30. Juli 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

Gelsen/Weber enttäuscht, beide Einer im Halbfinale

Enttäuscht im Ziel: Jonas Gelsen und Marc Weber waren im Halbfinale des Männer-Doppelzweiers vom ersten auf den vierten Platz durchgereicht worden. Foto: Julia Kowacic
Gruß zur Tribüne: Oliver Zeidler gewann sein Viertelfinale im Männer-Einer sicher, nun geht das Turnier für ihn richtig los. Foto: Julia Kowacic
Alles lief nach Plan: Alex Föster überquerte die Ziellinie als Zweite ihres Viertelfinales und steht nun im olympischen Halbfinale des Frauen-Einers. Foto: Julia Kowacic
3 Bilder

Am wahrscheinlich heißesten Tag der olympischen Ruderwettbewerbe sind die beiden deutschen Einer mit guten Vorstellungen ins Halbfinale eingezogen. Oliver Zeidler gewann am Dienstag bei den Männern seinen Viertelfinallauf, Alexandra Föster belegte den zweiten Platz hinter der Topfavoritin Karolien Florjin aus den Niederlanden. Für den Männer-Doppelzweier ging die Hoffnung auf den Finaleinzug trotz eines starken Rennens nicht in Erfüllung. 1400 Meter lang lagen Jonas Gelsen und Marc Weber in ihrem Halbfinallauf in Führung, doch am Ende wurden sie auf den vierten Platz durchgereicht und bestreiten damit am Donnerstag das B-Finale.

Der gefürchtete Seitenwind hat sich im Stade Nautique von Vaires-sur-Marne bisher kaum blicken lassen. Am vierten Wettkampftag gab es perfektes, glattes Wasser, nur die bei Wettkampfbeginn um 9.30 Uhr schon bei 24 Grad stehende Außentemperatur machte den Athlet:innen durchaus zu schaffen.

Föster zieht Plan durch und wird Zweite

Alex Föster hatte mit ihrem Trainer Bastian Kleinsorgen im näher an der Strecke gelegenen Außenquartier des DRV übernachtet, um einem Busausfall und der dann entstehenden Hektik, wie sie es vor ihrem Vorlauf erlebt hatte, aus dem Weg zu gehen. Im zweiten Viertelfinale des Frauen-Einers fuhr sie ein gutes, kontrolliertes Rennen und erreichte das Halbfinale als Zweitplatzierte, ohne die letzten Reserven mobilisieren zu müssen. Nach 1100 Metern überholte sie die Weißrussin Tatsiana Klimovich (Neutrale Athleten) und setzte sich auf Rang zwei. Selbst der frühzeitig weggefahrenen Karolien Florjin rückte sie am Ende noch auf die Pelle, was Föster selbst aber gar nicht mitbekommen hatte. So feierte die Niederländerin in ihrem 29. internationalen Einer-Rennen den 29. Sieg. 

„Ich wusste gar nicht, dass ich so nah an Karoljin dran war, das habe ich erst im Nachhinein erfahren. Mein Coach meinte, wenn ich noch ein bisschen mehr Endspurt gefahren wäre, hätte ich sie noch gekriegt. Aber ich weiß nicht, ob das was gebracht hätte, den ersten Platz zu holen. Im Endeffekt ist das nächste Rennen sehr wichtig für mich, damit ich das Finale erreichen kann. Mein Ziel war heute, Zweite zu werden, und das habe ich erreicht“, sagte die 22-Jährige. „Das war ein Rennen, auf das man stolz sein kann. Alex hat den Plan durchgezogen und Ruhe bewahrt, als sie bei 500 Metern hinten lag. Sie ist geschickt mitgegangen mit der Weißrussin und hat hinten den Sack Richtung Platz zwei zugemacht“, sagte Trainer Sebastian Kleinsorgen.

