03. Dez. 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss und Luisa Gärtner

Langstrecke: Überraschung durch Youngster Ole Hohensee

Er verblüffte alle mit der schnellsten Zeit über die 6000 Meter: Ole Hohensee (Stralsunder RC). Foto: meinruderbild
Überraschung auch bei den Frauen: Johanna Reichardt (ARC Würzburg), eigentlich ein Leichtgewicht, war die Schnellste über 6000 Meter. Foto: meinruderbild
Auf dem Ergometer macht ihm keiner etwas vor: Olympiasieger Oliver Zeidler war mit Abstand der Beste bei der Kaderüberprüfung in Dortmund. Foto: meinruderbild
Auf dem Ergometer in Bestform: Alexandra Föster (RC Meschede) zeigte einmal mehr, warum sie zu Deutschlands Top-Athletinnen gehört. Foto: meinruderbild
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Erstmals wurde die Dortmunder Langstrecke im olympischen Bereich ausschließlich im Einer gerudert. „Der neue Ansatz, der die individuelle Leistungsausprägung in den Vordergrund stellt und gleichzeitig besser mit den höheren Anforderungen im Beruf und im Studium direkt nach Olympischen Spielen vereinbar ist, war ein guter Ansatz. Er bietet sich als dauerhafte Einrichtung an“, sagte Cheftrainerin Brigitte Bielig zum Abschluss der Kaderüberprüfung am und auf dem Dortmund-Ems-Kanal. Für Bielig war es die letzte Veranstaltung als Cheftrainerin. Sie geht zum Jahresende in den Ruhestand.

Zeidler und Föster auf dem Ergo vorne

Beim Auftakt am Samstag mit dem 2000-Meter-Ergometer-Test setzten sich bei Männern und Frauen die beiden Favoriten durch. Olympiasieger Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania) war bei den Männern in starken 5:40,3 Minuten sehr klar der Schnellste. Eng ging es dahinter zu. Felix Heinrich (RK Normannia Braunschweig) gelang in 5:53,7 die zweitbeste Zeit, Dritter wurde Sönke Kruse (RV Münster) in 5:54,0 vor Olaf Roggensack (RC Tegel Berlin) in 5:52,2 und Marc Weber (RuS Steinmühle Marburg) in 5:54,8.

Bei den Frauen ruderte die Olympia-Siebte Alexandra Föster (RC Meschede) in 6:39,0 Minuten die beste Zeit. Rang zwei ging an U23-Rudererin Johanna Debus (RV Hellas Offenbach) in 6:44,6, Dritte wurde Frauke Hundeling (Deutscher RC Hannover) in 6:45,8. Dahinter folgten Tabea Kuhnert (SC Magdeburg) in 6:47,7 und Sarah Wibberenz (RC Havel Brandenburg) in 6:48,5.

Lob für die kämpferische Einstellung

„Mir hat gefallen, dass sich die Athlet:innen im A-Bereich offenbar mit den veränderten Kader-Kriterien auseinander gesetzt haben. Das hat sich teilweise in prima Zeiten niedergeschlagen, fast ausnahmslos aber in einer sehr guten kämpferischen Einstellung. Die Laktatwerte zeigten, dass viele an ihre Grenzen gegangen sind. Insgesamt war es auf dem Ergo ein sehr guter Einstand im A-Bereich. Auch im Frauen Riemen, was wichtig für den Neuaufbau ist“, lautete das Fazit von Brigitte Bielig. Etliche Sportler:innen haben den Sprung in den Bundeskader mit ihrem Ergo-Wert und ihrer Platzierung auf der Langstrecke geschafft. Ein Wermutstropfen war für Bielig aber, dass im U23- und im älteren U19-Bereich einige  Ruder:innen die Normen deutlich verpassten und die  Zeit zur Vorbereitung offenbar nicht ausreichend genutzt hatten. 

Hohensee und Holtz vor Zeidler und Weber

Am Sonntag bei den 6.000 Metern auf dem Wasser, die auch der zum 1. Januar einsteigende DRV-Vorstand Leistungssport Robert Sens verfolgte, gab es bei Männern und Frauen dann faustdicke Überraschungen. Bei den Männern siegte der erst 18-Jährige Ole Hohensee (Stralsunder RC), der im September bei der U19-WM Einer-Bronze geholt hatte, nach einem tollen Solo in 22:42 Minuten. Auch U23-Nationalruderer Oliver Holtz (Rostocker RC) kam in 22:50 Minuten noch vor dem als Erster startenden Oliver Zeidler (22:54) ein, der somit Dritter wurde.  Nur eine Sekunde hinter Zeidler gelangte Marc Weber (RuS Steinmühle Marburg) nach einem beherzten, spannenden Kampf gegen die Uhr ins Ziel. Fünfter unter den 93 Startern (bei knapp 40 Abmeldungen) wurde Finn Wolter (RC Witten) in 23:00.

