Starker Frauen-Doppelvierer jubelt über Olympia-Bronze
Die Freude ist groß im deutschen Ruder-Lager. Maren Völz, Tabea Schendekehl, Leonie Menzel und Pia Greiten (RC Potsdam, RC Hansa Dortmund, RC Germania Düsseldorf, Osnabrücker RV) haben ihren Traum tatsächlich wahrgemacht und dem DRV mit Bronze im Finale des Frauen-Doppelvierers das erste Edelmetall bei den Olympischen Spielen von Paris beschert. Gleichzeitig war es nach kurzer Medaillen-Pause die dritte Plakette insgesamt für den Deutschen Olympischen Sportbund. Am Mittwoch waren zwei weitere deutsche Boote im Einsatz. Der Männer-Doppelvierer konnte mit dem fünften Platz im A-Finale zufrieden sein. Das A-Finale verpasst hat der Männer-Zweier ohne, der im Halbfinale nicht über den sechsten und letzten Platz hinauskam.
DOSB-Präsident Thomas Weikert hatte die richtige Nase, als er in Gesellschaft von DRV-Präsident Moritz Petri zu den ersten Ruder-Finals in Vaires-sur-Marne gekommen war. „Ich bin hier, weil ich alle Sportarten besuche, und man dann schon schaut, wo ist was drin für uns. Das ist heute gelungen“, sagte Weikert. Die Medaille kam für den DOSB-Chef jedoch überraschend: „Während des Rennens habe ich nicht mehr damit gerechnet. Dann ist die Ukraine fast stehengeblieben und wir haben das genutzt. Es war verdient für die Mädels und ich freue mich sehr, dass das so passiert ist.“
Finale der furiosen Wendungen
Das Finale der Frauen-Doppelvierer war ein Finale der furiosen Wendungen. Die erste war der Einbruch der Ukraine, die völlig überraschend bis zur 1500-Meter-Marke um die Medaillen mitfuhr, dann aber kräftemäßig zusammenbrach und am Ende nur Fünfter wurde. Das bescherte dem gut fahrenden, aber nach 500 und 1000 Metern auf dem letzten Platz liegenden deutschen Boot, die Chance, noch nach vorne durchzustoßen. Die Order von Trainer Marcin Witkowski, sich in erster Linie auf das Duell mit der auf der Nebenbahn fahrenden Schweiz zu fokussieren, erwies sich als äußerst zielführend. Die Deutschen zogen durch und verwiesen die gleichfalls zäh fightenden Schweizerinnen mit nur 42/100 Sekunden auf Rang vier. Mit 6:19,70 Minuten fuhren Greiten, Menzel, Schendekehl und Völz eine Zeit, die selbst für den immer kritischen Witkowski an diesem Tag nahe am Limit lag.
Die andere furiose Wendung spielte sich beim Kampf um Gold und Silber ab. Die Niederlande schienen klar auf Siegeskurs zu liegen, wurde von Top-Favorit Großbritannien aber mit dem letzten Schlag noch abgefangen und einmal mehr geschlagen. Der Wimpernschlag von 15/100 Sekunden entschied für die Britinnen, die ihr Glück kaum fassen konnten.
Prinzessin Anne überreicht die Medaillen
Die gleichfalls überglücklichen deutschen Bronze-Gewinnerinnen erhielten ihre Medaillen aus der Hand von Prinzessin Anne von England, der Schwester des Königs. Das sagten sie bei den Journalisten in der Mixed-Zone, bevor es ab ging in die Fernsehstudios von ARD, ZDF und Eurosport und danach ins Deutsche Haus.
