28. Apr. 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss und Tammo van Lessen

Acht Medaillen bei der EM: DRV im Aufwärtstrend

Stolz präsentiert er seine Goldmedaille: Oliver Zeidler der frischgebackene Europameister 2024. Foto: meinruderbild
Der neu gebildete PR2 Mixed Doppelzweier gewinnt Silber: Jasmina Bier und Paul Umbach. Foto: meinruderbild
4 Bilder

Vier Medaillen gingen am Schlusstag der Europameisterschaft im ungarischen Szeged an den Deutschen Ruderverband: Gold für Oliver Zeidler im Männer-Einer, Silber für Alex Föster im Frauen-Einer und auch für den Para-Mixed-Zweier PR2, Bronze für Jonas Gelsen und Marc Weber im Doppelzweier der Männer. In der Nationenwertung kam Deutschland mit einmal Gold, fünfmal Silber und zweimal Bronze auf den fünften Platz. Insgesamt also acht Medaillen für die eingesetzten 13 DRV-Boote - nur Großbritannien holte eine mehr. Nach mageren Jahren ist das ein Grund zur Freude, auch wenn die EM im Olympia-Jahr nicht bei allen Nationen ganz oben auf der Agenda stand. So kamen die Niederlande überwiegend mit jungen Athleten und Rumänien mischte seine Boote kräftig durch.

Vier Mal Edelmetall hatte das deutsche Aufgebot des Deutschen Ruderverbandes bereits am Samstag gesichert. Silber eroberte der wieder erstarkte Deutschland-Achter, der Frauen-Doppelvierer holte Bronze. Im Para-Bereich freuten sich Manuela Diening im Frauen Einer PR1 sowie Hermine Krumbein und Jan Helmich im Mixed-Doppelvierer PR3 jeweils über Silber.  

Sonderlob für den Para-Bereich

„Das ist ein Klasse-Gesamtergebnis im Para- und im olympischen Bereich. Das Para-Rudern hat eine beachtliche Entwicklung genommen und wenn wir daran denken, dass wir auch noch den PR3 Mixed-Vierer in der Hinterhand haben, dann sind die Aussichten für die Qualifikation und die Paralympics vielversprechend“, sagte Sportdirektor Mario Woldt. „Im olympischen Bereich verbuchen wir eine deutliche Steigerung in der Gesamtleistung, bei den Finalplätzen und den Medaillen. Das gibt ebenfalls Zuversicht, zunächst für die Nachqualifikation in Luzern. Der Trend ist positiv, das haben wir schon seit längerer Zeit erkannt. Über den Winter ist sehr gut gearbeitet worden. Und auch die anderen Nationen“, so Woldt, „erkennen an, dass die große Ruder-Nation Deutschland wieder im Kommen ist.“

„Das Ergebnis zeigt einen positiven Trend auf. Es liegt weiter Arbeit vor uns, der Fokus liegt jetzt auf der Olympia-Nachquali. Alle Sportler und Trainer sind motiviert, die anstehenden Aufgaben zu lösen und die Ergebnisse weiter zu verbessern. Dafür brauchen wir weiter die Ruhe und die konsequente Trainingsarbeit“, lautete das Fazit von Cheftrainerin Brigitte Bielig.

Auch DRV-Vizepräsident Lars Koltermann, der die beiden Finaltage in Szeged begleitete, hatte Spaß an der Nationalmannschaft. „Mit diesem Ergebnis haben wir nicht gerechnet, es hat unsere Erwartungen übertroffen. Es zeigt sich, dass wir in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg sind. Nun gilt es, auf diesen Ergebnissen im Hinblick auf Luzern weiter aufzubauen.“ 

Zeidler holt seinen dritten EM-Titel

Seinen dritten EM-Titel nach 2019 und 2021 holte sich Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania) im Männer-Einer. Nach dem engen Duell mit Stefanos Ntouskos im Halbfinale hielt der amtierende Weltmeister den Olympiasieger von Tokio im Finale mit großer Souveränität erneut in Schach, obwohl der Grieche Zeidler mit einem Blitzstart überraschte. Bei 1300 Metern legte Zeidler erstmals eine Länge zwischen sich und seinen Rivalen und brachte den Vorsprung dann auch sicher ins Ziel. Überraschend verdrängte der Litauer Giedrius Bieliauskas den Dänen Sverri Nielsen noch vom Bronzerang. „Das Rennen war sehr lange durch den Gegenwind und es war anders als die letzten Rennen, die ich bestritten habe. Ich musste erst aufholen und dann die Führung verteidigen. Der Grieche ist auf jeden Fall ein starker Gegner, das hat er auch heute bewiesen und ist sehr schnell losgefahren“, sagte Zeidler nach seinem Sieg, richtete den Blick aber schon wieder nach vorne. „Die EM ist in diesem Jahr eine Zwischenstation, ich bereite mich auf Paris vor und bis dahin muss ich auch noch ein paar Schritte machen. Eine olympische Medaille ist das Einzige, was in meiner Kollektion noch fehlt.“