Im ihrem Halbfinale am Donnerstag (9:40 Uhr) hat Föster mit Emma Twigg (Neuseeland) nun nur eine der drei Topfavoritinnen als Gegnerin. Außerdem trifft sie auf die starke Viktorija Senkute (Litauen), die ihren Vorlauf gewann, Kara Kohler (USA), erneut Tatsiana Klimovich (Neutrale Athleten) und Magdalena Lobnig (Österreich). „Das Halbfinale wird nicht leicht. Wir werden fünf starke Gegnerinnen haben, die alle über viel Erfahrung verfügen. Da werden wir uns erst Mal einsortieren und über die richtige Renntaktik versuchen, ins Finale zu kommen“, sagt Kleinsorgen. 

Zeidler mit der schnellsten Zeit aller Viertelfinals

Wie ein Uhrwerk spulte Oliver Zeidler lange Zeit sein Pensum im zweiten Viertelfinallauf des Männer-Einers ab. Der Blitzstart des Paraguayers Javier Insfran diente dazu, ihn auch einmal ins Rampenlicht zu rücken, am Ende wurde der Südamerikaner abgeschlagen Letzter. Zeidler war bei 500 Metern schon knapp vorne und überquerte die 1000-Meter-Marke ebenso wie die bei 1500 Metern jeweils mit knapp drei Sekunden Vorsprung. Dann nahm er das Tempo stark heraus, um Kraft zu sparen. Das allerdings war keine so gute Idee, denn der Dreikampf um die zwei restlichen Halbfinalplätze hinter ihm eskalierte und Zeidler musste auf den letzten Metern noch einmal forcieren, um mit einer knappen Sekunde Vorsprung über die Ziellinie zu gehen. Trotzdem fuhr er mit 6:45,32 Minuten die schnellste Zeit aller Viertelfinals. Der Belgier Tim Brys beschenkte sich an seinem 31. Geburtstag mit dem überraschenden zweiten Platz, Dritter wurde der Rumäne Mihai Chiruta. 

„Hinten raus musste ich ein bisschen mehr machen als geplant, aber sonst war das ein kontrolliertes Rennen. Und auch ein gutes und schnelles, was Hoffnung fürs Halbfinale macht“, sagte Zeidler, nachdem er über eine Stunde bei der Doping-Kontrolle verbracht hatte. Grundsätzlich wirkte er sehr mit sich im Reinen: „Meine Form ist sehr gut, die Regatta hier macht viel Spaß zu rudern, ich bin happy.“ Dass seine Schweizer Freundin Sofia Meakin vor Ort sein kann, bezeichnet er als Bonus: „Wir sind in der sehr glücklichen Situation, dass wir Beide als Athleten dabei sind. Sie ist eine wichtige Stütze für mich. Sie bringt mich zwischendurch auch ein bisschen runter bei all dem Wirbel, das ist gut.“

Im Halbfinale am Donnerstag (10 Uhr) trifft der Weltmeister nur auf einen Vorlaufsieger in Gestalt von Yauheni Zalaty (Neutrale Athleten). Olympiasieger Stefanos Ntouskos (Griechenland), der Kroate Damir Martin, der Dänen Sverri Nielsen und erneut der Rumäne Mihai Chiruta sind die weiteren Gegner. „Es gibt nun keine vermeintlich schwachen Gegner mehr, die Verteilung beider Halbfinals ist gerecht“, sagte Trainer Heino Zeidler. Seine Analyse der Gegnerschaft: „Wir wollen ins Finale, dazu müssen wir Drei hinter uns lassen. Dänemark, Kroatien Rumänien haben uns lange nicht geschlagen das soll auch so bleiben. Den Weißrussen und den Griechen haben wir dieses Jahr auch immer hinter uns gelassen. Olli ist aus den genannten Gründen Favorit, es muss aber erst nach Hause gefahren werden. Wir stellen uns auf ein sehr hartes Rennen ein. Mal schauen, wie die Bedingungen werden, bei Schiebewind wird es sicher schneller als heute.“

