03. Aug. 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

Zeidler krönt sich mit Gold, Achter wird guter Vierter

Gold-Junge: Oliver Zeidler gewann den Männer-Einer und ließ der Konkurrenz in Paris keine Chance. Foto: Julia Kowacic
Dankbar für die "Olli"-Sprechchöre der deutschen Fans: Oliver Zeidler blieb nach seinem Olympia-Sieg gerne länger auf dem Wasser. Foto: Julia Kowacic
Mehr war nicht drin: Platz vier im Finale für den gut fahrenden Männer-Achter. Foto: Julia Kowacic
Souveräner Sieg im B-Finale des Frauen-Einers: Alex Föster gestaltete ihr letztes Olympia-Rennen sehr positiv. Foto: Julia Kowacic
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Der beste Einer-Fahrer seiner Zeit ist nun auch Olympiasieger. Oliver Zeidler gewann das Finale in Vaires-sur-Marne in überlegener Art und Weise und wurde von den vielen deutschen Ruder-Fans auf den Tribünen mit Sprechchören gefeiert. Zuvor hatte der Männer-Achter mit dem vierten Platz im A-Finale ein gutes Ergebnis erzielt, auch wenn er in den Kampf um die Medaillen nicht eingreifen konnte. Alex Föster verschaffte sich mit dem Sieg im B-Finale des Frauen-Einers einen schönen Abschluss der Spiele. Der Deutsche Ruderverband hat mit zwei Medaillen – neben Gold für Zeidler holte der Frauen-Doppelvierer Bronze - und vier Endlauf-Teilnahmen bei den Spielen sein zuvor formuliertes Ziel erreicht. In der Nationenwertung belegte Deutschland Rang fünf.

Zeidler erfüllt den Wunsch von Lange

Als Dr. Thomas Lange beim Trainingslager in Ratzeburg den deutschen Olympioniken die Rennbekleidung überreichte, hatte er seine Hoffnung ausgesprochen, endlich einen Nachfolger zu finden. Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania) hat ihm diesen Wunsch am Samstag erfüllt. Er ist 32 Jahre nach Lange der erste deutsche Olympiasieger im Männer-Einer. Im Finale zeigte Zeidler all seine Qualitäten. Er ging nicht als Schnellster an, lag aber nach 200 Metern in Führung und gab sie nicht mehr ab. „Das heute war die Vollendung. Olli hat auf jeder Teilstrecke seinen Vorsprung ausgebaut, und dass ihn auf den letzten 500 Metern keiner mehr holt, das haben wir trainiert“, sagte Heino Zeidler, sein Vater und Trainer seit Olivers ersten Ruderschlägen vor knapp acht Jahren.

„Nach 1000 Metern habe ich schon gemerkt, dass Simon (van Dorp) sehr, sehr viel versucht, aber einfach nicht rankommt. Dabei war ich zwischendurch laut meinem Computer zwei Sekunden zu langsam. Da wusste ich, es wird heute mein Tag“, sagte Oliver Zeidler selbst. Auf den letzten 500 Metern vergrößerte er seinen Vorsprung noch einmal immens und kam in 6:37,57 Sekunden, begleitet von „Olli“-Sprechchören der vielen deutschen Zuschauer, ins Ziel. Satte 5,39 Sekunden danach holte der Weißrusse Yauheni Zalaty (Neutrale Athleten) überraschend Silber, der Niederländer Simon van Dorp (7,15 Sekunden hinter Zeidler) musste sich mit Bronze begnügen. Unerwartet Vierter wurde Tim Brys (Belgien), vor Thomas Mackintosh (Neuseeland) und Tokio-Sieger Stefanos Ntouskos (Griechenland).

Zalatys Leistung machte besonders wertvoll, dass er den Stress um den Ausfall seines Busses auf dem Weg vom Olympischen Dorf zur Ruderanlage wegstecken konnte. Wegen des Vorfalls war das Einer-Finale um eine Stunde verlegt worden. Auch für Oliver Zeidler stellte die plötzliche Verzögerung kein Problem dar: „Ich habe es geschafft, cool zu bleiben. Wir haben die Vorbereitungsroutine einfach noch mal neu begonnen.“ 

