Stf. Inga Thöne (MRV Amicitia/Hansa Dortmund/Bayer Leverkusen, Ulmer RC Donau), 2. Hermine Krumbein/Miriam Federle/Björn Eckert/Daniel Müller/Till Martini (RK Normannia/Bayer Leverkusen/Rudern und Sport Steinmühle/ORC Rostock).
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