von Hans Strauss & Luisa Gärtner

Olympische Spiele: Unser Männer-Einer

Ein unschlagbares Team: der amtierende Weltmeister Oliver Zeidler mit seinem Vater und Trainer Heino im Olympischen Dorf. Foto: Hollaus

Als Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania) vor knapp zwei Wochen beim DRV-Medientag zugeschaltet war, hinterließ er einen ausgesprochen entspannten Eindruck. Wie jemand, der in der Vorbereitung alles dafür getan hat, bei den Olympischen Spielen erfolgreich zu sein und Lösungen für alle denkbaren Probleme parat zu haben. „Ich bin sehr, sehr zufrieden mit den letzten Wochen“, sagte er mehrfach.

Nach dem ersten Trainingslager in Vaires-sur-Marne im vergangenen Jahr verbrachte Zeidler nun im Juni nochmals zehn Tage auf der olympischen Ruderanlage. „Die Strecke ist recht speziell, das haben wir schon letztes Jahr bei der WM-Vorbereitung gemerkt. Man muss sich auf schwierigere Bedingungen einstellen. Ich bin sehr froh, dass wir noch einmal hingefahren sind. Ich bin Bestzeiten auf dieser Strecke gefahren und mit sehr viel Selbstvertrauen nach Hause gereist“, sagte Zeidler. 

Das Problem in Vaires-sur-Marne ist nach seiner Erfahrung der häufige Seitenwind: „Er kann schiebend oder von vorne kommen.“  Im Training lernte er, damit umzugehen. „Wir haben Messboot gemacht, selbst bei Seitenwind stelle ich das Boot nun sehr, sehr gut.“ Vor den Corona-Spielen 2021 in Tokyo gab es keine Möglichkeit, sich vorher mit der meernahen Strecke bekannt zu machen. Wind und Wellen wurden Zeidler zum Verhängnis, er verpasste als Topfavorit unerwartet das A-Finale und wurde am Ende Siebter.

Seitdem sind drei Jahre vergangen und Olli ist noch stärker geworden. „Ich habe viel an mir gearbeitet seit Tokio. Ich bin mittlerweile auch technisch deutlich besser und kein Flachwasser-Ruderer mehr“, sagte er im Mai in Luzern. Renntaktisch probierten er und sein Vater und Trainer Heino noch in der olympischen Saison einiges aus, verzichteten zum Beispiel mal auf einen normalerweise sehr dominant geführten Start. „Jetzt steht unsere Taktik für das Finale. Wenn ich sie umsetzen kann, bedeutet das, dass ich ein sehr gutes Rennen gefahren bin, und dann sollte auch eine Medaille herumkommen“, sagte Zeidler beim DRV-Medientag. Idealerweise natürlich Gold – es wäre die verdiente Krönung für den Dominator des Männer-Einers. Seine Taktik verriet Zeidler auf Nachfrage „natürlich nicht“.

Die erneute Teilnahme an der Royal Henley Regatta, die mit seinem vierten Sieg beim vierten Gastspiel auf der britischen Insel endete, wertete er als perfekten weiteren Baustein der Vorbereitung: „Auch dort ist sehr, sehr schwieriges Wasser, mit Flussströmung und Bootsverkehr. Es gibt die klassischen Marken bei 250 Meter nicht, weil die Strecke länger ist. Man muss sich also aus seiner Komfortzone herausbewegen.“ Den Rest der Vorbereitung verbrachte er auf seiner Homebase in Oberschleißheim: „Ich bin gerne in meiner gewohnten Umgebung, wo ich meine Zeiten kenne.“ 

Trotz des häufigen Winds in Vaires-sur-Marne hofft Zeidler für die Olympischen Spiele und speziell für das A-Finale am Sonntag, 3. August (10.30 Uhr), „dass wir dort erstmals in diesem Jahr die Chance haben, bei schnellen Bedingungen zu rudern. Die Regatten bisher waren alle durch Gegenwind geprägt.“ Schnelle Bedingungen, da könnte er seine überragende Physis ausspielen. Dann würde es auch für den Niederländer Simon van Dorp noch schwerer werden, Zeidler wie beim Weltcup II am Luzerner Rotsee zu schlagen. „Ich wollte heute einfach ein bisschen zu viel und habe mich übernommen“, sagte Zeidler nach seinem zweiten Platz, als er kurz vor dem Ziel überholt worden war.

Damals machte er Probleme mit dem Zeitpunkt des Mittagessens vor dem Rennen geltend. Das wird ihm nicht wieder passieren, auch dafür gibt es einen Plan. „Ich gestalte meine Ernährung so, wie ich sie während der 10 Tage in Paris gestaltet habe“, sagte er dazu. Vor dem Halbfinale und dem Finale will Zeidler zudem nicht im olympischen Dorf, sondern in einer Unterkunft nahe an der Strecke übernachten.

Nach der WM 2023 in Belgrad und Luzern 2024 erwartet er wieder ein Duell mit van Dorp um den Sieg, gibt sich aber selbstbewusst: „Vielleicht hat der eine oder andere Gegner auch zu früh die Bestform hingelegt. Ich gehe mit sehr viel Selbstvertrauen in die olympische Regatta.“ Dass er der einzige Gold-Kandidat in der deutschen Ruder-Nationalmannschaft ist und entsprechend hohe Erwartungen an ihn gerichtet sind, belastet Olli nach seinen Worten nicht. „Wir werden alle das Beste geben. Vielleicht kommen noch eine oder zwei Medaillen hinzu und wir können alle gemeinsam feiern.“

Ein wenig feiern lassen darf er sich schon zwei Tage vor dem Vorlauf am Mittwoch (24. Juli) im Olympischen Dorf, denn da hat er 28. Geburtstag. Gratulieren wird ihm auch Freundin Sofia Meakin, die Ersatzruderin für den Doppelvierer der Schweiz ist. 

Das sagt Trainer Heino Zeidler:

„Wir sind bereit für Paris, wir freuen uns auf Paris. Das Ziel ist, auf alle Fälle besser abzuschneiden als in Tokio. Wir wollen ins A-Finale, und wenn wir das erreicht haben, wollen wir um die Medaillen mitrudern und nicht mit leeren Händen nach Hause fahren.  Die Vorbereitung haben wir sehr abwechslungsreich gestaltet mit zehn Tagen Paris und einer Woche Henley. Sehr wichtig war uns, die letzten drei Wochen zu Hause auf der schönsten Regattastrecke Deutschlands in Oberschleißheim mit eingezogenen Bahnen zu trainieren. Das Wichtigste für die nächsten Tage ist nun: Gesund bleiben.“

Wie bist Du zum Rudern gekommen?

Familie

Was war Dein Kindheitstraum?

selbst an den Olympischen Spielen teilzunehmen 

Würdest Du einen Tag ohne Dein Handy überleben?

Ja

Welcher Erfolg bedeutet Dir am meisten?

WM 2023

Was würdest Du einer/m jungen Sportlerin/Sportler mit auf den Weg geben?

Locker bleiben!