Langstrecke Dortmund läutet das Olympia-Jahr ein
Mehr als ein paar Wochen Urlaub waren nicht drin für die deutschen Spitzenruder:innen nach der Weltmeisterschaft Anfang September in Belgrad. Im Oktober startete wieder das Training und damit auch die olympische Saison mit den Ruder-Wettbewerben vom 27. Juli bis 4. August 2024 in Paris. Was ist in Bewegung seit der WM, die im A-Bereich mit dem Titel für Oliver Zeidler im Männer-Einer und fünf weiteren für die Olympischen Spiele qualifizierten Booten (Doppelzweier, Doppelvierer und Achter der Männer, Einer und Doppelvierer der Frauen) geendet hatte?
Heraus sticht sicherlich der Umzug des Leichtgewichts-Doppelzweiers der Männer von Hamburg nach Berlin. Jonathan Rommelmann, Paul Leerkamp und Arno Gaus wünschten sich eine Veränderung, es gab harmonisch verlaufene Gespräche. Die Olympia-Nachqualifikation schaffen wollen die Leichtgewichte nun im Bundesstützpunkt der Hauptstadt mit Sven Ueck als neuem Trainer, der zusammen mit René Burmeister weiter auch den Frauen-Riemen- Bereich betreut. Der leichte Männer-Zweier wurde entsprechend den Riemen-Frauen angegliedert. Zuletzt wurde auf dem Rhein in Breisach schon gemeinsam trainiert.
Der Doppelzweier der Männer mit Marc Weber, Jonas Gelsen und Trainer Ralf Hollmann beendet nach intensiven Gesprächen seinen Sonderweg und gliedert sich den Trainingsmaßnahmen des DRV im Skull an. Im Frauen-Zweier ohne haben Lena Sarassa/Hannah Reif und Trainer Heino Zeidler ihre Zusammenarbeit wieder beendet. Die beiden Frauen werden derzeit von Reifs Vater Christoph und ihrem früheren Trainer Werner Nowak betreut. Heino Zeidler baut mit seiner Tochter Marie-Sophie und Ricarda Heuser einen neuen Zweier auf. Bei der Kaderüberprüfung Mitte März 2024, die im olympischen Jahr für die A-Kader-Athlet:innen den Start bei der Kleinbootmeisterschaft ersetzt, wird im Frauen-Zweier ohne eine Ausscheidung um den Platz im Nationalteam gefahren werden, wahrscheinlich mit weiteren Booten am Start.
Groß ist die Konkurrenz momentan bei den Männer-Riemern in Dortmund. Den nach seinem Bandscheibenvorfall wiederhergestellten Laurits Follert eingerechnet, sind sechs Athleten im Vergleich zur Vorsaison hinzugestoßen. Insgesamt 22 Sportler bewerben sich damit um die Plätze in drei Booten. In Vorbereitung auf die Langstrecke galt für das Rotationsprinzip. Das heißt, bei den Zweiern gab es keine feste Zuteilung, um jeden mit jedem gesehen haben.
Ziel sind medaillenfähige Boote
Ganz generell ist alles wieder in Bewegung seit der Weltmeisterschaft. Qualifiziert für Paris sind die Bootsklassen, aber nicht automatisch die Athleten, die das bei der WM erreicht haben. „Es mag hart klingen, aber wir müssen die Zügel anziehen. Wir brauchen das schnellstmögliche Boot in der Disziplin. Wir brauchen medaillenfähige Boote – momentan haben wir keine bis auf den Männer-Einer. Es ist unsere Aufgabe, ein Boot mit den besten Aussichten zu finden. Das mag auch zur Schwächung eines anderen Bootes führen. Es kann nicht um die Chancenmaximierung für den Einzelnen gehen“, sagt Sportdirektor Mario Woldt.
Gleichzeitig gilt es auch die Nachqualifikation für die Olympischen Spiele im Mai in Luzern (Schweiz) im Blick zu haben, wo sich der DRV noch weitere Olympia-Tickets sichern will. Nur Rang eins und zwei bei der finalen Quali-Regatta werden dazu berechtigen. Die Bootsbesatzungen von Luzern dürfen für Paris nicht mehr verändert werden.