Doppelzweier im Pech: Weber verletzt sich vor dem Start

Das hohe Niveau auf breiter Front im Männer-Doppelzweier sorgt für enge Entscheidungen. Das wussten Jonas Gelsen und Marc Weber längst, in ihrem olympischen Halbfinale erlebten sie es schmerzlich am eigenen Leib. Das deutsche Boot legte, ganz im Gegensatz zu Vor- und Hoffnungslauf, einen Bilderbuchstart hin. Bei 500 Metern lagen die Beiden knapp in Führung, bei 1000 Metern ebenso. Und das, obwohl sie im direkten Vorfeld des Rennens großes Pech gehabt hatten. „Marc hat sich beim Warmfahren eine Blockade im Rücken zugezogen. Er konnte kaum atmen und lag bis kurz vor dem Start herum, deshalb haben die Beiden auch eine Verwarnung bekommen. Trotz der Schmerzen von Marc sind beide couragiert gefahren“, sagte Trainer Ralf Hollmann.

Die Frage, ob Gelsen und Weber ihr Tempo durchhalten würde, stellte sich den Betrachtern des Rennens. Mit einem angeschlagenen Weber war es, im Nachhinein betrachtet, wohl nicht möglich. „Bis 1200 Meter war es sicherlich ein Superrennen. Auf ihrem starken Stück sind sie leider auseinandergefallen, kamen dann aber nicht mehr zusammen und konnten sich der Angriffe nicht mehr erwehren“, sagte der Trainer. Bei 1300 Metern ging Irland vorbei, dann die USA, und auf dem letzten Teilstück dann auch Neuseeland. Das DRV-Boot konnte nicht mehr kontern, wurde Vierter und ist bei der Vergabe der Medaillen nicht dabei. 

„Wir dachten, dass, wenn wir eine Chance haben wollen, wir am Start schneller sein müssen und das haben wir gemacht. Leider hat es am Ende nicht gereicht, wahrscheinlich ging es körperlich einfach nicht mehr“, sagte Jonas Gelsen. Natürlich war er enttäuscht: „Wir hatten uns definitiv mehr vorgenommen. Wir waren ja auch schon mal vor den Neuseeländern, die jetzt hier Dritter waren. Aber ich denke, wir haben uns hier Rennen für Rennen weiterentwickelt. Und wir hoffen, dass wir‘s im B-Finale noch ein bisschen besser hinkriegen.“

Für Trainer Ralf Hollmann zeigt „der Zeitvergleich mit dem anderen Halbfinale, dass Jonas und Marc in der Weltspitze angekommen sind. Was noch fehlt, ist die letzte Konsequenz. Sie haben alles versucht und allen Respekt verdient. Ich hoffe, dass wir den Spannungsbogen fürs B-Finale noch aufbauen können.“ 

Und das bringt der „Super Wednesday“

Am fünften Tag der olympischen Ruderwettbewerbe werden die ersten Medaillen vergeben. Aus deutscher Sicht ist es ein „Super Wednesday“, denn die beiden Doppelvierer der Männer (12:26 Uhr) und der Frauen (12:38 Uhr) sind beim Kampf um Gold, Silber und Bronze dabei.

Für den deutschen Männer-Doppelvierer ist das Erreichen des Finales schon mal ein Erfolg. Trotz der schwierigen Vorbereitung mit dem langwierigen Ausfall von Schlagmann Moritz Wolff hat diese Bootsbesetzung, die bei der letzten WM Sechster wurde, ihre Qualität bewiesen und das Vertrauen von Trainer Dirk Brockmann mit zwei guten Olympia-Auftritten schon gerechtfertigt. „Wir sind Underdogs im Finale, wir können befreit aufrudern“, sagte Max Appel am Montag nach dem Sieg im Hoffnungslauf. Aber er erinnerte auch an das Kunststück, das schon einmal ein deutscher Männer-Doppelvierer vollbracht hatte: „In Rio 2016 haben sie auch den Hoffnungslauf gewonnen und dann das Finale!“ Moritz Wolff, der im Finale erst das vierte Rennen dieser Saison bestreiten kann, fragte: „Warum sollen wir am Mittwoch nicht das Rennen unseres Lebens fahren?“