Pia Greiten zum erfolgreichen Endspurt: „Wir haben einfach nur gezogen, wir waren ja noch hinten dran. Von Maren (Völz) kam früh die Ansage, dass wir alles reinlegen müssen, und das haben wir gemacht. Wir hatten mehr Reserven als die Ukraine, die hatten es eben von vorne probiert. Wir hatten uns vorgenommen, auf jeden Fall ein Rennen gegen die Schweiz gefahren, und das war auch gut so, weil wir sie auf Platz vier halten konnten.“
Tabea Schendekehl, die nach ihrer Rippenfraktur ins Boot zurückgekehrt war: "Ich wusste nicht, wo wir liegen, das ist auch nicht mein Job. Wir haben an uns geglaubt, und das war das Wichtigste. Was mir durch den Kopf gegangen ist, als es Bronze war? Dass es sich gelohnt hat, was man alles reingesteckt hat in das Rudern, und dass man die harten Zeiten durchgestanden hat.“
Maren Völz: „Es war schon ein ungewöhnlicher Rennverlauf, weil wir nach 500 und 1000 Metern Letzter waren. Wir hatten uns vorgenommen, dass wir 1000 Metern schauen, was wir machen. Nach 1200 Metern haben wir angezogen und gesehen, die Ukraine kann nicht mehr. Und später haben wir noch was draufgesetzt.“
Cheftrainerin lobt die enorme Entwicklung
Und das sagte Cheftrainerin Brigitte Bielig zum Erfolg des W4x:
„Physiologisch ist dieses Boot noch stärker als unser Doppelvierer von Tokio 2020, der Silber so unglücklich verpasst hat. Es gab manches Problem in den letzten drei Jahren, aber die Mannschaft und auch Trainer Marcin Witkowski haben eine enorme Entwicklung genommen. Die Fokussierung auf das große Ziel war in dieser Saison sehr stark. Ich freue mich sehr mit ihnen über die Bronzemedaille, aber ich fühle auch mit den Ersatzruderinnen Frauke Hundeling und Lisa Gutfleisch, die ihren Teil beigetragen haben und auch gerne auf dem Siegespodest gestanden wären. Für uns als DRV kommt diese Medaille zum richtigen Zeitpunkt, sie bestätigt unsere sportliche Arbeit. Wir freuen uns aber auch, dass wir die Bilanz des DOSB mit dem dritten Edelmetall bei diesen Spielen aufbessern dürfen.“
Schon die vierte Olympia-Medaille für Witkowski
Für W4x-Trainer Marcin Witkowski ist es, was wenige wissen, bei seinen fünften Olympischen Spielen bereits die vierte Medaille. Für seine Heimat Polen holte er 2012 in London Silber mit dem Frauen-Doppelzweier. 2016 in Rio kamen Gold mit dem Frauen-Doppelzweier und Bronze mit dem Frauen-Doppelvierer dazu. Danach wechselte er zum DRV. Nach dem Scheitern des auf Silberkurs fahrenden Doppelvierers 2021 in Tokio brachte er nun drei Jahre später das Nachfolgeboot aufs Treppchen. „Für mich ist das eine sehr wichtige Medaille“, sagt Witkowski. Er gilt als harter Trainer, sagt aber: „Mein Rudern ist methodisch sehr effektiv.“ Was erneut bewiesen wurde.
Männer-Doppelvierer mit Rang fünf zufrieden
Direkt vor den Frauen bestritt der Doppelvierer der Männer sein A-Finale. Um die Medaillen konnten Anton Finger, Max Appel, Tim Ole Naske und Moritz Wolff (Berliner RC, SC Magdeburg, RG Hansa Hamburg und Berliner RC) nicht mitfahren, doch der fünfte Platz nach einer kämpferisch erneut tadellosen Leistung und mit der Turnier-Bestzeit von 5:46,90 Minuten machte alle Beteiligten zufrieden. Weltmeister Niederlande krönte sich überlegen auch zum Olympiasieger, der WM-Zweite Italien holte nun auch Silber, und Bronze für Polen war ebenfalls keine Überraschung. Großbritannien ging als Vierter damit leer aus. Sechster wurde die Schweiz.