Silberfahrt von Alex Föster

Im Frauen-Einer holte Alexandra Föster (RC Meschede) zum zweiten Mal eine EM-Medaille. Nach Bronze 2022 in München wurde es in Szeged Silber. Überraschend klar gewann die Serbin Jovana Arsic in Abwesenheit der Niederländerin Karolien Florjin den Titel. Dritte wurde die Tschechin Alice Prokesova. Föster erwischte eigentlich einen ordentlichen Start und war nach 500 Metern auf Rang drei, aber Arsic war auf der Bahn 1 neben ihr schon weit enteilt. Maximal lagen satte 45 Meter zwischen Arsic und Föster, die sich bei 550 Metern auf Rang zwei gesetzt hatte. Im Finale des Rennens kam die DRV-Skullerin war noch einmal heran, aber spannend in Sachen Gold wurde es nicht mehr.

„Ich freue mich natürlich sehr über Silber, aber ich ärgere mich, dass ich hinter der Serbin geblieben bin. Mit den schwierigen Bedingungen ist sie heute einfach besser klargekommen als ich“, sagte Föster. „Es war ein langes Rennen durch den Gegenwind, deswegen konnte ich am Ende nicht mehr so spurten, als wenn man eine Minute weniger in den Knochen hat.“ Ihrem Trainer Sebastian Kleinsorgen schmeckte das Rennen nicht: „So sollten wir uns nicht vorführen lassen. Wir haben also einiges zu tun.“   

Bier/Umbach verblüffen sich mit Silber selbst

Vier Boote am Start, zum dritten Mal Silber – der PR2 Mixed-Doppelzweier mit Jasmina Bier und Paul Umbach (RG Hansa Hamburg, RC Nürtingen) machte das Para-Glück im deutschen Nationalteam bei dieser EM perfekt. Zumindest vor Israel zu bleiben, hatte Chef- und Bootstrainer Marc Stallberg als Final-Devise für das neu gebildete Boot ausgegeben, für das Neuling Jasmina Bier erst am Dienstag in Szeged klassifiziert worden war. Bei der 1500-Meter-Marke lag der deutsche Doppelzweier noch auf Platz sechs, der Rückstand zu Platz drei war jedoch knapp. Auf der letzten Teilstrecke überschlugen sich die Ereignisse hinter dem klar vorausfahrenden Europameister Großbritannien. Während andere Boote dem Gegenwind Tribut zollen mussten und einbrachen, zogen Bier und Umbach selbst auf der schlechtesten Bahn ihre Marschroute durch und dekorierten sich zur eigenen Verblüffung mit EM-Silber. Dritter wurde die Ukraine. „Das war sehr überraschend wir sitzen erst seit Januar zusammen im Boot. Wir wollten nicht Letzter werden. Das es nun Silber wurde, ist unbeschreiblich“, sagte Paul Umbach.

„Ein tolles Rennen. Bei 1500 Meter hat die Mannschaft Blut geleckt und einen super Endspurt hingelegt. Das lässt uns mit sehr viel Motivation in das nächste Trainingslager gehen. Ab Mittwoch bereiten wir uns in Ratzeburg auf die olympische Nachquali vor“, sagte Cheftrainer Para Marc Stallberg. Die Chancen, auch den PR2 Mixed-Doppelzweier als letztes noch offenes Boot zu den Paralympics zu bringen, sind auf jeden Fall vorhanden.

Bronze für Weber/Gelsen

Der Aufschwung des Männer-Doppelzweiers führte bei der Europameisterschaft zu einer Medaille – der ersten seit acht Jahren für den DRV in dieser Bootsklasse. Nach Siegen im Vorlauf und im Halbfinale holten Jonas Gelsen und Marc Weber (RC Nassovia Höchst, RuS Steinmühle Marburg) im A-Finale Bronze. Dieses Mal glückte es den beiden Hessen nicht, nach einem verhaltenen Start im Verlauf des Rennens noch ganz nach vorne zu fahren. Rumänien hatte sich nach 500 Metern schon klar vom Feld abgesetzt und lieferte ein überzeugendes Rennen. Dahinter sah es im Boot-an-Boot-Duell mit Spanien lange nach Silber für Gelsen/Weber aus, doch mit einem starken Endspurt (bis zu 47 Schläge) verwiesen die Spanier das DRV-Boot noch auf Rang drei. „Wir sind gespalten. Eine Medaille für uns, das hätte vor einem Jahr noch keiner gedacht, auch wir selbst vielleicht nicht. Mit dem Rennen sind wir nicht zufrieden. Wir haben nicht so zusammengefunden wie sonst und sind nicht so gut gerudert“, sagte Marc Weber. „Ich war krank vor der EM, das hat mich selbst nicht so viel gekostet, aber wir konnten nicht so viel zusammen rudern, und das hat man technisch vielleicht gemerkt“, ergänzte Jonas Gelsen. „Natürlich sind wir mit einer Medaille sehr zufrieden in diesem Klassefeld, aber es ist sehr ärgerlich, wenn man Silber auf den letzten 50 Metern verliert. Insgesamt sind wir aber auf dem richtigen Weg“, sagte Trainer Ralf Hollmann.