Das DRV-Quartett hat die Außenbahn 6. Daneben sind die Favoriten aufgereiht. Gold-Anwärter sind die Niederlande, der amtierende Weltmeister und Luzern-Sieger dieses Jahres. Für die weiteren Medaillen sind Polen, Italien und Großbritannien die ersten Kandidaten. Sechstes Boot im Finale ist die Schweiz. „Ich hoffe“, sagte Trainer Brockmann am Montag, „dass wir den Kopf frei genug haben, um uns fürs Finale noch einige Dinge vorzunehmen. Wir können befreit reingehen, ich hoffe, dass uns das am Start noch mal beflügelt und wir ein geiles A-Finale hinlegen können.“ 

Frauen-Doppelvierer freut sich auf Finale

Hoffnung auf eine Medaille gibt es für den Frauen-Doppelvierer, wenn Schlagfrau Pia Greiten & Co. ihre physische Stärke auf den Punkt ins Spiel bringen können und mental stabil bleiben.  „Uns geht es gut und wir freuen uns auf das Finale morgen. Wir konnten im Dorf gut abschalten und an der Strecke konzentriert trainieren. Wir fühlen uns bereit für die morgige Aufgabe“, sagt Tabea Schendekehl stellvertretend für das ganze Boot.

„Bei uns ist alles in Ordnung, wir trainieren nach Plan. Wichtig sind Fokus und Konzentration, alles andere haben wir im Training gemacht“, sagt Trainer Marcin Witkowski. Über die Gegner mag er nicht sprechen, sagt nur so viel: „Am Anfang sind alle Bugbälle in einer Reihe.“ Favorit auf Gold ist sicherlich Großbritannien, der amtierende Welt- und Europameister und Luzern-Sieger dieses Jahres. Erster Anwärter auf Silber ist der Doppelvierer der Niederlande, der letztjährige WM- und diesjährige Luzern-Zweite. Offener erscheint das Rennen um Bronze. Der Luzern-Dritte China, das deutsche Boot mit dem dritten EM-Platz und dem Poznan-Sieg, der EM-Zweite Ukraine und auch die Schweiz, der WM-Vierte des Vorjahres, glauben alle an ihre Chance.

Männer-Zweier ohne sieht seine Chance 

Vor den beiden Finals mit deutscher Beteiligung wird es schon spannend, wenn der Männer-Zweier ohne Steuermann sein Halbfinale bestreitet (10:44 Uhr). Julius Christ und Sönke Kruse werden versuchen, ein genauso offensives Rennen zu fahren wie im Vorlauf, den sie als Dritter abschlossen. Favorit in ihrem Semifinale sind Wynne-Griffith/George, die WM-Zweiten und Europameister aus Großbritannien. Der EM-Zweite Rumänien, Neuseeland, Irland und Italien sind die weiteren Gegner der Deutschen, die sich durchaus eine Chance ausrechnen, unter die ersten Drei und damit ins A-Finale zu fahren. „Das ist unsere Zielstellung und die verfolgen wir mit vollster Überzeugung“, sagte Trainer Alexander Weihe.

Events

Boote

Vorlauf 5 6:54.72 1 . Platz
Viertelfinale 2 6:45.32 1 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:35.77 1 . Platz
Finale A 6:37.57 1 . Platz

Vorlauf 5 7:36.35 1 . Platz
Viertelfinale 2 7:30.98 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:24.63 4 . Platz
Finale B 7:23.53 1 . Platz

Vorlauf 3 6:25.15 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:34.59 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:17.69 4 . Platz
Finale B 6:17.07 3 . Platz

Vorlauf 1 5:46.90 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 5:52.39 1 . Platz
Finale A 5:50.62 5 . Platz

Vorlauf 2 6:15.28 2 . Platz
Finale A 6:19.70 3 . Platz

Vorlauf 3 6:38.86 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:47.13 6 . Platz
Finale B 6:28.61 5 . Platz

Vorlauf 1 5:41.63 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 5:29.17 2 . Platz
Finale A 5:29.80 4 . Platz

Galerien