„Es war ein gutes Rennen von uns“, sagte Trainer Dirk Brockmann. „Die Gegner vorne waren einfach zu stark, deshalb war es nicht möglich, auf den zweiten 500 Metern den Kontakt halten. Die Jungs haben aber versucht, ihre beste Zeit hier zu fahren. Das ist gelungen, deshalb waren wir vor der Schweiz. Platz fünf, das hätten uns vor wenigen Wochen nicht viele zugetraut, auch deshalb sind wir stolz darauf.“
Moritz Wolff will 2028 wieder zu Olympia
Und das sagen die Vierer-Ruderer selbst:
Tim Ole Naske: „Der Medaillentraum ist nicht in Erfüllung gegangen, aber wir haben nach einer sehr durchwachsenen Saison in Paris einen richtig geilen Abschluss hingelegt. Wir können stolz auf uns sein, im Finale noch einmal so gekämpft zu haben. Die Weltspitze ist immer noch etwas entfernt, um da hinzukommen, hätten wir eine problemlose Vorbereitung gebraucht.“
Moritz Wolff: „Das ist mit das beste Ende der Saison, was ich nach meinem langen Ausfall haben konnte. Wir haben geliebäugelt mit der Medaille, aber man kann nicht enttäuscht sein. Mit dem fünften Platz haben wir das Beste rausgeholt, was wir realistisch machen konnten. Wir haben die Schweizer, die im WM-Finale letztes Jahr noch vor uns waren, deutlich abgehängt. Olympia ist einmalig. Ich weiß schon jetzt, dass ich 2028 wieder am Start sein möchte.“
Anton Finger: „Ich bin begeistert von der Stimmung im olympischen Dorf und auf der Regattastrecke. Mit so vielen Zuschauern ist das Rudern sonst nicht verwöhnt, es kommt regelrecht Elektrizität durch die Luft. Die letzten Jahre im Doppelvierer waren für mich persönlich sehr aufreibend, ich bin absolut zufrieden und stolz, dass wir das so durchgezogen haben.“
Kruse/Christ verpassen A-Finale deutlich
Sönke Kruse und Julius Christ (RV Münster, RTHC Bayer Leverkusen) konnten sich ihn nicht erfüllen, den Traum vom A-Finale im Männer-Zweier ohne Steuermann. Im zweiten Semifinale legten die Beiden wieder einen tollen Start hin und waren die Schnellsten, die herauskamen. Sie hatten anders als beim dritten Platz im Vorlauf ihr Pulver aber schon nach 200 Metern weitgehend verschossen. Bei der 500-Meter-Marke waren sie als Fünfter noch relativ nah an den vier Booten vor ihnen dran, mussten aber auf der zweiten Teilstrecke abreißen lassen. Der Rückstand wurde immer größer, ebenso wie Italien hatten sie keine Chance mehr, vorne noch einmal einzugreifen und mussten die Stärke der hochkarätigen Konkurrenz anerkennen. Italien sicherte sich im Endspurt noch Rang fünf, für die als Überraschungssieger der Nachqualifikation zu den Spielen vorgestoßenen Kruse/Christ blieb Rang sechs. Der EM-Zweite Rumänien gewann das Rennen vor Weltmeister Großbritannien und Irland, das die Attacke von Neuseeland parierte.
„Wir haben unsere Kraft heute nicht aufs Wasser gebracht, wir sind nicht richtig vorwärtsgefahren, wir haben fast ein bisschen gegeneinander gearbeitet. Das Boot ist nicht so exakt durchgelaufen, wie wir das eigentlich können. Ob das jetzt die Nerven waren, das weiß ich nicht“, sagte Sönke Kruse.
Sympathie-Punkte haben die Beiden mit ihrer erfrischenden und freudigen Herangehensweise schon trotzdem viele gesammelt. Zum guten sportlichen Abschluss der olympischen Regatta soll für Kruse/Christ nun das B-Finale am Freitag (10.42 Uhr) werden, in dem Neuseeland, Südafrika, Italien, Litauen und die USA die Gegner sein werden.
Und das bringt der Donnerstag
Vier deutsche Boote sind am fünften Wettkampftag der Olympischen Spiele binnen einer Stunde im Einsatz. In den Einer-Wettbewerben stehen die Halbfinals an. Alex Föster (9:40 Uhr) möchte sich ebenso für das A-Finale qualifizieren wie 20 Minuten später Oliver Zeidler (10 Uhr). Für den Männer-Achter geht es im Hoffnungslauf ebenfalls um einen Platz im A-Finale (10:20 Uhr). Jonas Gelsen und Marc Weber möchten sich im B-Finale des Doppelzweiers mit einem guten Ergebnis verabschieden (10:42 Uhr).
Sein schnelles Rennen im Viertelfinale macht Oliver Zeidler optimistisch, dass die Form stimmt, um auch im Halbfinale zu bestehen. Er trifft dort auf den erstarkten Weißrussen Yauheni Zalaty (Neutrale Athleten), Tokio-Olympiasieger Stefanos Ntouskos (Griechenland), Damir Martin (Kroatien), Sverri Nielsen (Dänemark) und Mihai Chiruta (Rumänien). „Es gibt nun keine vermeintlich schwachen Gegner mehr“, sagte Trainer Heino Zeidler. „Olli ist Favorit, es muss aber erst nach Hause gefahren werden. Wir stellen uns auf ein sehr hartes Rennen ein.“ Die ersten drei Plätze bringen den Einzug ins A-Finale am Samstag.
