von Hans Strauss & Luisa Gärtner

Olympische Spiele: Unser Frauen-Einer

Ein eingespieltes Team: Alexandra Föster und Sebastian Kleinsorgen. Foto: Maren Derlien

Die gute Nachricht zuerst: Der Rücken von Alexandra Föster, er macht keine Probleme mehr. Die 22-Jährige vom RC Meschede kann sich ohne Einschränkungen auf ihre ersten Olympischen Spiele vorbereiten. Das war nach dem zweiten Weltcup in Luzern, bei dem Föster unter Schmerzen auf den fünften Platz gerudert war, noch anders. Eine Woche nach der Rückkehr aus der Schweiz starteten Alex und ihr langjähriger Trainer Sebastian Kleinsorgen am Bundesstützpunkt Ratzeburg in ihre individuelle Unmittelbare Wettkampfvorbereitung (UWV) I.  Die erste Woche dort verbrachte sie aber mehr auf dem Rad als im Boot. Und vor allem kostete es viel Zeit, den Schmerzen im unteren Rücken auf den Grund zu gehen.

Nach Untersuchungen und viel Physiotherapie wurde es deutlich besser. „Seitdem kann ich ohne Einschränkungen trainieren. Ab der zweiten Woche in Ratzeburg haben wir viel Umfang gemacht“, sagt Föster. Danach ging es nach Essen, wo sie mit dem deutschen U23-Titel die Startberechtigung für die Weltmeisterschaft Ende August in Kanada erwarb – und nach den Rennen noch ihre täglichen Kilometer vollmachte. Danach wurde am heimischen Hennesee weiter trainiert. Die UWV II absolviert Föster nun mit der restlichen Nationalmannschaft seit 6. Juli erneut in Ratzeburg. Eine Magen-Darm-Erkrankung sorgte dort für eine kurze Zwangspause.

Sportlich wird sie dennoch gerüstet sein für die Spiele, denen sie mit Freude, aber auch einer gewissen Spannung entgegenblickt. „Ich hoffe, es wird nicht zu anders als bei einer normalen Regatta, weil viel drumherum sein wird.“ Und dabei zu sein, reicht Föster natürlich nicht. Ihr Ziel formuliert sie so: „Letztes Jahr habe ich es bei der WM nicht ins Finale geschafft. In Paris möchte ich das ändern und unter die besten Sechs kommen, um im Finale um die Medaillen kämpfen zu können. Das wird schwierig genug, weil die Konkurrenz sehr stark und ausgeglichen ist.“ Zu den Favoritinnen gehört sie nicht, aber diese Rolle behagt ihr eher, als dass sie das stört. „Meine Ergebnisse in diesem Jahr mit den zweiten Plätzen in Varese und bei der EM in Szeged waren nicht schlecht. Daran versuche ich mich zu erinnern, und auch an andere Wettkämpfe in den Jahren zuvor, als ich, ohne Favoritin zu sein, viel aus mir herausgeholt habe.“

Das Top-Trio im Frauen-Einer bilden Karolien Florijn (Niederlande), Tara Rigney (Australien) und Emma Twigg (Neuseeland). Es wäre das von vielen erwartete Ergebnis, wenn sie in Paris die Medaillen unter sich ausmachen würden, mit der seit drei Jahren unbesiegten Florijn als der klaren Favoritin. „Außer Karolien sind sie heuer aber gar nicht so weit vorneweg gefahren“ macht sich Föster Mut. Viel Dynamik gibt es aber auch in der erweiterten Weltspitze, zu der sie sich zählen darf, zusammen mit Klara Kohler (USA), Desislava Angelova (Bulgarien), Viktorija Senkute (Litauen) und Jovana Arsic (Serbien). Man dürfe auch Virginia Diaz Rivas (Spanien) und Aurelia Janzen (Schweiz/Rostock) nicht unterschätzen, die sich bei der Nachquali für Paris durchgesetzt hatten. „Es gibt viele Wechsel in den Ergebnissen, da ist nichts in Stein gemeißelt. Deshalb lohnt es sich, jeden Tag zu trainieren, um jeden Platz rauszuholen“, sagt Föster, die sich als Achte der vergangenen WM für die Spiele qualifiziert hatte.

An ihrer taktischen Ausrichtung, vor allem auf ihren mächtigen Endspurt zu setzen, wird sich grundsätzlich nichts ändern. „Ich versuche, mein Repertoire zu ergänzen, damit ich zu Rennbeginn nicht zu weit zurückfalle, aber der Endspurt ist schon der Aspekt, auf den ich mich berufen sollte“, sagt Föster. 

Mit dem olympischen Turnier ist die Saison für die Sauerländerin noch nicht beendet. Zum letzten Mal kann sie bei der U23-WM starten, und Ende August in Kanada versucht sie, ihren dritten Einer-Titel zu holen. „Daran möchte ich aber noch gar nicht denken, der ganze Fokus liegt auf Paris.“ Fast kein Gedanke geht derzeit auch an ihr Masterstudium in praktischer Informatik, dass sie an der Fernuni Hagen begonnen hat. „Ich bemühe mich, es gerade ruhig angehen zu lassen, aber ganz fallen lassen will ich es auch nicht.“ Denn Programmieren, so ist es auch auf der Webseite der Uni zu lesen, ist das Hobby von Alex Föster.

Das sagt Trainer Sebastian Kleinsorgen:

„Unser Ziel ist es, das A-Finale zu erreichen. Alex macht sich im Moment ein bisschen verrückt, weshalb die Stimmung sehr wechselhaft ist. Sie muss sich jetzt auf sich besinnen und auf das Training konzentrieren. Im Wettkampf hat sie bisher immer starke Nerven gezeigt und ich traue ihr zu, das auch in Paris wieder umzusetzen. Dann kommt es darauf an, wer am besten trainiert und auch das Quäntchen Glück hat – zum Beispiel bei der Losung der Bahnen und der Gegner.“

Alex Föster: Die 22-Jährige vom RC Meschede kann sich ohne Einschränkungen auf ihre ersten Olympischen Spiele vorbereiten. Foto: Maren Derlien
Wie bist Du zum Rudern gekommen?

Basti hat mich auf dem Straßenfest überredet, es mal auszuprobieren. Ich durfte im Gegenzug das ganze Wochenende auf seinen Schultern herumgetragen werden.

Was war Dein Kindheitstraum?

Ich wollte Archäologin werden. Besonders das alte Ägypten hat mich fasziniert.

Was ist Deine peinlichste Story?

Wenn es nicht so peinlich wäre, würde ich es hier aufschreiben (-;

Was würdest Du mit 1 Million Euro machen?

Leider ist das weniger als man denkt. Ich würde das Geld erstmal anlegen und in ein paar Jahren ein Haus kaufen.

Was ist Dein Ritual vor dem Wettkampf?

Kurz vor dem Ablegen umarme ich Basti immer noch.

Was ist das älteste Kleidungsstück in Deinem Schrank?

Das NRW-T-Shirt von meinem ersten Bundeswettbewerb (2014, Rüdersdorf)

Würdest Du einen Tag ohne Dein Handy überleben?

Auf jeden Fall. Das würde mir bestimmt auch mal gut tun.

Welcher Erfolg bedeutet Dir am meisten?

Der 1. Platz beim Weltcup in Luzern 2022

Was würdest Du einer/m jungen Sportlerin/Sportler mit auf den Weg geben?

Bleib dir selbst treu und lass dich nicht verbiegen.