Das lange Warten hat ein Ende. Die deutsche Ruder- und Para-Ruder-Nationalmannschaft startet beim zweiten Weltcup in Poznań (Polen) in die internationale Saison. Insgesamt 67 Athletinnen und Athleten gehen an den Start. Nur Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania), der als einziger Deutscher beim ersten Weltcup in Belgrad antrat – und gewann – pausiert.
Das Teilnehmerfeld umfasst rund 600 Sportlerinnen und Sportler aus insgesamt 36 Nationen. Nicht dabei sind Italien und Großbritannien.
Nach den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Jahr befindet sich die Mannschaft in einem großen Umbruch. Viele Leistungsträger haben ihre Karriere beendet oder ein Pausenjahr eingelegt. „Darum haben wir einen Neuanfang versucht. Dazu zählen die Trainerum- und -neubesetzungen sowie ein verändertes und für die Sportler transparenteres und fairer gestaltetes Qualifikationssystem. Es sind extrem viele Athleten aus dem U23-Bereich ins Team gerückt – die machen knapp ein Viertel der Mannschaft aus“, erklärt Cheftrainerin Brigitte Bielig und Sportdirektor Mario Woldt ergänzt. „Zusätzlich haben sich die Rahmenbedingungen seitens der Förderung geändert. Das hat uns das Leben nicht unbedingt leichter gemacht, sondern uns vor Herausforderungen gestellt. Bis vor zwei Wochen hatten wir noch keine finanziellen Mittel seitens des Bundes und mussten alles aus eigenen Bordmitteln bezahlen. Es ist eine ganze neue Qualität auf allen Ebenen in diesem Zyklus.“
Deshalb will die sportliche Führung in dieser Saison auch von Regatta zu Regatta schauen. „So können wir dann gegebenenfalls auch Nachjustierungen vornehmen und uns am Ende dann wirklich auf die priorisierten Bootsklassen verständigen, wo wir in diesem nacholympischen Jahr die größten Chancen haben. In Poznań wollen wir die ganze Mannschaft nun testen“, so Bielig.
Achter auf sechs Position umbesetzt
Mit Torben Johannesen, Laurits Follert und Olaf Roggensack sitzen nur noch drei Athleten aus der vergangenen Olympia-Saison im Deutschland-Achter. Insgesamt ist die Bootsbesetzung stark verjüngt. Der jüngste Athlet ist 20, der älteste 27. „Das ist der jüngste Achter seit Jahren. Dies bietet natürlich viele Möglichkeiten, aber erst einmal ist es wichtig, dass die jungen Athleten internationale Erfahrungen sammeln“, weiß Torben Johannesen, der als „Dienstältester“ ein wenig die Rolle des Führenden eingenommen hat. „Ich sehe mich schon in der Position, viel an die jungen Sportler weiterzugeben. Die brauchen jemanden, der auch im Training zeigt, welche Schritte noch gegangen werden müssen. Da helfe ich gern.“ Auch der Vierer und der Zweier ohne starten mit neuer Besetzung. „Poznań ist für uns erstmal eine Standortbestimmung, um zu schauen, wo wir im internationalen Vergleich überhaupt stehen. Da haben wir auf jeden Fall alle Bock drauf“, so Malte Großmann aus dem Vierer ohne.
Mit Sabine Tschäge verstärkt auch erstmals eine Frau das Männer-Riemen-Trainerteam. „Das ist auch für uns etwas Neues. Sabine ist eine sehr gute Wahl und eine Bereicherung für uns. Sie gibt neuen Input und liefert neue Blickwinkel“, so Johannesen.