Alex Föster trifft im zweiten Halbfinale der Frauen mit Emma Twigg (Neuseeland) auf die Olympiasiegerin von Tokio und eine der Topfavoritinnen. „Unschlagbar ist Emma nicht, ich war schon beim Vorlauf in Luzern nahe an ihr dran“, macht sich Föster Mut. Weitere Gegnerinnen sind Viktorija Senkute (Litauen), Klara Kohler (USA), Tatsiana Klimovich (Neutrale Athleten) und Magdalena Lobnig (Österreich), die in Tokio Bronze geholt hatte, aber immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde. „Das Halbfinale wird nicht leicht. Wir werden fünf starke Gegnerinnen haben, die alle über viel Erfahrung verfügen. Da werden wir über die richtige Renntaktik versuchen, ins Finale zu kommen“, sagte Fösters Trainer Sebastian Kleinsorgen. Platz drei muss es dafür mindestens sein.
Männer-Achter muss sich für Finaleinzug steigern
Für den Deutschland-Achter gilt es im Hoffnungslauf am Donnerstag. Die Niederlande, Rumänien, Australien und Italien sind die Gegner. Vier der fünf Boote qualifizieren sich für das olympische Finale am Samstag. Eine nur vermeintlich komfortable Situation, die keiner auf die leichte Schulter nehmen darf. „Sie wissen, worum es geht. Sie wissen aber auch, was sie besser machen müssen. Sie müssen den Start deutlich besser erwischen und als Mannschaft deutlich besser und geschlossener performen. Das heißt: Hart und willensstark über die Mitte fahren“, nennt Trainerin Sabine Tschäge ihren Anforderungskatalog nach dem Vorlauf. Gleichzeitig gibt sie sich aber „sehr zuversichtlich, dass es klappt und wir das Finale erreichen. Der Vorlauf war alles andere als ideal. Wir kennen die jetzige Situation, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, von der WM im letzten Jahr in Belgrad. Da hat es mit der Olympia-Quali geklappt.“
Im B-Finale versucht der Männer-Doppelzweier, die Olympischen Spielen mit einem positiven Ergebnis zu beenden. Die Gegner von Jonas Gelsen und Marc Weber (RC Nassovia Höchst, RuS Steinmühle Marburg) sind Serbien, China, Frankreich, Kroatien und Norwegen. Wichtig wird sein, ob die muskulären Verspannungen im Rücken von Weber, die ihn im Halbfinale behindert hatten, durch die intensive Behandlung einigermaßen abgeklungen sein werden.
Events
Boote
Vorlauf 5 | 6:54.72 | 1 . Platz | |
Viertelfinale 2 | 6:45.32 | 1 . Platz | |
Halbfinale A/B 2 | 6:35.77 | 1 . Platz | |
Finale A | 6:37.57 | 1 . Platz |
Vorlauf 5 | 7:36.35 | 1 . Platz | |
Viertelfinale 2 | 7:30.98 | 2 . Platz | |
Halbfinale A/B 2 | 7:24.63 | 4 . Platz | |
Finale B | 7:23.53 | 1 . Platz |
Vorlauf 3 | 6:25.15 | 4 . Platz | |
Hoffnungslauf 1 | 6:34.59 | 2 . Platz | |
Halbfinale A/B 2 | 6:17.69 | 4 . Platz | |
Finale B | 6:17.07 | 3 . Platz |
Vorlauf 1 | 5:46.90 | 3 . Platz | |
Hoffnungslauf 1 | 5:52.39 | 1 . Platz | |
Finale A | 5:50.62 | 5 . Platz |
Vorlauf 2 | 6:15.28 | 2 . Platz | |
Finale A | 6:19.70 | 3 . Platz |
Vorlauf 3 | 6:38.86 | 3 . Platz | |
Halbfinale A/B 2 | 6:47.13 | 6 . Platz | |
Finale B | 6:28.61 | 5 . Platz |
Vorlauf 1 | 5:41.63 | 3 . Platz | |
Hoffnungslauf 1 | 5:29.17 | 2 . Platz | |
Finale A | 5:29.80 | 4 . Platz |