Monitoring der Leistungsvariabilität entlang des Menstruationszyklus
Monitoring der Leistungsvariabilität entlang des Menstruationszyklus
Viele Athletinnen nehmen Einflüsse des Menstruationszyklus auf ihre Leistungsfähigkeit wahr und fordern daher, dass sich Trainer/-innen wie Wissenschaftler/-innen des Themas annehmen und gemeinsam evidenzbasierte Antworten auf Sport-praktische Fragen zur Trainingsplanung finden.
Grundsätzlich ist bekannt, dass die extragenitale Wirkung der Sexualhormone zu objektiv messbaren zyklusabhängigen Schwankungen zahlreicher biomechanischer, physiologischer und psychologischer Parameter führt, die ihrerseits Leistungsfähigkeit und Verletzungsanfälligkeit der Athletinnen beeinflussen können. Auch die Reaktion auf Trainingsstimuli kann in Abhängigkeit von Hormonlevel und Zyklusphase schwanken und hat damit einen Einfluss auf die Adaptationsfähigkeit. Aufgrund der beobachteten Schwankungen der Leistungsfähigkeit und Trainierbarkeit birgt die Berücksichtigung des Menstruationszyklus in der Trainingsorganisation und der Periodisierung des Trainings das Potential, Anpassungseffekte und Wettkampfleistung zu maximieren.
Ein Team rund um Prof. Dr. Kirsten Legerlotz von der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Thematik zusammen mit dem DRV aufgegriffen. Zielstellung war es, individuelle Schwankungen der Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit im Zyklus zu identifizieren und systematische Muster herauszuarbeiten, um damit Grundlagen für weitere Überlegungen zur Individualisierung des Trainings sowie der Ausprägung der Zyklusgesundheit im Rudern zu schaffen.
Über einen Zeitraum von drei Monaten während der ersten Vorbereitungsperiode vom Oktober bis Januar 2022/23 wurden 14 volljährige, gesunde Bundeskader Ruderinnen einem engmaschigen Monitoring mit zweifacher wöchentlicher Messung ihrer Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit, Körperzusammensetzung und Hormonkonzentration unterzogen. Darüber hinaus wurde das allgemeine Wohlbefinden täglich abgefragt und die Körperkerntemperatur zur Identifikation des Eisprungs kontinuierlich und automatisiert mittels eines Temperatursensors erfasst.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich tatsächlich bei einigen Athletinnen zyklusabhängige Schwankungen ihrer Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit andeuten, während bei anderen kein direkter Zusammenhang herstellbar war. Insgesamt zeigten sich sowohl hohe intraindividuelle Schwankungen als auch erhebliche interindividuelle Unterschiede bezüglich der Variabilität der Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit entlang des Zyklus, weswegen sich keine allgemeingültigen Aussagen ableiten lassen. Deutlich war hingegen, dass viele Zyklusstörungen auftraten, welche auf hormonelle Dysregulationen hinweisen. Derartige Störungen können die sportliche Leistungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit auf Trainingsreize beeinträchtigen, sowie negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Zusammenfassend lässt sich für die leistungssportliche Praxis ableiten, dass aufgrund der unerwartet hohen Anzahl an Zyklusstörungen der Fokus primär auf die Feststellung der Zyklusgesundheit sowie auf die Aufdeckung von Zyklusstörungen, die von den Athletinnen häufig nicht wahrgenommen werden, gelegt werden sollte. Ein kontinuierliches Zyklusmonitoring mit der Erfassung der Zykluslänge, der Menstruationsblutung und dem Eisprung stellt hierzu ein zielführendes Werkzeug dar.
Ein derartiges engmaschiges sowie lückenloses Zyklusmonitoring stellt wiederum die Grundlage für die Erstellung eines detaillierten Zyklus-Leistungs-Profils und mögliche Umsetzung aktuell diskutierter zyklusorientierter Trainingsansätze in die alltägliche Trainingspraxis dar. Besonders bei Athletinnen bei denen sich zyklusabhängige Schwankungen der Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit zeigen, birgt die Berücksichtigung des Menstruationszyklus in der Trainingsplanung ein hohes Potential zur mittel bis langfristigen Optimierung von Trainingsanpassungen, Leistungsfähigkeit und Gesundheit.
Das Projekt wurde durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft unterstützt (AZ 072050/22-23).
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