Nach dem Halbfinal-Aus bei den Olympischen Spielen in Tokio und drei Weltmeister-Titeln sieht sich Zeidler mit der Gold-Medaille um den Hals nun vorerst am Ziel: „Olympiasieger ist man für die Ewigkeit, sagt man immer.“  Er sei sich „nicht sicher, ob das Halbfinale oder das Finale das beste Rennen meines Lebens war. Es waren auf jeden Fall zwei Superrennen und ich bin stolz, dass ich den Zuschauern eine gute Show geboten habe.“ Das Ende seiner Ruder-Karriere sieht der 28-Jährige, der nach seinem Sieg manche Freudenträne vergoss, keineswegs schon gekommen. „Ich habe Lust auf mehr“, sagte er. „Noch einmal Olympia-Gold wäre eine Sache, sich endgültig in die Geschichtsbücher einzutragen.“ 

Männer-Achter zeigt ein solides Finale 

Natürlich hätte es nach dem Geschmack der Beteiligten eine Medaille werden sollen, aber nach all den Schwierigkeiten seit Tokio zeigte der Deutschland-Achter im olympischen Finale eine solide Leistung, die der großen Historie dieses Boots durchaus würdig war. Platz vier war nach dem positiven Auftritt im Hoffnungslauf das, worauf man realistisch hoffen konnte. Der Deutschland-Achter startete schnell, die Favoriten Großbritannien, Niederlande und USA lagen aber schon einen Tick vorne. Bis zur 1000-Meter-Marke hielt das deutsche Boot mit, musste dann aber abreißen lassen.

Im Ziel verteidigten Benedict Eggeling, Mattes Schönherr, Olaf Roggensack, Laurits Follert, Max John, Frederik Breuer, Wolf Niclas Schröder, Torben Johannesen und Steuermann Jonas Wiesen (RC Favorite Hammonia, RC Potsdam, RC Tegel, Crefelder RC, Olympischer RC Rostock, Bonner RG, RU Arkona Berlin, RC Favorite Hammonia und RG Treis-Karden) den vierten Rang gegen den Endspurt von Rumänien, Australien wurde Sechster. Top-Favorit Großbritannien spielte auf der zweiten Rennhälfte seine Stärke aus und gewann Gold. Silber ging an die Niederlande, die ein lebhafteres Finale fuhren als die USA, die sich nach ihrem Vorlaufsieg wohl mehr erhofft hatten als Bronze.

„Sie haben alles probiert und gekämpft. Letztlich hat es zu nicht mehr als dem vierten Platz gereicht. Das Ergebnis geht in Ordnung“, sagte Bundestrainerin Sabine Tschäge. „Ich finde, wir müssen uns nichts vorwerfen. Wir sind offensiv rausgegangen und waren mit im Rennen. Am Ende waren die Gegner einfach schneller, es war ein olympisches Finale. Heute war einfach nicht mehr drin“, sagte Frederik Breuer.

Mattes Schönherr, zurück im Boot nach seinem Ausfall im Hoffnungslauf, aber statt auf Schlag auf Platz 2, tat sich etwas schwerer mit der Bewertung: „Ich habe mich wieder hundertprozentig fit gefühlt, sonst wäre ich auch nicht an den Start gegangen. Ich nehme die Aufgabe immer an, egal wo ich sitze. Der erste Platz hinter der Medaille, das tut erst mal weh.“ Für Steuermann Jonas Wiesen bestand kein Anlass zur Zufriedenheit: „Erst einmal sind wir enttäuscht. Wir gehen nicht ins Rennen, um Vierter zu werden. Unser Ziel war, zu attackieren und hier mit einem Podiumsplatz rauszugehen. Wir haben versucht, offensiv rauszugehen, aber das haben die anderen auch gemacht. Deshalb hatten wir unseren Bugball nicht vorne. Über die Mitte konnten wir den drei führenden Booten nicht Paroli bieten, da haben wir nicht die Mittel dafür. Wir haben in diesem Zyklus nicht alles gut, aber auch nicht alles falsch gemacht, das werden wir in den nächsten Wochen analysieren.“ 

Föster gewinnt B-Finale und will künftig mehr

Auf ihren großen Frust nach dem verpassten A-Finale hat Alex Föster (RC Meschede) bestmöglich reagiert. Sie gewann das B-Finale im Frauen-Einer souverän und kam damit in der Gesamtwertung auf den guten siebten Platz. Bis zur 1000-Meter-Marke führte die Österreicherin Magdalena Lobnig, die in Tokio Bronze gewonnen hatte, dicht gefolgt von Föster und der aus Rostock stammenden Schweizerin Aurelia Maxima Janzen. Kurz danach schob sich Föster in Führung und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. Ihrem Endspurt auf dem letzten Teilstück konnte keine Konkurrentin mehr folgen. Hinter Föster, die bei leichtem Schiebewind in 7:23,53 Minuten gewann, holte sich Tatsiana Klimovich (Neutrale Athleten) mit 2:08 Sekunden Rückstand Rang zwei. Dritte wurde Janzen, die mit 20 Jahren Jüngste im Feld. Föster ist mit 22 Jahren wenig älter, sie hat ihre beste Zeit noch vor sich.