„Die Bedingungen waren dank der Sonne gut und über die gesamte Wettkampfzeit überwiegend gerecht. Es gab keine stark veränderten Bedingungen für die später Gestarteten. Ole Hohensee hat einfach eine tolle Leistung geboten und auch Oliver Holtz war stark. Es ist schön, dass sich im Skull immer wieder Talente nach vorne schieben. Beide haben sich für Einladungen zu zentralen A-Lehrgängen empfohlen“, sagte die Cheftrainerin. Für Oliver Zeidler sei Rang drei kein größeres Problem. „Olli kann es verkraften, einmal nicht gewonnen zu haben. Diesen Rucksack, immer Erster sein zu müssen, dürfen wir ihm auch nicht aufbinden. Es war gut, dass er sich hier gestellt hat, und seine Ergo-Zeit war sehr schnell.“

Johanna Reichardt überrascht bei Frauen 

Bei den Frauen absolvierte Johanna Reichardt (ARC Würzburg) zu ihrer großen Freude die Langstrecke in 25:23 Minuten als Schnellste. Die WM-Teilnehmerin im Leichtgewichts-Doppelzweier war als vorletzte Starterin überraschend rund drei Sekunden schneller als die lange führende Alexandra Föster, die mit ihrem soliden Auftritt dennoch zufrieden sein konnte. Dritte wurde Sarah Wibberenz in 25:38 vor Frauke Hundeling und Lisa Gutfleisch (Heidelberger RK), die sich in 22:52 Rang vier teilten. 56 Frauen waren am Start. In die 23 krankheitsbedingten Absagen reihte sich auch noch Pia Greiten ein, damit war der Bronze-Doppelvierer von Paris nicht in Dortmund vertreten.

Bundestrainer Stallberg zufrieden mit den Paras

Die Langstrecke in Dortmund war für den Para-Bereich nicht nur der Auftakt der neuen Saison, sondern auch eine erste Standortbestimmung. Marc Stallberg, der Bundestrainer Para Rudern, war größtenteils zufrieden mit seiner Mannschaft: „Ich bin stolz darauf, wie sich die Sportler präsentiert haben, und freue mich auf die weitere Saison. Ein besonderer Dank geht an den Ruder-Club Hansa Dortmund, der die Maßnahme erneut hervorragend ausgerichtet hat. Die Rahmenbedingungen vor Ort ermöglichten allen Teilnehmenden eine optimale Vorbereitung und Durchführung der Rennen – ein nicht selbstverständlicher, aber umso wertvollerer Beitrag für den Parasport.“

Starke Leistungen im PR2-Bereich

Besonders beeindruckend präsentierte sich Jasmina Bier (RG Hansa Hamburg) im PR2-Frauen-Einer. Nach einer soliden Leistung auf dem Ergometer überraschte sie mit einer herausragenden Performance auf dem Wasser. „Ich wusste, dass Jasmina gut ist, aber dass sie so stark drauf ist – das hat mich wirklich überrascht“, so Stallberg. Die Zusammenarbeit mit ihrem Heimtrainer Stephan Froelke, der Bier im Rahmen der U19-Trainingsgruppe der Ruder-Gesellschaft Hansa trainiert, zeigt, wie erfolgreich die Integration von Athlet:innen mit und ohne Einschränkung sein kann. Gesa Junge, eine weitere Sportlerin dieser Trainingskonstellation, konnte auf der Langstrecke gemeinsam mit ihrer Partnerin Leonie Grube aus Magdeburg den Juniorinnen-Zweier ohne Steuerfrau gewinnen – ein echtes Best-Practice-Beispiel für gelebte Integration. Manuela Diening (RV Münster) musste für die Langstrecke krankheitsbedingt absagen.

PR3-Duo überzeugt trotz Herausforderungen

Julian Müller und sein Guide Esther Linner, die keine Einschränkung hat, bildeten im PR3-Zweier ein weiteres starkes Duo. Müller überzeugte zunächst mit einer Zeit von 06:57,8 Minuten auf dem Ergometer und zeigte auch im Boot eine hervorragende Leistung. Das Duo vom Karlsruher RV Wiking fuhr knapp hinter Jan Helmich und Hermine Krumbein (RC Hansa Dortmund, RK Normannia Braunschweig) ins Ziel. Das Bronze-Boot der Paralympics hatte mit Krankheit und Reisestress zu kämpfen, lieferte jedoch eine starke Performance ab. Die beiden erzielten eine Relationszeit, die sogar den olympischen Bereich übertraf – ein Meilenstein für den Para-Rudersport. 

Aufgrund der gezeigten Leistungen konnten folgende Sportler:innen als Nachwuchskader (NK1) aufgenommen werden: Jan Rothländer (RG Bergedorf), Julian Müller (Karlsruher RV Wiking) und Thyrza Kiewik (Offenbacher RG Undine).
Zusätzlich wurden Ruben Hamacher (Mannheimer RV Amicitia) und Inken Ramöller (ARC zu Münster) in den Teamkader (TK) berufen.

Der nächste Schritt für die Para-Athlet:innen steht bereits fest: Im Januar geht es nach Freiburg zum Skilehrgang im Rahmen des Exzellenzclusters Ausdauer des Deutschen Behindertensportverbandes. Dort werden Grundlagen für eine weitere erfolgreiche Saison gelegt.

RC Hansa gewohnt guter Organisator

Der RC Hansa Dortmund als Ausrichter der Bundeskaderüberprüfung war ein gewohnt guter Organisator dieser Veranstaltung. Die Vereinsmitglieder sorgten auch für die leckere Verpflegung im Bootshaus. Mit dem Regatta-Timer waren alle Anwesenden über die Zwischenstände stets im Bilde. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Hilrich Bücker und sein Team.

Alle Ergebnisse der Langstrecke 2024 gibt es hier.

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