Die Bundestrainer haben sich bei einer großen gemeinsamen Klausurtagung in Wernigerode schon auf die Olympia-Saison eingestimmt. Der Mannschaftsbildungsprozess startet am kommenden Wochenende (2. und 3. Dezember). Die Dortmunder Langstrecke bleibt der traditionelle Leistungstest im Spätherbst, mag ihre Berechtigung bei einigen Sportlern und Trainern auch umstritten sein. Bei der zentralen DRV-Kaderüberprüfung müssen die Sportlerinnen und Sportler am Samstag 2.000 Meter auf dem Ergometer zurücklegen. Am Sonntag rudern sie dann in Einern (Skull) und Zweiern ohne (Riemen) über die Distanz von 6.000 Metern auf dem Dortmund-Ems-Kanal. „Die ersten Eindrücke haben wir schon gewonnen. Nun bekommen wir einen ersten Leistungsnachweis zentraler Natur“, sagt Cheftrainerin Brigitte Bielig. Paul Leerkamp ist nach einer Corona-Erkrankung noch im Aufbau und kann nicht starten. Weitere Absagen wären angesichts der Witterungsverhältnisse der letzten Zeit keine Überraschung.
Ende Januar sollen die Boote stehen
Weiter geht es für fast alle Kaderathleten noch vor Weihnachten (7. bis 20. Dezember) mit dem ersten Trainingslager im Stamm-Winterquartier in Lago Azul (Portugal) für alle Disziplinen. Dort wird unter dem Stichwort Passfähigkeit der Athlet:innen auch zwischen den Bootsklassen einiges ausprobiert werden. Zu Beginn des neuen Jahres trainieren die Männer (2. bis 16. Januar) und danach die Frauen (16. bis 31. Januar) erneut in Lago Azul. „Ende Januar sollen die Mannschaften über alle Bereiche stehen“, sagt Brigitte Bielig. „Danach sollte es nur noch minimale Verschiebungen geben.“
Zeigen, was sie können, sollen die neugebildeten Boote dann bei der nationalen Überprüfung (19. bis 21. März) voraussichtlich in Köln und beim ersten Weltcup in Varese (10. bis 14. April). Ausgefahren werden sollen in Köln neben dem erwähnten Frauen-Zweier ohne auch die Weltcup-Startplätze im Männer-Zweier ohne und im Frauen-Einer, der Leichtgewichts-Doppelzweier der Frauen wird noch getestet. Weltmeister Oliver Zeidler muss sich im Männer-Einer nicht noch einmal stellen. Er ist für Varese gesetzt.
Umbesetzung in zwei Para-Bootsklassen
In Dortmund am Start ist auch die komplette Nationalmannschaft Para, die ebenfalls beide Tage auf dem Ergo und dem Wasser absolviert. Für die beiden Festsitz-Klassen PR1 und PR2 beträgt die Renndistanz auf der Langstrecke 4.000 Meter, die anderen Boote absolvieren 6.000 Meter. „Für uns steht der Vergleich mit den olympischen Ruderern im Vordergrund und weniger der interne, weil wir nicht so viele Boote sind“, sagt Cheftrainer Marc Stallberg. Deshalb wird auch der Vierer mitfahren. Zwei Umbesetzungen werden auf ihre Tauglichkeit getestet: Jan Helmich wechselt in den Mixed-Doppelzweier PR3 zu Hermine Krumbein, Valentin Luz geht dafür in den Mixed-Doppelvierer PR3. Der Mixed-Doppelzweier PR2 mit Paul Umbach und Sylvia Pille-Steppat hat mit Alexander Vollmer einen neuen Trainer, dessen nebenamtliche Stelle der Hamburger Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband installiert hat. Umbach/Pille-Steppat als einziges noch nicht für die Paralympics qualifizierte DRV-Boot soll in Dortmund nachweisen, dass sein Weg nach Paris führen kann.
Livestream und Meldeergebnis
Das Meldeergebnis ist auf der Homepage des Ruderclub Hansa von 1898 e.V. Dortmund zu finden. Außerdem können der Start und die letzten Meter vor dem Zieleinlauf per Livestream mitverfolgt werden.