Die Frauen-Riemen-Mannschaft wird seit dieser Saison von René Burmeister und Johnny Vikkelsøe trainiert. „Es pendelt sich so langsam alles ein. Man muss dem Trainerteam aber auch die Zeit geben, sich besser kennenzulernen und die Zusammenarbeit zu optimieren. Da müssen wir Athletinnen auch etwas Geduld haben“, so Larina Hillemann, die als Steuerfrau des Achters eine sehr junge Mannschaft vor sich sitzen hat. „Wir haben viele Aufsteigerinnen aus dem U23-Bereich, der in den vergangenen Jahren in den unterschiedlichen Bootsklassen Erfolge feiern konnte. Der Zweier und Vierer ohne wurde jetzt erstmal primär mit älteren Athletinnen besetzt. Jetzt sind wir gespannt, wie wir uns im internationalen Vergleich schlagen.“
Alexander Schmidt verstärkt seit dieser Saison das Trainerteam im Frauen-Skull-Bereich. Auch dieser Disziplinbereich hat sich relativ neu aufgestellt. „Wir sind ein junges Team, es sind nicht mehr viele aus dem letzten Jahr dabei. Wir haben in den vergangenen Monaten viel probiert. In Poznań werden wir schauen, wie es jetzt läuft, woran wir weiter arbeiten können und wie wir dann in der Saison weiterverfahren“, so Pia Greiten, die gemeinsam mit Frauke Hundeling im Doppelzweier an den Start geht.
Seitdem Marcus Schwarzrock das Amt des U23-Bundestrainers übernommen hat, leiten Tim Schönberg und Dirk Brockmann den Männer-Skull-Bereich. Auch diese Mannschaft startet stark verändert in die neue Saison. „Neben mir sind noch viele junge Sportler neu an Bord, die zum ersten Mal so einen Weltcup-Zyklus mitmachen. Wir sind sehr gespannt und freuen uns auf den Start“, erklärt Anton Finger, der in Poznań im Doppelvierer sitzen wird. Max Appel, in der vergangenen Saison noch in Tokio im Doppelvierer gesessen, startet nun mit Moritz Wolff im Doppelzweier. „Wir haben in diesem Jahr eine andere Qualifikation durchlebt und die Boote auch mal anders besetzt. Jetzt müssen wir schauen, wie wir international dastehen und wie die restliche Saison dann weiterverläuft“, so Appel.
Im leichten Skullbereich gehen insgesamt vier Boote an den Start. Die Deutsche Meisterin Marie-Louise Dräger rudert den Einer, Katrin Volk und Romy Dreher treten im Doppelzweier an. Die Silbermedaillengewinner von Tokio, Jason Osborne (ist aktuell im Radsport aktiv) und Jonathan Rommelmann (Pausenjahr), sind in dieser Saison nicht dabei. In deren Fußstapfen wollen Paul Leerkamp und Arno Gaus treten, im leichten Einer startet Finn Wolter.
Fünf Para-Boote am Start
Para-Bundestrainer Marc Stallberg schickt insgesamt fünf Boote ins Rennen. „Am spannendsten wird sicherlich das Einer-Rennen von Manuela und Sylvia. Denn die beiden fahren aus, wer dann auf der EM bzw. WM den Einer fahren wird. Beide haben sich gut vorbereitet und ich habe absolut keine Tendenz, wer am Ende vorne sein wird. Das Meldeergebnis in dieser Bootsklasse ist auch wirklich top“, freut sich Stallberg, der den PR3Mix4+ noch einmal umgesetzt hat. „Marc Lembeck sitzt nun auf Schlag. Wir hoffen im Vergleich zu Gavirate noch einmal ein paar Sekunden gut machen zu können. Unser Hauptgegner hier sind die Italiener.“
Für Paul Umbach im PR2M1x geht es bei seinem ersten Weltcupstart hauptsächlich darum, Erfahrungen zu sammeln. „Paul hat sich das Ziel gesetzt, ins Finale zu rudern“, so Stallberg und ergänzt. „Marcus Klemp hat sich zuletzt mehr auf seine Ausbildung fokussiert, für ihn geht es jetzt vorrangig darum, Rennpraxis zu sammeln.“
Die ersten Vorläufe sind bereits für den Donnerstagabend angesetzt. So starten die Athletinnen und Athleten im Männer- und Frauen-Einer sowie im Zweier ohne schon einen Tag früher als üblich in den Weltcup.
Ergebnisse und Livestream
Live-Ergebnisse gibt es auf worldrowing.com. Dort werden am Sonntag auch die Finals im Livestream übertragen.
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