Sarassa/Reif im A-Finale Sechster

Im Finale des Frauen-Zweiers war die starke Konkurrenz mit vier fixen Olympia-Startern für Lena Sarassa und Hannah Reif (Crefelder RC, Frankfurter RG Germania) eine Nummer zu groß. Wie schon beim Weltcup in Varese belegten sie den sechsten Platz. Bei schwierigen Bedingungen auf der Außenbahn hielt das deutsche Boot beim Start mit, fiel aber schon kurz vor der 500-Meter-Marke auf den letzten Platz zurück. Der Rückstand für Sarassa/Reif wuchs beständig an, obwohl beide kämpften. Über 20 Sekunden waren es am Ende schon auf den Fünftplatzierten Großbritannien. Europameister wurde Rumänien vor Griechenland und Kroatien, das bei der finalen Olympia-Qualifikation in Luzern nun zum Favoritenkreis zählen wird. Ob Sarassa/Reif dafür nominiert werden, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden.

Lerneinheit für den Frauen-Achter

Ein Rennen mehr, um bis zur finalen Olympia-Qualifikation zusammenzufinden – mehr Erwartungen gab es nicht an den Frauen-Achter im Finale. Weltmeister Rumänien gewann vor dem WM-Zweiten Großbritannien. Dritter wurde Varese-Sieger Italien. Das neu aufgebaute deutsche Boot mit Harriet Wappler-Niemeyer, Sophie Leupold, Tabea Kuhnert, Alissa Buhrmann, Lena Osterkamp, Annabelle Bachmann, Judith Guhse, Nora Peuser, Steuerfrau Annalena Fisch (Ulmer RC Donau, Pirnaer RV, SC Magdeburg, Lübecker RG, Deutscher RC, RV Ingelheim, Rendsburger RV, RU Arkona Berlin, RK am Wannsee) konnte da nicht viel ausrichten und fuhr als Viertplatzierter weit hinterher.  

Hinrichs/Kamann auf EM-Rang zwölf

Wie im Halbfinale des Männer-Zweiers ohne Steuermann am Vortag reichte es für Mark Hinrichs und Marc Kammann (Limburger ClfW und Hamburger UGRC) auch im B-Finale nur zu Rang sechs. „Für diese herausfordernden Bedingungen fehlen den Beiden die nötigen gemeinsamen Kilometer. Über die Regatta haben sie sich gut entwickelt, aber bei der Windlotterie an den beiden letzten Tagen ging leider nicht mehr“, sagte Bundestrainerin Sabine Tschäge. Die beiden Riemen-Reservisten schlossen die EM damit auf dem zwölften Platz ab. Das Endergebnis des B-Finales entsprach nahezu der Setzung der Bahnen: Spanien gewann vor Serbien und Litauen.

Events

Boote

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:25.18 4 . Platz
Finale A 7:03.53 4 . Platz

Vorlauf 2 7:21.36 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 7:47.51 2 . Platz
Finale A 8:25.94 6 . Platz

Vorlauf 2 6:24.62 2 . Platz
Hoffnungslauf 2 6:43.27 1 . Platz
Finale A 6:46.63 3 . Platz

Vorlauf 1 7:29.92 1 . Platz
Finale A 8:28.16 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:35.02 4 . Platz
Finale A 5:55.23 2 . Platz

Vorlauf 3 6:39.35 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:55.25 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:27.18 6 . Platz
Finale B 7:31.78 6 . Platz

Vorlauf 2 6:11.22 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 6:42.75 1 . Platz
Finale A 6:51.49 3 . Platz

Vorlauf 1 6:48.92 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 7:27.84 1 . Platz
Finale A 7:38.47 1 . Platz

Vorlauf 1 6:33.79 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:47.31 3 . Platz
Finale A 6:53.81 6 . Platz

Vorlauf 2 8:28.79 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 8:54.71 4 . Platz
Finale A 9:28.60 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 8:28.49 4 . Platz
Finale A 7:56.99 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 9:55.72 2 . Platz
Finale A 10:55.67 2 . Platz

Vorlauf 2 9:33.59 2 . Platz
Hoffnungslauf 1 10:16.35 4 . Platz
Finale A 10:32.61 6 . Platz

Galerien