Die Rolle von Viktorija Senkute (Litauen) im A-Finale, die Tara Rigney (Australien) die Bronzemedaille wegschnappte, hätte sich Föster wohl auch zugetraut. Gold holte wie erwartet die im Einer weiter ungeschlagene Karolien Florjin (Niederlande). Sie musste trotz ihres Start-Ziel-Sieges allerdings an ihre Grenzen gehen, um die Tokio-Siegerin Emma Twigg (Neuseeland) auf den Silber-Rang zu verweisen.

„Es ist ein sehr gutes Gefühl, hier mit einem Sieg rausgehen zu können. Ich bin ein gutes Rennen gefahren mit einer schnellen Zeit, habe gut dagegengehalten. Es ist ein schöner Abschluss“, sagte Alex Föster. „Ich merke langsam schon, dass mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Die Atmosphäre ist toll, viel emotionaler als bei einer Weltmeisterschaft. Der erste Teil des Traums ist also geschafft, der zweite Teil wäre, in Los Angeles wieder dabei zu sein und dann auch etwas zu gewinnen.“

„Wir sind mit dem heutigen Rennen zufrieden, wie mit den anderen davor auch. Die Zeit war wieder super, Alex ist sehr gut und kontrolliert gefahren. Es bleibt noch eine Träne im Augenwinkel wegen des Halbfinales. Ich denke aber, dass der DRV trotzdem stolz sein kann auf seine Einer-Fahrerin“, sagte Trainer Sebastian Kleinsorgen.

 

Regatta wird in bester Erinnerung bleiben

Die Olympische Ruderregatta wird allen Beteiligten unabhängig vom jeweiligen Erfolg in bester Erinnerung blieben. Das Zuschauer-Interesse war riesig, am Schlusstag war die Anlage mit 25 000 Besuchern noch einmal ausverkauft. Entsprechend war die Stimmung so gut wie letztmals bei den Spielen 2012 in London. Die Bedingungen waren für die Sportler:innen zudem komplett fair, der gefürchtete Seitenwind blieb aus. „Wie sich die Ruderstrecke in dieser Woche präsentiert hat, haben wir sie in unseren beiden Trainingslagern nie erlebt“, wunderte sich Einer-Trainer Heino Zeidler über das fast immer glatte Wasser. Nun übernehmen die Rennkanuten das Stade Nautique.

Niederlande auf dem Olymp

Als stärkste Ruder-Nation der Welt zeigten sich bei den Olympischen Spielen die Niederlande. Die Medaillenwertung gewann Oranje mit vier Gold, zwei Silber-Medaillen und einmal Bronze. Zweiter wurde Großbritannien (3/2/3) vor Rumänien (2/3/0) und Neuseeland (1/2/1). Platz 5 belegte Deutschland (1/0/1).  

 

Events

Boote

Vorlauf 5 6:54.72 1 . Platz
Viertelfinale 2 6:45.32 1 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:35.77 1 . Platz
Finale A 6:37.57 1 . Platz

Vorlauf 5 7:36.35 1 . Platz
Viertelfinale 2 7:30.98 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:24.63 4 . Platz
Finale B 7:23.53 1 . Platz

Vorlauf 3 6:25.15 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:34.59 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:17.69 4 . Platz
Finale B 6:17.07 3 . Platz

Vorlauf 1 5:46.90 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 5:52.39 1 . Platz
Finale A 5:50.62 5 . Platz

Vorlauf 2 6:15.28 2 . Platz
Finale A 6:19.70 3 . Platz

Vorlauf 3 6:38.86 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:47.13 6 . Platz
Finale B 6:28.61 5 . Platz

Vorlauf 1 5:41.63 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 5:29.17 2 . Platz
Finale A 5:29.80 4 . Platz

Galerien